Fusses hinter die Malleolen zu liegen kommt. Dabei ist die Wölbung der
Sohle nur gering, so dass sie beim Gehen grösstentheils, oder gänzlich den
Boden berührt; doch stellt sich dies hei barfuss gehenden Stämmen gewöhnlich
ein und kann daher nicht als charakteristisch gelten. Ebensowenig ab.er
auch ein vereinzeltes Vorkommen von Abstehen der grossen Zehe, wie es
Fig. 6 zeigt, obgleich die Autoren, welche entdeckt haben, dass unser
Stammvater, der Uraffe, mit einem Greiffuss begabt war, einen so unwiderlegbaren
Fall von Atavismus freudig' begrüssen werden.
Was die Proportionen der Gliedmaassen unter einander und zur Ge-
sammtlänge des Körpers anlangt, so lässt sich darüber nicht so leicht eine
entscheidende Angabe machen, als man glauben sollte. Der allgemeine Findruck
ist keinesfalls ausreichend, um positive Behauptungen aufzustellen,
wo es sich um verhältnissmässig so geringe Unterschiede handelt, während
die Messung am Lebenden bedeutenden Schwierigkeiten unterliegt1).
Aus diesem Grunde wurde die Tabelle für die Messungen am Lebenden
nur in ganz beschränkter Weise durchgeführt, um einigen Anhalt für
die Grösse der aufgenommenen Portraitköpfe zu gewinnen. Die kurze Reihe
i) Einmal ist es nur mit Mühe zu erreichen, dass ein uncivilisirter Mensch, welcher
den Europäer stets mit Misstrauen, häufig auch mit abergläubischer Furcht betrachtet, sich
gutwillig hergiebt zu einer Manipulation, deren Sinn und Zweck er durchaus nicht versteht.
Oefters tritt auch die Schamhaftigkeit hindernd in den Weg, um die zum genauen
Messen nothwendige Entblössung des Körpers zu erreichen, und es ereignet sich daher,
dass man meist nur das Material zur Benutzung erhält, welches an denVerkehr mit Europäern
gewöhnt is t, aber dadurch auch den Verdacht einer möglichen Vermischung gegen
sich hat.
Immerhin würde es trotz der Schwierigkeiten sehr dankbar sein, diese Untersuchungsmethode,
wo es irgend thunlich is t, anzuwenden, wenn nicht ein anderer Umstand hinzukäme,
welcher ihren Werth sehr herabsetzt: Selbst der geübte Beobachter kann nicht
gewährleisten, dass er bei zweimaligem Messen desselben Individuums in allen Rubriken
genau zu deiiselben Zahlen kommen wird. Demnach ist eine verhältnissmässig lange Reihe
erforderlich um die unvermeidlichen Messungsfehler zu elimiren.
Es verdient gewiss alle Anerkennung, mit welchem Fleiss und Ausdauer die Anthropologen
der Novara-Expedition ihre weitläufigen Tabellen gefüllt h aben, und es soll der
Werth des von ihnen gelieferten Materials durchaus nicht herabgesetzt werden, doch dürfen
die Herren nicht vergessen, dass sie sich, sowohl was die Reichhaltigkeit der verfügbaren
Kräfte, als auch die Willigkeit der zu messenden Individuen betrifft, (da es sich um
Küstenbewohner handelte) immer noch in besonders günstigen Verhältnissen befanden.
Beim weiteren Vordringen nach dem Innern, wo man mit Stämmen in ihrer Ursprünglichkeit
zusammentrifft, und an Mittelspersonen sowie anderweitig hülfreichen Händen Mangel
is t, gehört die Anfertigung r e i c h h a l t i g e r Tabellen nach einem so ausführlichen Schema
fast in das Bereich der Unmöglichkeiten. Verfasser hat im Orange-Freistaat unter einiger-
maassen günstigen Umständen selbst nach dem durch die Göttinger Anthropologen-Versammlung
revidirten Schema der Novara-Expedition, welches bekanntlich 78 Rubriken
zählt, Messungen angestellt, und glaubt in Hinblick darauf, behaupten zu dürfen, dass die
gewonnenen Resultate mit der aufgewandten Zeit bei Reisen im Innern uncivilisirter L änd
e r, wo dem alleinstehenden Reisenden jede Minute ein kostbares Gut ist, mit dem er
geizen muss, nicht im Einklang stehen.
der vollständig gemessenen Individuen (6 A-bcmiu 3) ergiebt eine Extremitätenlänge
von 47 .4 6 1)‘- • {Simmum hum. — Spitze digit. med.) und 50.69
(Spitze des Tr och. maj. — Mall, ext.) in Procenten der Körperlänge.
Ob bereits schon hinlänglich zahlreiche Messungen g u t e nM a t e r ia ls
angestellt sind, um genaue Durchschnittswerthe der Körperproportionen für
die afrikanischen Racen aufzustellen, erscheint mehr als fraglich, wenn auch
K a r l V o g t in seinen Vorlesungen es als ausgemachte Thatsache hinstellt,
dass die europäischen Stämme die Neger (?) in der relativen Länge des
Oberarmes weit überragten und die letzteren dem Uraffen darin noch näher
ständen2). Die einzigen Zahlen, welche er zum Beweise anführt (aus der
BuitMEiSTER’schen Tabelle), sprechen in der That g e g e n seine eigene Behauptung,
indem sich Oberarm zum Unterarm wie 18.15 14.77 verhält, was
also einen Unterschied von 3.38 ergiebt, während der Europäer Differenz
zeigen soll. (V. scheint sich also die Zahlen nicht einmal angesehen zu
haben !?) Zufälliger Weise u n t e r s t ü t z e n die Zahlen der wenigen von
mir gemessenen Individuen seine Behauptung3) ; die Berechnung ergiebt
nämlich für den Oberarm 18.27, den Unterarm 16.72, also nur 2.15 Differenz
(6 6 gemessen, Summum humeri — Condyl. ext. und vom Condyl. ext. —
Spitze des, Proc. styl, radii. Nr. 59 und 60 des Novara-Schemas). Doch
erachte ich ebensowenig die B üRM E iS T E R ’s c h e gegentheüige wie meine günstige
Zahl als einen hinlänglichen Beweis für die aufgestellte Behauptung
weil die Reihe zu kurz, die individuellen Schwankungen und die unvermeidlichen
Messungsfehler zu gross sind.
b V o g t giebt in seinen Vorlesungen über den Menschen eine kleine Tabelle nach
BüRMEiSTER’schen Messungen, worin für den Neger (?) 44,6 als obere Extremität beim
Manne, 4 8 ,8 beim Weibe eingetragen ist. Diese enorme generelle Differenz von 4 ,2 lässt
schon allein die Vermuthung auftauchen, dass die genannten Zahlen nicht die volle Bedeutung
von Durchschnittswerthen haben. Wahrscheinlich sind die Messungen auch gänzlich
oder grösstentheils an dunkelpigmentirten Individuen afrikanischer Abstammung in A m e r
i k a gemacht, welche Personen ja alle von dem bequemen Wort »Neger« liebevoll umfasst
werden. *
Es muss aber dagegen Verwahrung eingelegt werden, dass Beobachtungen an Individuen,
welche in d e r F r e m d e a u f g e w a c h s e n s in d ,- o h n e Weiteres auf afrikanische
Stämtne übertragen werden, da die Verpflanzung und das Leben unter abnormen Verhältnissen
auf die Entwickelung des Körpers einen starken Einfluss ausübt.
Fü r die untere Extremität giebt] V o gt 5 1 ,9 , resp. 5 1,7 Q an. Wem* man
auf solche Zahlen, ohne sich den Vorwurf des Leichtsinns zuzuziehen, Schlüsse bauen will,
so wäre es doch erforderlich, wenigstens Zahl und Abstammung des Materials anzugeben.
Vo gt, V. üb. d. Mensch, pag. 224.
, 2) Vogt soll seitdem die Behauptung zurückgenommen haben. V.
3) E c k e r giebt in seiner Abhandlung über den Körperbau schwarzer Eunuchen auch
die Maasse eines normalen Negerskelettes, welche ebenfalls ein gewisses Plus der Länge
des Unterarms im Vergleich mit dem Europäer zeigen.; es handelt sich aber auch hier um
einen einzigen Fall. a. ä. O. pag. 107.