betreffende Person dadurch den Zorn der Imi-shologu auf sich herabbeschwört.
Treten dann in der Folge Unglücksfalle ein, welche die Person seihst oder
ihre Umgehung heimsuchen, so schiebt der Vntonga sicherlich die Schuld
auf die begangenen Verstösse gegen die herkömmlichen Sitten und der Zorn
der Geister ist dann durch ein von dem Vntonga ihnen dargehrachtes Opfer
zu sühnen; ist die Schuld in den Augen der Menge eine grosse und das
hereingebrochene Unglück sehr allgemein, so ereignet es sich wohl, dass
die Yerbrecherin als Hexe zur Rechenschaft gezogen wird.
Es ist begreiflich, wie häufig der Vntonga hei dem complicirten System
von Aberglauben unter diesen Verhältnissen auch in das private Lehen der
Einzelnen eingreifen wird und welche Macht er in allen Kreisen der Bevölkerung
auszuüben vermag, als die Hauptperson hei Vollziehung der
mannigfachen Gebräuche, welche den Kaffer vom Tragetuch seiner Mutter
bis zum Schooss der Erde begleiten. Von der Wiege bis zur Bahre wäre
auf ihn nicht anwendbar, da weder das Eine noch das Andere vorkommt;
in früheren Zeiten war das Begraben nur ein Hinauswerfen in die Wildniss,
und das dafür gebrauchte Wort bezeichnet auch Wegwerfen. Es herrscht
unter diesen Stämmen eine besondere Furcht vor Leichen, deren Berührung
für unheilbringend und verunreinigend gehalten wird; daher geschah es und
geschieht noch heut, wenn auch seltener, dass der unglückliche Greis, welcher
sein elendes Dasein zu einem höheren Alter gebracht hatte, sobald es
schien, als betrachte der Tod ihn für eine sichere Beute, von den Leuten
ergriffen und hinaus geschleift wurde in die nächste Schlucht, um ihn dort
seinem Schicksal zu überlassen. Ebenso verfährt man mit Kranken, und
es ist nicht selten vorgekommen, dass der vermeintliche Todte trotz der
grausamen Behandlung wieder zu seiner Behausung zurückgekehrt ist.
Jetzt ist die Sitte durch europäischen Einfluss gemildert, doch immer
noch sucht man es zu vermeiden, Jemanden innerhalb der Hütte sterben
zu lassen, und trägt ihn, ehe der letzte Hauch entflohen ist, vor dieselbe,
damit er in freier Luft seinen Geist aufgiebt. Sowie dies statt gehabt hat,
fliehen die Frauen des Verstorbenen in die benachbarten Berge, sich dort
unter Felsen im Dickicht eine Zufluchtsstätte suchend, während im Orte
selbst von den Weibem eine laute, h e u l e n d e Wehklage erhoben wird, welche
für Stunden anhält. Unterdessen bereiten einige gute Freunde den Todten
für die letzte Ruhestätte, indem sie ihn in seine Decken aufrollen und mit
Riemen umschnüren. So wird er in halb liegender, halb kauernder Stellung
in die seichte Grabe gesenkt, und, war es ein Mann von Einfluss, so ruft
der Häuptling des Ortes ihm einige trauernde Worte nach.
Ein charakteristisches Beispiel dieser Gebräuche stellte das Begräbniss
eines Sohnes von Magoma dar; wie es durch einen Augenzeugen mir iU'erliefen.
worden ist. Als das Eintreten des Todes bekannt geworden war,
erfolgte in feierlicher Rathsversammlung die Anfrage: Wer den Häuptling
begraben wolle? Doch es meldete sich Niemand, obwohl die Klageweiber
rings umher standen und die Säumenden mit allen möglichen Schimpfworten
belegten, da der Betreffende als Wächter des Grabes an demselben seinen
dauernden Aufenthalt zu nehmen hat. Bei einem Häuptlingssohne sollte
die Wache für ein ganzes Jahr durchgeführt werden, und dieser einsame
Aufenthalt entsprach den Wünschen der Leute sehr wenig. Da sprang
erzürnt Hanta selber empor und rief, seinen Kaross abwerfend, dem Bruder
Sandili zu: »Wenn die Induna ihre Schuldigkeit versäumen, so wollen wir
selbst den Todten begraben!« worauf sich ihre_Anhänger beschämt sofort
um die Ehre stritten.
Der Todte wurde nun unter Beisein der ganzen Bevölkerung der Stadt
zugleich mit seinem Zaumzeug und Gegenständen des täglichen Gebrauchs
in das Grab gesenkt und Hanta, der Onkel des Verstorbenen, trat selbst
heran, ergriff eine Assegai, welche ihm gehört hatte, brach sie in drei
Stücke und dieselben auf die Leiche herabwerfend, sprach er mit feierlicher
Stimme: »Hanta spricht zu N. N .^ , Sohn von Magoma, deine Kriege
sind vorüber! Blicke gnädig auf uns. herab von dem Orte, wohin du gegangen
bist und verleih uns Segen!« Nachdem darauf die Umstehenden
herangetreten waren und unter Wiederholung des Spruches Zweige um das
Grab gepflanzt hatten, warf man es zu und rollte Steine auf dasselbe.
Ist der Vorsteher eines Ortes oder gar ein Häuptling gestorben, so
verlassen die Einwohner den Platz, nachdem der Wächter für das Grab
bestimmt ist, und ein Theil des Viehes, welches dem Verstorbenen gehörte,
wird zurückgelassen, um demselben zum Unterhalt zu dienen. Ist die festgesetzte
Zeit der Wache, welche, je nach der Bedeutung des Verstorbenen,
einige Wochen bis zu einem Jahre dauert, vorüber, so darf der Wächter
den Ort verlassen, er muss sich dann entsühnen und das Vieh bleibt ihm
als Eigenthum.
Auch die Verwandten des Verstorbenen und die bei der Beerdigung
direct Betheiligten müssen sich einer Reinigung unterziehen, was dadurch
geschieht, dass sie Waschungen vornehmen, ihre Karosse mit neuen vertauschen
und das Haupthaar abscheeren, worauf den Imi-shologu, in der
bekannten Weise ein Opfer dargebracht wird.
Die in die Wildniss entflohenen Frauen kommen nur am Abend zum
Ort, um Nahrung zu empfangen^ und kehren entweder sofort wieder in ihre
Schlupfwinkel zurück oder wenigstens vor Anbruch des nächsten Tages, bis
etwa eine Woche vorüber ist; alsdann nehmen sie ebenfalls nach vollzogenen
Abwaschungen neue Gewänder, scheeren das Haupthaar ab und
dürfen nun wieder als gereinigt in der Gesellschaft erscheinen.
Hat eine Frau dem Verstorbenen noch keine Kinder geboren, so
können ihre Verwandten sie zurückfordern, indem sie den Erben den
entrichteten Preis erstatten, um sie wieder zu verheirathen: man nennt
■) Der Name ist mir entfallen.