dichte Phalanx Von solchen Leuten, welche Speculationen desshalb noch
noch nicht für beobachtete Thatsachen halten, weil dieselben mit staunens-
werther Sicherheit vorgetragen werden. Die Majorität der wirklichen Forscher
wird sich von der soliden Bahn der treuen, objectiven Beobachtung nicht
abbringen lassen durch die Schmähreden von solchen, welche die Bedeutung
und Tragweite vereinzelter Thatsachen übertreiben, ohne die ihren Theorien
entgegenstehenden Facta in Rechnung zu ziehen.
Nein! die D a r w in ’sehen Untersuchungen in Ehren, aber die weitgehenden
Schlussfolgerungen, wie sie vielfach darauf basirt werden, müssen
zur Zeit noch als unzulässig und unwissenschaftliclUbezeichnet werden, da
die Kette von Beweisen nicht so vollständig ist, um die Fragen augenblicklich
schon für spruchreif zu erklären, also z. B. die Abstammung des Menschen
vom Affen noch keineswegs als eine erwiesene Thatsache hingestellt werden
kann. Wer gern über ein wissenschaftliches Thema phantasirt, findet in
den naturphilosophischen Anschauungen gewiss .einen reichen und anziehenden
Stoff, die strenge Untersuchung wird indessen einen viel langsameren, mühsameren
Weg gehen müssen.
Wenn Jemand in diesem Buche Aufschluss zu finden erwartet über
die Frage: Ob Affe, oh nicht? so dürfte er sich ebenso getäuscht sehen,
wie der, welcher über die Zahl der Paradiese Auskunft verlangt; dagegen
dürfte derjenige seine Rechnung dabei finden, welcher eine nüchterne,
ungeschminkte Beschreibung der südafrikanischen Völker sucht, soweit eine
solche nach dem heutigen Stande der Wissenschaft möglich ist. Manches
trockene Factum, welches zur Zeit unverbunden eingereiht werden muss, wird
sicherlich später nach Erweiterung .unserer Kenntnisse sich ohne Zwang
einfügen und eine passende Würdigung finden, ohne dass man nöthig hätte,
den Boden der wissenschaftlichen Untersuchung zu verlassen.
Bei Vergleichung der hierhergehörigen Autoren, welche der Verfasser
an geeigneter Stelle zu benutzen und mit einander in Einklang zu bringen
versucht hat, ergehen sich Abweichungen von dem Thatsächlichen hauptsächlich
durch das Auftreten von Partheiansichten, welche zurückzuführen
sind auf jenen Streit, ob ein Menschenpaar oder mehrere als Stammältern
zfi betrachten seien.
Meistens stehen die Autoren dabei auf dem biblischen Standpunkt,
indem sie grossentheils zur Klasse der Missionäre, Geistlichen etc. gehörten,
oder, nicht willens eine eigene Stellung zu behaupten, sich diesen
anschlossen. Einzelne rationale Philologen machten wohl dagegen eine
mehr oder weniger offene Opposition, doch ist die Zahl der naturwissenschaftlich
gebildeten Autoren über Afrika leider überhaupt eine geringe,
und die Schwierigkeiten eine Verständigung herbeizuführen, werden um
so grösser, als nur die Wenigsten anatomische Kenntnisse besassen. Ohne
solchen Anhalt erscheint es nicht wunderbar, dass Viele, geleitet durch
die Vorliebe und das Interesse, welches sie für die Stämme, unter denen
sie gerade verweilten, gefasst hatten, sich einer gewissen Schönfärberei
in Beziehung auf dieselben schuldig gemacht haben.
Die Autoren, welche über die nördlichen Küstenländer allein schrieben,
kommen hier weniger in Betracht, da diese Gegenden, mit Europa
durch das Meer verbunden, vom übrigen Afrika aber durch die Sahara
getrennt, ihre eigene Geschichte durchgemacht haben, und die Beziehungen
zu südlicheren Gebieten nur stellenweise hervortreten. Dagegen sind die
Länder jenseits der Wüste, der sogenannte Sudan, sehr, wichtig und
müssen dieselben bei einer allgemeinen Betrachtung afrikanischer Ethnographie
den Ausgangspunkt ahgeben. Hierin hat sich besonders unser
berühmter Landsmann B a r t h Verdienste erworben, indem er mit kühnem
Geiste auf den lange verlassenen Strassen durch die Wüste vordrang
und mit sorgsamer Hand die Spuren .aufdeckte, welche die untergegangene
Cultur in ihrei; Nähe zurückgelassen hatte; er erreichte als einer
der ersten Europäer das vergessene Timbuctu und reihte es wie ein glücklich
erhaltenes Stück des Alterthumes wieder in die Geschichte ein. Das
reiche und schätzbare Material, welches dieser Reisende geliefert hat, trug
wesentlich zur Erweiterung unserer Kenntnisse auch der Bevölkerung des
Sudan b e i, aber es lässt sich doch nicht verkennen, dass die Angaben aus
der Feder eines Philologen stammen, und es bleibt Manches unklar, was
eine naturwissenschaftliche Darstellung leicht in genügendes Licht hätte
setzen können. Vielleicht würde V o g e l zur Ergänzung wesentlich beigetragen
haben, wenn ein ungünstiges Geschick ihn nicht so früh seiner
eifrigen Thätigkeit entzogen hätte. Durch G e r h a r d R o h l f s ist von anthropologischen
Notizen bisher noch relativ wenig in die Oeffentlichkeit gelangt,
auch tragen seine Mittheilungen einen zu allgemeinen, ethnographischen
Charakter, um zur Entscheidung von Streitfragen benutzt werden zu können,
die naturwissenschaftliche Kenntnisse verlangen.
Das centrale Westafrika ist in neuerer Zeit durch das Werk des
Reisenden d u C h a il l u etwas bekannter geworden, eines Mannes, der
unzweifelhaft seine Darstellungen vielfach aüsgeschmückt und ihnen einen
romantischen Charakter zu verleihen gesucht hat, leider sehr zum Nachtheil
derselben, indem wegen dieses Umstandes ihre Glaubwürdigkeit von den
verschiedensten Seiten in energischer Weise angegriffen wurde. Es stellt
sich nun heraus, dass in der That der grösste und wichtigste Theil seiner
Angaben auf Wahrheit beruht, der Autor hat unter Ändern in Professor
O w e n einen eifrigen Vertreter gewonnen, und mir selbst ist ein reiches
Material westafrikanischer Schädel durch die Hände gegangen, welche
du C h a il l u als ein deutliches Zeichen seiner angestrengten Thätigkeit in
besagten Gegenden gesammelt hat.
Eine ganze Reihe von Niger expedí tionen, unter denen die M u n g o -
P a r k ’s wohl die bedeutendste war, und einzelne kleinere Reisen im Congo-
Gebiet geben weitere Aufschlüsse über die Ethnographie des Nordwesten und