die Beschreibungen der Gesichtszüge, indem hierbei die Einen stets bemüht
gewesen sind, sie als möglichst abschreckend darzustellen, die Anderen im
Gegensatz möglichst viele Schönheiten an ihnen zu ünden suchten. D a p p e r
hat allerdings so viel festgestellt / dass die Hottentottenfrauen etwas platte
Nasen haben, doch werden nach ihm auch welche von so zierlichen Gesichtszügen
gefunden1) (zoo besneden van troni), »dass man dieselben mit
dem Stift abzeichnen könnte« {!?). K o l b e n ^) ereifert sich sehr über den
alten A n d e r s o n , dass er das Aussehen dieser Stämme als so hässlich ge-,
schildert hätte, und erklärt ohne Weiteres die platten Nasen als eine Folge
davon, dass man den Kindern frühzeitig dieselben eindrückte, als wenn die
Spuren einer solchen Manipulation nicht noch später am Schädel zu bemerken
sein müssten. Die von A n d e r s o n richtig beobachtete Neigung der Haut
zur Faltenbildung leugnet er ganz und behauptet; es käme dies vor wie
überall in der Welt; nach K o l b e n ’s Angabe haben die Gesichtszüge nichts
Fürchterliches, Scheussliches oder Wildes an sich, »vielmehr ¡leuchtet ein
erijsthafftiges Wesen, das aber mit Freundlichkeit vermischet ist, aus ihrem
Antlitze hervor«.
In allen den Wust von Phrasen hat auch hier B a r r o w Licht gebracht,
nachdem S p a r e m a n n , ein ausgezeichneter Beobachter, der leider den ethno-^
graphischen Fragen offenbar weniger Bedeutung beilegte als den zoologischen,
etwa 20 Jahre früher schon manche treffende Bemerkung über diesen Gegenstand
gemacht und eine Reihe historisch gewordener Fabeln energisch angegriffen
hatte.
B a r r ow hat zuerst den eigenthümlichen Schnitt des Gesichtes bemerkt,
welcher mir unabhängig von dem früheren Beobachter in derselben Weise
aufgefallen ist und als ein durchgreifendes Merkmal für die. Stämme' der
Hottentotten erscheint. Der genannte Autor drückt sich über den fraglichen
Punkt folgendennassen aus: »Die Backenknochen sind hoch und vorstehend
und bilden mit dem spitz zulaufenden Kinn fast e in D r e ie ck «® ;..,,
Indem ich diesen Satz ausdrücklich annehme, möchte ich ihn nur
noch dahin erweitern, dass auch die obere Hälfte des Gesichtes eine Hinneigung
zur dreieckigen Form zeigt, indem der Kopf sich, nach vorn stark
verschmälert, wenn auch eine schmale Stirn nicht in demselben Grade wie
ein spitzes Kinn als Dreieckswinkel imponiren kann. Ich glaube, dass man
sich bei reiner Race trotz der selbstverständlichen Abrundung des Scheitelgewölbes
die hier angedeutete Bildung in den meisten Fällen wird deutlich
machen können, und ich lege um so mehr Gewicht darauf, da etwasAehn-
liches bei den anderen Stämmen, selbst bei den näher stehenden Buschmännern
nicht vorzukommen pflegt. Vielleicht hat B a r r o w , eben weil er
Siehe pag. 151.
2) K. a. a. O. p. 50.
Hottentotten und Buschmänner in tendenziöser Weise vereinigte, dieses als
dann unhaltbare Merkmal absichtlich unerwähnt gelassen.
Von den beigegebenen Portraits lassen mehrere die beschriebene Eigentümlichkeit.
erkennen, obgleich allerdings die Beschränktheit des • Materials
nicht -gestättetey eine solche Anzahl von Fällen beizubringen, als wünschensw
e r t erscheinen möchte. Sollten diese'Abbildungen für nicht hinreichend
beweisend gehalten werden, so muss zur weiteren Bekräftigung der Behauptung
auf die unten folgende Beschreibung der Schädel hingewiesen werden.
Unter, den Portraits erscheint, als ;beste Illustration der erwähnten Gesichtsbildung
das Enfaee eines in der Herrnhuterstation Siloh aufgezogenen Hottentottenmädchens
(Taf. XXII, Fig. 2 a) ; aber auch die anderen hierher gehörigen
Köpfe zeigen dieselbe, obwohl natürlich nicht immer in gleich hohem Grade.
Die Contouren-des Gesichtes lassen sich
also umschreiben anstatt mit einem mehr
oder weniger regelmässigen Oval durch ein
verschobenes Viereck, dessen Diagonalen
horizontal und vertical gestellt sind.
Dies ist der originelle Rahmen, in welchen
die anderen zum Theil nicht weniger
sonderbaren Züge des Gesichtes eingetragen
sind: Es fällt beim ersten Blick in die Augen,
dass die Nase sehr abweichend gebildet-ist;
allerdings treten hier wie überall starke individuelle
und Familienunterschiede hervor,
aber durchschnittlich' ist die Nase ausserordentlich
flächbesonders an ihrer Wurzel,
wo. häufig eine eigentliche Wölbung der
Nasenbeine gar nicht erkennbar ist (siehe
Taf. XXII, Fig. 2 b), Im Verlauf nach unten Fig. Alter Hotteatot der coionie.
kann sie sich mehr erheben, doch bleibt der
Rücken ebenfalls in den meisten Fällen flach,
•sattelförmig, und die Spitze, welche gewöhnlich stark abgerundet ist, erscheint
aufgestülpt und überragt den flachen Rücken beträchtlich, was besonders,
im Profil deutlich hervortritt (Taf. X X I , Fig. t h ; Taf. XXII,
Fig. 2b; Taf. X X III, Fig. Ib u n d 2 h ) , Zuweilen macht sich die letztere
Eigentümlichkeit nicht bemerklich, sondern die immer noch schwach
entwickelte Nase geht durch den massig concaven Rücken direct in die abgerundete
, nicht aufgestülpte Spitze .über (Taf. XXV, Fig. 1); dies sind die
Fälle von v e r h ä lt n is sm ä s s ig guter Entwickelung der Nase (tolerably
raised, B a r r o w ) , doch treten sie nicht sehr zahlreich auf und erscheinen
auch so noch auffallend genug.