Auch andere, mehr unbeachtet gebliebene Trupps von dieser Race
scheinen in unmittelbarer Nähe des Cap gehaust zu haben, doch sind dieselben
bald verschwunden, ohne dass genauere Daten darüber gewonnen
werden konnten. So hat D a p p e r 1) in dem bereits mehrfach angeführten
Werke, nachdem die gelbbraune Hautfarbe der Capbewohner richtig angegeben
worden ist, eine Notiz eingeflochten, worin er sagt, die an der
Vleesch—Baay (eine kleine Bucht etwas östlich vom Cap) seien kleiner von
Gestalt und rothbraun von Farbe, wenn auch die einen mehr als die anderen.
Die weitere Betrachtung wird ergeben, dass eine Berechtigung vorliegt,
diesen in den Felsklüften der Küste lebenden Trupp von Eingeborenen
ebenfalls für Buschmänner zu halten. Mag man indessen auch nicht im
Stande sein, im einzelnen Falle den Beweis so zu führen, dass aller Zweifel
schwindet, so bleibt doch sicher, dass die Colonisten in grösserer oder
geringerer Nähe des Cap bald hier bald da auf die Soaqua, die später häufiger
Sonqua oder Souqua genannt werden, stiessen, und diese Begegnungen
werden in den officiellen Berichten mehr oder weniger eingehend behandelt.
Die Bergketten, welche das Innere von dem-Littorale der Colonie
trennen, sowie die öden Flächen dahinter waren damals ein Lieblingsaufent-
halt dieser Stämme, und es werden diese genannten Gegenden schön sehr
frühzeitig2) als ihre Wohnplätze bezeichnet. An der angeführten Stelle heisst
es nämlich, dass die Soaqua, ein Volk ohne Vieh, das jenseits der Berge
wohnt (in het overgeberchte) und wesentlich aus Banditen besteht, versprochen
flauen uns von dort her junge Pferde (junge Quagga’s?) zu bringen.
Dass sie diese steilen, zerklüfteten Felsketten nur als Schlupfwinkel inne
hielten und von dort her das ganze Cap unsicher machten, wurden die
Colonisten sehr bald gewahr, und es folgten Conflicte, worüber in dem
Kapitel »Geschichte« das Nähere einzusehen ist.
A u ch d ie H o t t e n t o t t e n s t ämme der Na c h b a r s c h a f t l a g e n
s chon damal s in b e s t ä n d i g e r F e h d e mi t den Bu s c hmä n n e r n , so
dass die Berichte voll sind von solchen Streifzügen, bei welchen die Art des
Verfahrens, besonders die Vereinigung sonst getrennter Stämme gegen dieselben
als gegen einen gemeinsamen Feind, die rücksichtslose Auslieferung
oder Tödtung der Gefangenen, die ausserordentliche Nichtachtung von
Seiten der anderen Eingeborenen etc. erkennen lässt, dass eine tief -durchgreifende
Trennung beider Völker damals schon existirte3).
Unter den Nachfolgern v a n R ie b e c k ’s , als Manches, was die ersten
Erfahrungen gelehrt hatten, schon wieder theilweise vergessen war, begegnen
wir in den Berichten Notizen, welche auf einem unabhängigen und mehr
objectiven Standpunkte stehen, als die der Gründer. Interessant wegen der
| D. a. a. O. p. 268.
2) Cape Rec. p. 222.
3) Vergl. z. B. H arry’s Bericht über die Vischman. Cape Rec. Januar 1663.
Ausführlichkeit ist für die hier vorliegenden Fragen besonders eine Stelle
aus dem Bericht einer zur Aufsuchung von Monomotapa abgesandten Expedition,
welche besagt, dass die Truppe, nachdem sie 48 Meilen vom Cap
■ aus*) vorgedrungen- se i, sich genöthigt gesehen habe, na ch No r d e n zu
gehen. Dort habe sie ein gewisses; armes Volk gefunden, von kleiner
Gestalt, die ihnen bei dem Uebergang über die e r s t e n Berge behülflich
gewesen wären und viel Freundlichkeit erzeigt hätten durch Darreichung
von getrocknetem Fisch und Honig. ¿.nSie s ind das se lb e k l e in e Vo lk ,
we l c h e s f rühe r von u n s e r e n R e i s e n d e n auch nähe r g e f u n d e n
wurde ; sie waren sehr abgekommen und lebten in niedrigen, ärmlichen
Hütten, von Zweigen gemacht, welche unsere Leute hier und da unbesetzt
fanden; es scheint, dass sie die Nacht in diesen Schirmen zubringen. Sie
sind reich versorgt mit Pfeilen, mit welchen sie es wohl verstehen, Wild
zu tödten, auch nähren sie sich yon Honig; bekleidet sind sie mit viel
schlechteren Häuten (wilder Thiere) als die Hottentotten, und sie sind nicht
so eingefettet; denn Fettigkeit ist ein Zeichen von Wohlhabenheit an Vieh,
von günstiger Lebensstellung etc. Sie haben ebenfalls gekräuseltes Kaffer-
haar und sind von derselben Farbe (wie die Eingeborenen der Nachbarschaft
?|>,; ihre Aussprache ist etwas abweichend, obwohl sie dasselbe Glucksen
wie Truthähne an sich haben-«2).
Es giebt diese Stelle, welche wörtlich angeführt wurde, in nuce' eine
charakteristische und nicht zu bezweifelnde Beschreibung der Buschmänner,
bis auf die übersehene Abweichung der Hautfarbe, und diese Angaben
erscheinen um so wichtiger, als die Identität der Beschriebenen mit Eingeborenen,
die früher auch näher am Cap vorkamen, ausdrücklich betont wird.
Dass die etwas entfernteren Gegenden, der Zak-Rivier-District, das
Roggeveld und vor Allem.der Sneeuwberg von jeher Jagdgründe und Schlupfwinkel
der Buschmänner abgaben, dürfte man schon aus den überall auftauchenden
Angaben über Räubereien und Diebstähle, welche in den ge-
. nannten Löcalitäten von diesem Volke ausgeführt wurden, mit Sicherheit
- schliessen; die Thatsache wird aber über allen Zweifel gestellt durch die
'Geschichte des ersten, grossen Commando’s gegen die Buschmänner im
. Jahre 1774, wo besonders der Sneeuwberg und seine Nachbarschaft berüchtigt
wurden durch die schrecklichen Metzeleien unter diesen unglücklichen Eingeborenen.
Wie L ic h t e n s t e in solchen Thatsachen gegenüber angeben konnte, die
Colonisten hätten erst die Buschmänner vom Oranje-Rivier her durch die
') Die Entfernungen sind zugestandenermaassen mehr nach den Vorgefundenen
Schwierigkeiten als nach der wirklichen Entfernung angegeben und sind durchschnittlich
viel zu gross. Da die Richtung nach Norden erst nach Erreichung der Entfernung von
48 Mijlen eingeschlagen wurde, liegt der bezeichnete Ort sicher nicht viel nördlicher als
das Cap selbst.
2) Cape Rec. p. 224.