Der graeiöse, leichte Wurfspiess des Xosa hat sieh bei ihnen in eine
eigentümlich plumpe Waffe verwandelt, an welcher die flache, blattförmige
Spitze von unverhältnissmässiger Grösse am meisten in die Augen fällt.
Dazu kommt, dass zuweilen der Stiel mit der Spitze aus einem Stück, also
ebenfalls Eisen ist und dadurch für den Wurf fast ganz ungeeignet wird;
in anderen Fällen ist ein hölzerner Schaft angefügt, welcher zur Zierde
gegen das obere Ende hin mit einem Büschel langer Haare, gewöhnlich
der Quaste eines Ochsenschwanzes, umgeben ist, aber auch in dieser Gestalt
lässt sich die ünbehülfliche Waffe höchstens zum Stoss gebrauchen.
Ausser diesem Speer, welcher etwas an die Saufedern unserer
Schweinsjagden erinnert, führen die Herero noch Pfeil und Bogen, sowie
die überall wieder auftauchende Wurfkeule. Unter den hier beschriebenen
Stämmen der A-bantu sind es die Herero allein, welche Pfeil und Bogen
wirklich regelmässig benutzen. Man sieht solche Waffen nur zuweilen, wie
erwähnt, in den Händen der Be-chuana, und sehr selten in den Händen
eines Zulu oder Xosa, welche eine entschiedene Abneigung oder besser
Verachtung gegen dieselben an den Tag legen, als lediglich für unkriegerische,
gering geschätzte Stämme, wie für Buschmänner passend. Die
Herero aber führen Pfeil und Bogen als Regel, doch leisten sie damit nicht
so viel wie -die letzt erwähnten Eingeborenen , denen sie auch in der Bereitung
der Gifte nicht gleichkommen. Sie tauchen zwar die Spitzen ihrer
Pfeile in den Saft der Euphorbia, wie A n d e r s s o n angiebt, doch ist dies
Gift kaum stark genug, um für sich allein als Pfeilgift gute Dienste zu leisten.
J. H a h n bezeichnet sie, gewiss mit Recht, als schlechte Bogen-Schützen,
die über 30 — 4 0 .Schritt (A n d e r s s o n nimmt dafür.nur 12 — 20 an; hinaus
wenig mit ihren Pfeilen auszurichten vermögen, lobt dagegen ihre Sicherheit
mit dem Feuergewehr, was . sonst in den Händen der A-bantu nur ausnahmsweise
geschickt behandelt wird. Möchte ich auch geneigt sein, an
ihre Geschicklichkeit im Schiessen zu glauben, so erscheinen H a h n ’s Bemerkungen
hinsichtlich des Gebrauchs der Wurfkeule unzweifelhaft übertrieben,
wenn er angiebt, »der Herero schmettere aus weiter !(?) Entfernung
seinen Feind durch einen Wurf des K iri zu Boden«. Handelt es sich um
Hasen, so mag die Behauptung wohl gelten, aber ein kräftiger Mann wird
in weiter Entfernung durch einen solchen Wurf als Regel gewiss nicht aufgehalten;
höchstens könnten besonders unglückliche. Verletzungen der Schläfe
eine derartige Wirkung erzielen. Gegen die Geschicklichkeit der Herero
im Werfen des K ir i ist Nichts einzuwenden, die Eingeborenen erlangen,
wie schon bei den Ama-xosa erwähnt wurde, gerade im Gebrauch dieser
Waffe eine grosse Sicherheit, die aber mehr gegen die kleineren Thiere des
Feldes als gegen Menschen zur Geltung kommt.
Ausser den genannten Waffen tragen viele der Herero auch Dolchmesser,
welche denen der Be-chuana ähnlich sind, zum Tbeil wohl diesen
Eingeborenen überhaupt ihre Entstehung verdanken.
Schilde scheinen die Herero gar nicht zu führen, die meisten Autoren
übergehen diesen Punkt ganz mit Stillschweigen, und C h a p m a n betont ausdrücklich,
sie hätten keine; die ganze Ausrüstung wird dadurch noch dürftiger
und lässt wiederum die geringe Streitbarkeit dieser Stämme erkennen.
Auch die übrigen Geräthe und Utensilien sind keineswegs üppig zu
nennen. Als Viehzucht treibendes Volk brauchen sie eine Anzahl Gefässe
zur Aufnahme der Milch und zum Sauer-werden-lassen derselben, also Melkeimer
und Schüsseln, welche sich nicht auffallend von denen der Be-chuaua
unterscheiden. Ein oder der andere roh gearbeitete irdene Topf, eine Anzahl
Kalabassen, als Flaschen oder Becher verarbeitet, hölzerne Löffel und
Strausseneier als Wasserbehälter stellen die wesentlichsten Utensilien des
täglichen Gebrauches dar.
Ferner taucht bei den Herero die unvermeidliche Dachapfeife wieder
auf und zwar in einer rudimentären Form, indem anstatt des Rohres eine
kurze Thonpfeife gegen die Spitze eines Antilopenhornes, am liebsten Kudu,
seitlich eingefügt ist, welche mit dem Innenraum communicirt. In dieser
Form lässt sich nur wenig Wasser in das Hom giessen, da man es nicht
ganz neigen darf, aber Jos. H a h n ist irrig berichtet, wenn er meint, die
Raucher stopften die Oeffhung des Hornes zu und machten eine andere
durch die Spitze, an welche sie den Mund anlegten. Er scheint auch die
Verwendung des Wassers dabei zum Kühlen des Rauches nicht gekannt zu
haben, wahrend A n d e r s s o n den Gebrauch der Pfeife bei den üerg- Damara
ebenso angiebt, wie er durch ganz Süd-Afrika verbreitet ist, und von den
Herero gleichfalls angewendet wird. Ausser dieser Wasserpfeife finden sich
auch europäische Thonpfeifen gewöhnlicher Construction bei ihnen in grösser
Anzahl, da sie durchgängig den Taback sehr lieben.
In ähnlicherWeise vereinfacht, aber nicht verbessert wie die Wasserpfeife
ist bei den in Rede stehenden Eingeborenen das musikalische Instrument
der A-bantu Süd-Afrika’s , welches weiter oben bei den Xosa unter
dem Namen %Cfubo<i beschrieben wurde. Der Herero benutzt dazu einen
Bogen, dessen Sehne er in der Mitte fest gegen das Holz anzieht, und fasst
beim Spielen diese Stelle zwischen die Zähne (vergl. Fig. 53) ; er ersetzt
also durch seine Mundhöhle den Schallraum, welchen der Kaffer durch
Anfügen einer Kalabasse herstellt. Die angezogene Sehne wird darauf mittelst
eines Stäbchens geschlagen, während die andere Hand die Spannung
zu reguliren sucht und gleichzeitig der Musiker summende Töne ausstösst:
eine zwar keineswegs melodische Musik, die aber doch stundenlang mit der
grössten Andacht fortgesetzt wird.
Die Herero wohnen, wie die eigentlichen Kaffern, in halbkugeligen
Hütten, deren Bauart jedoch in einigen Punkten abweicht, wenn auch die
'! A. Lake Ngami p. 80.
H. a. a. 0 . p. 251.
F r i t s c h , Die Eingeborenen Süd-A Prika’s.