läuft (wie es Verfasser selbst zu sehen Gelegenheit liatfe) vor einem leichten,
mit munter'trabenden Pferden bespannten Wagen weg und kommt nach niclox-
reren Stunden wieder vor demselben in der nächsten Station an ohne zu
o-lauben, irgend etwas Ausserordentliches gethan zu haben; die durchschnittliche
Schnelligkeit eines bequem fahrenden Wagens ist aber keine sehr grosse,
das Wunderbare der Leistung liegt also nur in der Ausdauer.
Die Zähigkeit des Körpers markirt sich auch fein dem bedeutenden
Widerstande, welchen sie den schädlichen Einflüssen der Witterung, wie
Hitze und Kälte, heftige Insolation, ferner dem Mangel an Wasser oder
Speise entgegensetzen, wobei indessen keineswegs gesagt is t, dass sie dies
ungestraft thäten. Ausser dem Verlust der Energie, welcher zum Theil auf
den Einfluss des Klimas und den öfters- wiederkehrenden Mangel der noth-
wendigsten Lebensbedürfnisse zurückzuführen ist, lassen die erduldeten Insulte
ihre schädliche Einwirkung häufig genug durch zurückbleibende Krankheiten
erkennen, unter welchen .Entzündungen der Lunge oder des Brustfelles,
Katarrhe der Luftröhre, entzündliche Blennorrhöen der Augen, Dysenterie
und chronische Verdauungsbeschwerden die hauptsächlichsten,'jsind.
Für Rheumatismen ist-Afrika mit Ausnahme gewisser Küstengebiete kein
günstiger Boden. Die Malariafieber, welche in manchen Jahreszeiten einige
der nördlichen und östlichen Gegenden besuchen, sind nicht so schwer, um
ihre Einwirkung auf die am Orte lebenden Eingeborenen merklich werden
zu lassen, obgleich aus gesünderen Gegenden Eingewanderte häufig so gut
wie Europäer darunter zu leiden haben' fe-
Im Alter sinkt die Energie des Körpers natürlich noch mehr und
es tritt eine, frühzeitige Decrepidität ein; dessenungeachtet würde die
durchschnittliche Lebensdauer unter den A-bantu keine sehr geringe sein,
wenn nicht die vielen Kriege und die noch immer nicht ganz ausgerottete
Sitte, die alten Leute bei Seite zu schaffen, es bewirkte, dass man trotzdem
im Ganzen sehr wenig alte Leute zu sehen bekommt. Auf die Fraget Wie
alt er sei? pflegt ein Kaffer zu antworten: Wie kann ein Mensch sich erinnern,
wann er geboren ist? das Alter lässt sich daher nur in einzelnen
Fällen chronologisch feststellen, und solche Vergleichung ergiebt öfters ein
Alter von 90 Jahren und darüber.
Wie die Muskulatur der. A-bantu keineswegs Erstaunliches leistet, so
übertreffen auch die Sinnesorgane solche europäischer Racen nicht ln auffallender
Weise. Am bemerkenswerthesten ist noch die Schärfe des GeT
sichtes, hierbei ist aber die Eigenthümlichkeit des Landes und die Gewöhnung
sehr wesentlich im Spiele.
Ist man frisch von Europa gekommen aus der dicken nebligen Atmosphäre
unserer Tiefländer, so erscheint es z. B. als eine wunderbare
i) Vergl. den Aufsatz des Verfassers: Ueber die herrsehenden' Krankheiten Süd-
Afrikas. Archiv f. Anatomie und Physiologie. 1867.
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Zumuthung, eine gewöhnliche Büchsenkugel auf 1000 Schritt Entfernung
aufschlagen zu sehen, und doch ist dies in den Hochsteppen bei der als
Regel flachen Bodengestaltung und der äusserst klaren Luft, die leichteste
Sache von der Welt, sobald man gelernt hat auf die Erscheinung die gehörige
Aufmerksamkeit zu richten. Solche Leistungen sind es aber, welche
dem Europäer anfänglich die Vorstellung von der ausserordentlichen Sehkraft
der Eingeborenen beibringen. Je vertrauter man mit dem Lande wird, um
so leichter begreift man die Möglichkeit derartiger Wahrnehmungen und um
so mehr gelingt es, Aehnliches zu leisten.
Dazu kommt, dass die Kaffem weder mit Lesen noch mit optischen
Instrumenten ihre Augen anzustrengen brauchen und dass sie in Folge
dessen durchschnittlich weitsichtiger sind, als gebildete Europäer. Corrigirte
der'Verfasser die ihm eigene geringe Myopie durch ein gewöhnliches Opernglas,
so vermochte er bei Weitem mehr zu sehen, als die schärfsten Augen
seiner Umgebung unbewaffnet entdecken konnten, die Leistungsfähigkeit
derselben hat also ihre Gränzen. In den Steppen aufgewachsene Kinder
der Colonisten kommen den Kaffern an Schärfe des Sehvermögens gleich,
wenn sie auch von den Koi—koin darin übertroffen werden.
Dasselbe gilt von der wesentlich auf dem Sehvermögen basirenden
Fähigkeit des Spürens, worüber auch zuweilen die ärgsten Fabeln erzählt
werden. Der thonhaltige Boden, Diluviumsand, wie er die grössten Strecken
des innern Süd-Afrika bedeckt, ist ein wahrer Formensand, und die Eindrücke
der Fährten werden daher mit merkwürdiger Treue wiedergegeben.
Zu erkennen ist eine Spur also meist sehr gut, auffallend ist nur die Sicherheit,
mit der ein Eingeborener die Fährte hält und die Schnelligkeit, mit
der er ihr folgt; dies ist eine Sache der Uebung, die Meister darin sind
aber wiederum nicht die A—hantu, sondern die Buschmänner.
Ueber besondere Ausbildung der anderen Sinne, des Gehörs, Geruches
etc. hatte ich keine Gelegenheit, Beobachtungen unter den Kaffern
anzustellen, und da dieselben in keiner hervorragenden Weise zur Verwendung
kommen, so steht zu vermuthen, dass sie auch nicht stärker, entwickelt
sind, als bei anderen Racen1).
Was nun aber die geistige Fähigkeit im Allgemeinen anlangt, so ist
darüber keineswegs so cursorisch abzuurtheilen, als über das eben Besprochene.
Jls ist dies Kapitel eins der schwierigsten überhaupt und verlangt eine besondere
Vorsicht in der Behandlung, welche von den Autoren nicht immer
eingehalten worden ist. Meist ist dabei der falsche Ausgangspunkt der gewesen,
dass man sich unter einem Eingeborenenstamm ein Volk in paradiesi*)
W ood hat natürlich beobachtet, da der Kaffer den Europäer doch nun einmal in
Beinen körperlichen Leistungen übertreffen soll, dass die Nase desselben »ein ganz wunderbares
Organ, sei und beinahe so fein wie die des Bluthundes« (Sic!), ohne indessen anzugeben,
wie er diese. Entdeckung gemacht hat. a. a. O. pag. 172.
• F r i t s c h , Die Eingeborenen SM - Afrika' s. ’4