sind nebst den zufälligen Heimengungen der Umgebung ganz ausreichend,
um die Kruste zu erzeugen, von welcher bereits oben gesprochen wurde.
Selbst bei den geringen Resten der Koi-Jcoin} welche sich noch einer
gewissen Selbständigkeit eifreuen, zeigt sich der Einfluss der beginnenden
Civilisation hinsichtlich der Tracht schon sehr deutlich; besonders gilt dies
von den Männern, aber selbst die niedrigsten Frauen haben es zu einem
oder dem ändern Kleidungsstück europäischen Fabrikates gebracht, wäre es auch
nur ein kattunenes Tuch um den Kopf. (Vergl. weiter unten: die Namaqua.)
Unter solchen Verhältnissen ist begreiflicher Weise in Bezug auf die
Bewaffnung und Geräthe noch weniger nationale Eigentümlichkeit zu
erwarten, als bei den früher beschriebenen Stämmen, und man kann solche
nur nach den ältesten Angaben reconetruiren. Dabei sollte man glauben,
K o l b e n ’s Werk wegen der sehr zahlreichen Abbildungen am besten verw
e r ten zu können, jedoch sind dieselben jedenfalls fast durchgängig nach
Beschreibung in Europa angefertigt und haben dadurch viel zur Discredi—
tirung des Autors beigetragen, obgleich seinen Darstellungen meist etwas
Wahres zu Grunde liegt.
Wir erfahren durch die alten Autoren in Uebereinstimmung, dass die
Hottentotten der frühsten Zeit Pfeil und Bogen führten und daneben auch
die Assegai, die exacte Form dafür lässt sich aber nicht mehr sicher feststellen;
keinesfalls haben die Bogen die complicirte an die assyrischen
erinnernde Gestalt gehabt wie sie K o l b e n abbildet, sondern es ist viel
wahrscheinlicher, dass sie den heute noch von den Buschmännern gebrauchten
wesentlich ähnlich, nur vielleicht stärker gewesen sind. Die citirten
Abbildungen sind höchst drollig durch die unglaubliche Naivität der Darstellung,
unter diesen besonders Tafel X X II, wo man die Hottentotten
kurze, gefiederte Pfeile mit furchtbaren Spitzen aus der blossen Hand auf
Elephanten und Löwen schleudern sieht. S pa r rm a n n f bildet einige Waffen
ab, als solche »der Hottentotten und Kaffern« (Taf. IV ), er konnte also
schon damals die nationale Bewaffnung beider Familien nicht mehr trennen.
Die ganze Betrachtung der Geschichte lehrt, dass die in Rede stehenden
Stämme nie als besonders kriegerische auftraten, ihre Waffen waren
daher auch mehr für die Jagd als den Krieg bestimmt. Der ursprünglichen
Sitte gemäss waren es dieselben, welche auch von den dunkelpigmentirten
Stämmen noch heute angewendet werden, denn ausser den genannten figurirt
der Kiri und die schweren Stöcke aus Eisenholz wie bei jenen, der Erstere
diente zum Schlag und Wurf, die Letzteren zum Pariren von Würfen, sowie
beim Handgemenge.
Die Bearbeitung der Metalle war den Hottentotten bekannt, sie verfertigten
selbst die eisernen Spitzen ihrer Pfeile und Assegaien, wozu sie
gern europäisches Eisen verwandten, in Ermangelung desselben schmolzen
sie dasselbe in ähnlicher Weise wie die Be-chuana aus Rasenerz, was
K o l b e n jedenfalls richtiger beschreibt als es W o o d , der mit der grössten
Geringschätzung auf jenen herabsieht, von den A.ma—zulu angegeben hat.
Es ist nicht immer leicht, die positive Grundlage aus K o l b e n ’s Angaben
herauszüfinden, dass ihm aber mindestens ebensoviel eigene Anschauung zu
Gebote stand, als seinem englischen Kritiker, ist mehr als wahrscheinlich.
Vielleicht war dem Letzteren nur die Concurren^ in der Schönfärberei fatal,
welche sich bei Beiden so ähnlich sieht, dass man meinen könnte, W ood
hätte von K o l b e n abgeschrieben. Wie jener die »absolute certainty« des
Kafferzieles betont, so lässt dieser die Hottentotten mit Steinen auf 100 Schritt
hach einem halben Gulden werfen, den die Leutchen natürlich jedesmal
trafen. Entsprechend verhielt sich die Geschicklichkeit im Gebrauch der
Assegai, im Werfen des Rackum (?) *und im Pariren mit dem Kiri1). Die
Assegai nennt er eine »halbe Pike«, womit wohl eine Waffe wie unsere
kürzeren Jagdspeere gemeint ist; dabei kommen hier und da, sowohl im
Text als in den Abbildungen auch Wurfpfeile vor, die von den Eingeborenen
in ähnlicher Weise geworfen wurden wie die Assegaien. Die Unge-
nauigkeit der Ausdrucksweise, sowie das Schematische der drolligen Abbildungen
verhindern, sich ein bestimmtes Urthei^ darüber zu bilden, aber es
ist wohl möglich', dass auch hier ein Kern von Thatsächlichem vorhanden
ist. Die bei den Hottentotten damals allgemeiner in Ausübung befindliche
Sitte, vergiftete Waffen zu benutzen, machte es möglich, sich mit verhältniss-
mässig leichten Geschossen und geringen Verwundungen des Wildes zu begnügen,
und ein gewichtiger Wurfpfeil konnte in geringer Entfernung ebenso
wirksam sein als ein schwächer vom Bogen mit grösserem Zeitaufwand verwendeter
; das Fehlen sonstiger Angaben über solche Geschosse macht es aber
wahrscheinlich, dass der Künstler durch dieselben seinem Bilde nur grössere
Mannigfaltigkeit verleihen wollte.
Charakteristisch für die Thatsächlichkeit mancher KoLBEN’schen Beobachtungen
ist seine beim Ueberlesen auffallende Beschreibung der Pfeilspitzen,
welche die Gestalt eines Zweigroschenstückes haben sollten, das man in der
Mitte durchgeschnitten hätte, am Rande scharf wie ein Federmesser, nach
hinten an den Winkeln in eine Spitze auslaufend. Freilich zeigen seine
nach Beschreibung entworfenen Darstellungen keine solchen Pfeile, ich
besinne mich auch nicht, einen ähnlichen abgebildet, gesehen zu haben, mir
ist aber selbst in der Kalahari unter den gewöhnlichen Buschmannpfeilen
einer in die Hände gekommen, auf welchen die Beschreibung sehr gut passt.
Ohne Uebertreibungen geht es nun einmal bei den meisten früheren
Schriftstellern nicht ab, und K o l b e n macht desshalb das Eisen der Assegai,
1) Hier ist K o lb e n etwas in die Verwirrung gerathen, da er die 3" langen Stöcke
»Kiri« nennt, die zum Werfen bestimmten , an einer Seite zugespitzten (dünneren ?) aber
»Rackum« heissen lässt. Das letztere Wort ist offenbar holländischen Ursprunges, zusammenhängend
mit »raken« (treffen, berühren), und wird wohl nur eine colomale Bezeichnung
der Wurfkeule (Kiri) gewesen sein.