gestirnes, des Tsui-xoab und des bei den Namaqua verehrten Heitsi-Eibib
machen die Anschauung über die Religion der Koi-Jcoin schon, sehr unbestimmt
: es kommt aber noch hinzu, dass dieselben nach P e t e r K o l b e n
»auch einem Insecto göttliche Ehr erweisen«.
Wie bei den Herero die Gebräuche auf einen G o ttes-, Götzen- und
Feuerdienst gleichzeitig hinzuweisen scheinen, haben wir bei den Hottentotten
nach den Angaben der Autoren Gottesdienst, Mond- , Sternen- und
Thier-Cultus. Ich bin keineswegs geneigt, die den Angaben zu Grunde
liegenden Beobachtungen für erfunden zu halten, wie es wohl öfters geschehen
ist, sondern glaube nur, dass das hinzügethane Beiwerk und die
Auslegungen die Dinge entstellt haben. Al l e s was die P h a n t a s i e in
b e s o n d e r e r We i s e a n r e g t , wi rd b e i Na t u r v ö l k e r n wi e .die in
Re d e s t e h e n d e n , l e i c h t zum Ge g e n s t ä n d e e in er g ew i s s e n aber -
o- läubi schen Ve r e h r u n g und zwar um so e he r , j e u n b e s t immt e r
und v e rwo r r ene r d i e r e l i g i ö s e n Vo r s t e l l u n g e n übe rhaupt s ind.
Wer jemals unter dem magischen Licht des hochstehenden Vollmondes
in afrikanischer Steppe gewandelt hat , der wird sich- erinnern, dass er mit
einer gewissen Andacht zu demselben aufgeblickt hat, warum sollten es
nicht die Eingeborenen, die bei seinem Licht nicht nur ihre nächtlichen
Tänze auszuführen pflegen, sondern auch ihre Zeit berechnen, wie das
Auf- und Untergehen des Siebengestirnes ihnen die Jahreszeiten bezeichnet.
Wenn sie im Hinblick auf diese Gestirne sie anrufen, um Segen flehen,
oder sie in ihre Mythen verflechten, kann ich ebensowenig die Nothwendig-
keit einsehen, einen Cultus derselben anzunehmen, als man in Europa einen
Kuckukcultus statuiren würde, weil die Leute beim Hören des ersten
Kuckukrufes im Frühjahr sich auf die Tasche klopfen und bitten, er möge
ihnen im bevorstehenden Jahr stets einen vollen Geldbeutel gewähren.
Wahrscheinlich ist auch Kolben’s Angabe hinsichtlich des »achtbeinigen«
Insektes nicht völlig aus der Luft gegriffen, sondern die- wunderlichen
Geberden des Thieres (man nimmt' bekanntlich an, es sei damit eine Art
Mantis gemeint) veranlassten, wenn nicht alle, so doch einen Theil der
Eingeborenen, darin etwas Uebematürliches zu sehen, was eine besondere
Berücksichtigung erheischte. Dass Srarrmann und Spätere fanden, die
Hottentotten machten sich gar Nichts daraus, dies Thier zu fangen und zu
tödten, ist noch kein Beweis, dass der Aberglauben es nicht früher in irgend
einer Weise ausgezeichnet habe; die Laune und Neigung wechselt in dergleichen
Dingen, auch pflegen solche Dii minorum gentium stets nur so lange
geehrt zu werden, als ihr Einfluss in der Meinung der Leute ein günstiger
zu sein scheint. Unter Umständen verknüpfen sich die abergläubischen
Gebräuche auch mit irgend welchen anderen Thieren, wie wir es bei den
A-bnntu gesehen haben, ohne dass man berechtigt wäre zu sagen, sie verehrten
die Schlange oder das Krokodil oder sonst etwas als Go t th e i t .
Es zeigt sich bei den Koi-koin wie bei den Bantu-Völkern, dass, je
mehr man über ihre religiösen Gebräuche grübelt, dieselben um so verworrener,
erscheinen , weil man zur Erklärung der scheinbaren Widersprüche
zu- immer kühneren Conjecturen seine Zuflucht nehmen muss, bis man
schliesslich beim griechischen Zeus anlangt. Recapituliren wir die Grundzüge
des etwas bunten Bildes, so finden wir als positive Thatsache, dass
die Hottentotten ebenfalls unzweifelhafte religiöse Instincte zeigen. Den
Mittelpunkt ihres Cultus .bildet ein Wesen, Tsui-x o a b , dessen Charakter
und Eigentümlichkeiten sehr verschieden aufgefasst werden, je nachdem
die Furcht der einzelnen Individuen sie bestimmt, das unheimliche Wesen
mehr oder weniger schrecklich auszumalen. Der Name selbst, sowie die
Ueberlieferung lehrt im Anschluss an die unklaren Vorstellungen von einer
Fortexistenz nach dem Tode, in ihm ursprünglich den Geist eines verstorbenen
mächtigen Häuptlings der Vorzeit zu sehen.
Ausser dem Tsui-xoab - Cultus, der wegen der mangelnden sinnlichen
Eindrücke für viele etwas Ungenügendes haben musste, findet sich eine
Verehrung des Mondes, ohne dass damit gesagt ist, die Eingeborenen sähen
in demselben den sichtbar in die Erscheinung getretenen Tsui-xoab. Der
Vollmond find Neumond sind die Zeiten, wo dieser Cultus besonders zur
Ausführung gelangt; er findet sich hei den verschiedenen Abtheilungen der
Koi-koin, während die'Verehrung des Tsui-xoab mehr den colonialen Hottentotten
und Korana eigenthümlich ist und bei den Namaqua vielfach durch
die des H eitsi-Eib ib ' ersetzt wird; dass die colonialen Hottentotten die
Heitsi-Eibib-Sagen überhaupt gekannt haben, erscheint unerwiesen. Endlich
glauben die Leute noch an allerhand übernatürliche Einflüsse, an Hexen
und Zauberer, welche Unglück und aussergewöhnliche Krankheiten, sowie
allerhand sonstige Uebel herbeiführen; K o l b e n bemerkt' dazu durchaus
treffend: »Ueberhaupt nennen sie Zauber-Gut alles dasjenige, was ihren
Verstand übersteigt«I/A
Hie Verehrung der überirdischen Mächte geschieht durch Anrufungen
1 und Opfer/ d. h. Darbringungen von Vieh, durch welche sie besänftigt
werden sollen; das Fleisch der Thiere essen nachher die Opfernden selbst
und beschmieren sich mit dem Fett,
Diese Opfer werden in der Regel von bestimmten Personen ausgeführt,
welche den Isi-ntonga der Kaffern entsprechen, deren Einfluss aber entsprechend
den kleineren,* weniger straff organisirten Gemeinden der Hottentotten
kein sehr bedeutender ist. Solche Personen fungiren sowohl als »Pfaffo,
wie als öDoctor« oder » Barbier« .oder »Hexenmeister«, lür welche verschiedenen
Aemter K o l b e n geneigt scheint lauter besondere Personen anzunehmen.
Wie bei den ändern Stämmen wird, auch hier ein Individuum in der Meinung
der Leute bald in dieser, bald in jener Thätigkeit ein grösseres Vertrauen
gemessen, ohne dass man berechtigt wäre, verschiedene Stände in
ihnen zu sehen.