Thatsachen mit Rücksicht auf die Eingeborenenbevölkerung geknüpft werden,
entbehren der sachlichen Begründung.
Wenn auch angenommen wird, dass die Seefahrenden in der Länge
der Zeit mehrfach am Lande verweilten und sogar Korn bauten, um ihre
Yorräthe wieder zu vervollständigen, so können sie wohl Colonien gebildet
haben, welche für eine Reihe von Monaten bestanden; dass diese temporären
Colonien aber die Ausgangspunkte für die heutige Eingeborenenbevölkerung,
soweit sie zu den Koi-koin zählen, hätten abgeben können, wird bei vorurteilsfreier
Betrachtung der von den letzteren gegebenen Beschreibung-
schön als unhaltbar erscheinen. Man vergegenwärtige sich ausserdem die
kleine Schaar von Fremdlingen männlichen Geschlechtes, sich anklammernd
an die Küste und die See, ihre zweite Heimath, welche an günstiger Stelle
ihre spärlichen Feldfrüchte in beständiger Erinnerung an die ersehnte
Rückkehr cultiviren, und blicke dann auf die Viehzucht treibenden, uncivi-
lisirten Nomaden, welche die endlosen Steppen durchziehen, oder die wilden
Höhlen bewohnenden Jäger der Wildniss, um sich die ganze Kühnheit der
Theorie klar zu machen.
Leider ist dieser schwache Versuch, die Bevölkerung Süd-Afrika’s an
der Hand der Geschichte mit bekannten Nationen in Verbindung zu bringen,
der einzige, welcher bisher versucht werden konnte; denn nach dieser sagenhaften
Erzählung Herodots folgt ein unbeschriebenes Blatt der Geschichte,
welches den enormen Zeitraum von 1400 Jahren umfasst. Auch dann
beziehen sich die mangelhaften Berichte nur auf den Theil der Ostküste,
welchen die Araber bei ihrem Sclavenhandel besuchten und dabei oberflächlich
kennen lernten, d. h. etwa so weit nach Süden bis zur Delagoa-Bay,
von den Arabern Dugutha genannt. Ueber die südlicheren Gebiete wurde
in dieser Periode Nichts bekannt und erst das fünfzehnte Jahrhundert brachte
einiges, Licht in die dunklen Verhältnisse.
Von beiden Küsten her näherten sich die Entdeckungsfahrten allmälig
mehr und mehr der Südspitze, indem 1480 östlich Sofala, westlich 1486
Cape-Cross an der Walfish-Bay von Europäern besucht wurden., Sechs
Jahre später geschah dann das wichtigste Ereigniss, von dem eine neue Zeit
für Süd-Afrika datiren sollte: die Umsegelung des Cap durch Ba r t h o lo m e u s
D ia z , welcher auf dieser Fahrt östlich bis zum grossen Fischfluss vordrang.
Es folgten nun neue Entdeckungsreisen, unter denen die des V asco
d e G am a von den bedeutendsten Folgen waren. Auf einer derselben (1497)
geschieht auch der Eingeborenen eine besondere Erwähnung, indem angegeben
wird, dass d e G am a am Ufer der St. Helena—Bay, als er beschäftigt
war, die Sonnenhöhe zu nehmen, von einem Trupp der feindlichen Bewohner
überfallen und durch einen Pfeil in’s Bein verwundet wurde. Auf derselben
Fahrt entdeckte er am 25. December die Küste von N a ta l, welche von dem
Datum (Dies natalis) ihren Namen empfing, und besuchte auch verschiedene
andere Punkte der benachbarten Küsten.
Es war so der Weg eröffnet, auf welchem sich bald mehr Nachfolger
fanden, und am Anfang des neuen Jahrhunderts begannen die Portugiesen
bereits im Westen bei Angola ihre Niederlassungen zu gründen.
Von dem Beginn des sechszehnten Jahrhunderts aber werden dann die
Nachrichten zahlreicher und bestimmter, so dass sich auch die südlichsten
Gegenden wirklich in unsere Geschichte einreihen lassen. Gerade diese
erweckten ein besonderes Interesse, da der lange aber wichtige Seeweg nach
Indien es wünschenswerth erscheinen liess, auf halber Entfernung eine
Erfrischungsstation zu* haben, wo man süsses Wasser und neue Vorräthe
einnehmen könnte. So besuchten die Schiffe aller, seefahrttreibenden Nationen
das Cap, welches damals noch einen ganz neutralen Charakter behielt,
während an-der Westküste, wie später auch an der Ostküste, (Eroberung
von Sofala 1 5 0 8 ) die Portugiesen sich mehr und mehr, natürlich mit Unterdrückung
der Eingeborenen, festsetzten, da sie in dieser Zeit dem Sclavenhandel
jeden Vorschub leisteten.
Von der Capregion wird hinsichtlich der Eingeborenen wenig Wichtiges
erwähnt, ausser dass 1 5 0 8 der aus Indien zurückkehrende, erste portugiesische
Vicekönig Francisco d’Almeida an den Ufern der Tafelbay in einem Streit
mit denselben erstochen wurde. In dieser Zeit erschienen auch die ersten
Publicationen, welche eine Beschreibung der Gegenden und ihrer Bewohner
enthielten, dies war S a n t o ’s Werk über Ost-Afrika ( 1 5 0 6 ) und etwas später
eine Beschreibung des Vorgebirges der guten Hoffnung und Kaffraria durch
den Portugiesen L o p e z ( 1 5 9 1 ) . - Im Jahre 1 6 2 6 folgte ihm alsdann der
Reisende H e r b e r t , welcher in seiner Reisebeschreibung auch eine Abbildung
der Eingeborenen des Cap beibrachte, die allerdings auf Naturwahrheit
keinen Anspruch machen darf.
Die öffentliche Aufmerksamkeit hatte sich nun schon sehr stark den
in Rede stehenden Gegenden zugewandt, und nach mehreren unfruchtbaren
Besitzergreifungen verschiedener Nationen waren es die Holländer, welche
zuerst praktisch damit vorgingen, eine wirkliche Erfrischungsstation mit
dauernder Niederlassung an der Tafelbay anzulegen.
Es geschah dies bekanntlich im Jahre 1 6 5 2 unter v a n R i e b e c k , dessen
Anlagen den Ausgangspunkt für die ganze Colonisirung Süd-Afrika’s ab-
gaben.
Gründung und Entwickelung der Colonie.
Die Niederlassung, welche ursprünglich allein den Zweck hatte,
Provisionen an frischem Fleisch und Gemüse für die ankommenden Schiffe
bereit zu halten, musste natürlich mit den Eingeborenen des Landes Bezie-
F r its c h , Die Eingeborenen Süd-Afrika’s. 29