machten zuweilen durch ihren schlanken Wuchs den Eindruck von langen
Gestalten s ohne es in der That zu sein.
Wechsel im Ernährungszustand äussert bei den Koi-koin merkwürdig
schnell seinen Einfluss auf die Umrisse der Gestalt. Unter günstigen Verhältnissen
aufwachsende Kinder sind meist übermässig fett; beim Uebergang
in das Jünglingsalter verliert sich dies', kann aber bei reichlicher Kost in
der Folge lo k a l , besonders auf den Hinterbacken und Oberschenkeln, wieder
auftreten in einer Form, welche bei den Frauen als Steatopyga näher
zu beschreiben ist.
Bei männlichen Individuen in vorgerückteren Jahren ist es als Regel
anzusehen, dass der Rumpf und die Gliedmassen hager, dürr und trainirt
erscheinen; volle Muskulatur findet sich an Personen von reiner Race nur ausnahmsweise,
Mischlinge zeigen indessen zuweilen ziemlich gerundete Formen.
Das Hervortreten einzelner Muskelparthien, welches den A—bantu von manchen
Autoren den schmeichelhaften Ausdruck von herkulischen Figuren
eingetragen hat, kommt bei den Hottentotten weniger zur Erscheinung; die
Muskeln ziehen sich als relativ dünne, aber feste Stränge unter der Haut
hin und lassen erkennen, dass ihre Anlage mehr auf Zähigkeit und Ausdauer
als auf momentane, energische Kraftleistung berechnet ist. Es herrscht
in der Beschreibung der Körperconstitution bei den genannten Stämmen
auch in diesem Punkte unter gelehrten und ungelehrten Schreibern eine
wegen ihrer Seltenheit bemerkenswerthe Uebereinstimmung, so dass polemische
Behauptungen hier in keiner Weise indicirt sind1).
Was die Gestaltung und Proportionen • der einzelnen Körpeftheile betrifft,
so ist es noch schwieriger als bei den A-bantu positive Angaben zu
machen, da das Material spärlich ist, und ausserdem bei den Koi-koin eine
grosse Neigung zu unregelmässiger, seihst unsymmetrischer Entwickelung
vorzuliegen scheint, wodurch der Wuchs häufig, entstellt und carricirt wird.
Man muss sich daher um so mehr hüten, einzelne Beobachtungen zu verallgemeinern.
Die Kaflern sind durchgängig viel normaler, sowie regelmässiger gebaut
und verdienen ihrer Körperbeschaffenheit nach in jeder Hinsicht den
Vorzug vor den Hottentotten. Die allmälige Verbreiterung des Rumpfes,
von der Taille nach den Schultern zu, welche den Ersteren abgeht, fehlt
auch den Letzteren, aber ausserdem ist die Haltung häufig etwas gebückt,
wohl gar schief, der Kopf steckt in den Schultern durch den kurzen unförmlichen
Nacken, oder der Hals ist wiederum im Gegentheil lang und
dünn, wird aber nach vorn gestreckt, als würde ihm die Last des Kopfes
*) B a r r ow a. a. O. Tom. I p. 157. Ihre '(der Hottentotten) Gelenke, Hände und
Füsse sind auffallend klein. Kein Hervortreten der Muskeln um Stärke anzudeuten, sondern
ein Körper yon feinen Formen, wie der eines Weibes.
Bu r ch el l a. a. O. Tom. I p. 582. Die Hottentotten sind kleiner von Statur und
haben feinere Glieder und Figuren als die Stämme der Kaffem. Etc.
zu schwer. Doch diese Abweichungen sind viel, zu schwankend und in 1
viduell, um ein allgemeines Merkmal daraus zu formiren, die Vergleichung
der beigegebenen Portraits wird eine Reihe der verschiedenen Bildungen
wohl am besten ersichtlich machen.
Die Brust und Schultermuskeln entsprechen dem Gesammthabitus dieses
Systems, die Unterarme sind auffallend dünn, doch wurde nicht beobachtet,
dass sie im Vergleich zum Oberarm unverhältnissmässig lang waren. Die
Hände sind klein, die Finger knochig,, abweichende Pigmentirung der
Nägel tritt nicht zu Tage; diese letzteren Merkmale bilden einen bemerkens-
werthen Unterschied gegen die langen, schmalen Hände der A-bantu mit
den dürren Fingern und den hellen Nägeln, wie sie oben beschrieben
wurden. ■ .
Der untere Theil des Körpers zeigt einen entsprechenden Charakter:
die Hüften sind wenig vortretend, das Becken auch hier stark geneigt, die
schwachen Nates scharf abgesetzt; die Extremitäteji erscheinen durchschnittlich
sehr dürr, Oberschenkel sowohl als Unterschenkel, wenn auch die
Letzteren in höherem Grade, die Gelenke sind wegen dieser Magerkeit
scharf markirt. Der Füss ist klein, 'von mittlerer Breite, die ersten Zehen
überragen die letzten'bedeutend. Die Sohle ist nur wenig gewölbt, doch
erscheint diese Hinneigung zum Plattfuss sehr allgemein bei uncivilisirten
Stämmen vor.zukommen und hängt theilweise wohl jedehfalls mit der Sitte
zusammen baarfüssig zu gehen. Ein auffallendes Hervorragen des Fersenbeines
nach hinten, wie es bei den A-bantu auftritt, wurde nicht beobachtet.
Von dem beschriebenen Habitus des männlichen Individuum bei den
Koi-koin weicht der des weiblichen Geschlechtes in einigen wesentlichen
Punkten ab. Diesem Geschlechte bei den Hottentotten vor einem euro-
• päischen Leserkreis die Bezeichnung »des schönen« beizulegen, dürfte fastr
als Ironie erscheinen und doch. hat dieselbe in vielen Beziehungen in Afrika
sicher ebensoviel Berechtigung als in Europa.
Zunächst treten bei den Frauen die Unregelmässigkeiten des Wuchses,
das Eckige, Knochige der Figur, wenigstens in jüngeren Jahren, nicht m
dem Grade, zu Tage als bei den Männern. Das entwickelte Weib zeigt
meist vollere Formen: Hals und Nacken sind ebenmässig, die Arne schlank,
doch angenehm gerundet und im Verein mit den^ zierlichen Händen häufig
o-enug . von. unbestreitbarer Schönheit.
Die. Entwickelung des Busens steht dem europäischer Frauen naher
1) B a r r o w beschreibt bei den H.-Frauen, wöhfend er für die Kaffern schwärmt, die
Brüste als mit sehr grösser Warze u n d hervorragendem Warzenhof, was um so weniger
zugegeben werden kan n , als diese beiden Merkmale nicht z u s amme n yorzukommen pflegen,
das Letztere aber ein entschiedenes Charakteristicum der A-bantu-F rauen ist. B. a.
a. 0 . Tom. I, pag. 157.