Macht messingne Kronen, während die kleineren Häuptlinge in gleicher
Absicht lange Bambusrohre mit einem metallnen Knopfe erhielten.
K o l b e n spricht bei seiner Neigung, das, was er erzählt, nach Möglichkeit
herauszuputzen, stets von Obersten, von Königen und von Nationalversammlungen,
die an einem bestimmten Orte des Reiches zusammen zu
kommen hätten, und fuhrt dadurch zu falschen Vorstellungen, ohne dass
die Grundlage für seine Angaben unrichtig ist. Es entwickelt sich dies
Alles ohne die Gespreiztheit und Wichtigthuerei, welche wir in Europa für
dergleichen Dinge nothwendig erachten: die Europäer mussten die Eingeborenen
erst darauf bringen, äussere Abzeichen ihrer Würde anzulegen,
vorher vermissten sie dieselben nicht. Trotzdem ist der Einfluss der Häuptlinge
kein unbedeutender, derselbe entzieht sich nur den Blicken mehr als
bei ändern Stämmen. Sie leiten die Rechtsverhandlungen je nach der Wichtigkeit
der Sache in dem Kreise, über den sie Autorität haben, stellen die
Meinung ihres Beirathes fest, nachdem die Anwesenden für und wider zur
Sache gesprochen haben, und veranlassen die Erfüllung des gefällten Urtheils.
Wurde die Todesstrafe über Jemanden verhängt, so soll der Vorsitzende
nach Beendigung des Verfahrens sofort selbst den ersten Streich gegen den
Verbrecher geführt haben , worauf die Uebrigen sich der Reihe nach an der
Execution betheiligten. In wie weit diese Angabe begründet ist, lässt sich
heut nicht mehr feststellen, ebensowenig wie die Verbrechen, wegen welcher
solche Strafe verhängt wurde. Das ganze Verfahren trägt, trotz den Lobeserhebungen,
welche von den alten Autoren demselben gespendet werden,
den Charakter der Lynchjustiz, und das Strafmaass wird dabei wohl sehr
von der Laune des Gerichtshofes und des Häuptlings abhängig gewesen
sein. Als strafbare Vergehungen galten besonders: Mord Diebstahl, Ehebruch
und Blutschande, in welch letzterem Punkte die Hottentotten so
streng gewesen sein sollen, dass sie nicht einmal Geschwister-Kindern des
ersten oder zweiten Grades die Heirath erlaubten.
Ausser der Todesstrafe, welche jedenfalls sehr selten verhängt worden
ist, waren Vermögensstrafen, ebenso wie bei den A-bantu, die üblichsten,
und dieselben wurden in gleicher Weise nach Stücken Vieh berechnet. Auch
beim Civilprocess handelte es sich in der Regel um den Besitz oder die
Erstattung von Vieh, welches fast allein das Vermögen der Leute reprä-
sentirte.
Abgesehen von den Rechtsstreitigkeiten wurden in den Rathsversammlungen
unter Vorsitz des Häuptlings alle Fragen erörtert, welphe das Gemeinwohl
der Horde betrafen. Hierher gehörte die Entscheidung über
etwaigen Wechsel des Aufenthaltes, über den Verkehr mit den Nachbarstämmen
und den Colonisten oder innere Angelegenheiten wie Feste, Darbringung
von Opfern und Aehnliches.
Die Hottentotten sind nie so zahlreich und organisirt gewesen, um in
ähulicher Weise als Kriegsmacht auftreten zu können wie die Ama-zulu und
selbst die Ama-xosa ; es fehlte ihnen dazu auch die körperliche Kraft und
der trotzige Sinn, welcher die Kaffern zum Kriege antreibt, aber man geht
zu weit, wenn man glaubt, sie hätten in Ruhe und Frieden gelebt. Im
Gegentheil sind die ältesten Berichte voll von Notizen über ausgebreitete
Fehden der Stämme unter einander, sowie mit den Colonisten, die man
mit demselben Rechte Kriege nennen könnte, als die entsprechenden Kämpfe
bei den Ama-xosa, mag immerhin bei den Letzteren die Anzahl der sich
gegenüber stehendën Partheien durchschnittlich grösser gewesen sein. Auch
die Art des Kampfes war nicht wesentlich von derjenigen unterschieden,
welche die Stämme der Kaffern bei ihren innern Kriegen anwandten, d. h.
es wurde bei Beiden in aufgelöster Ordnung erst aus der Ferne mit Wurfgeschossen
gekämpft, und alsdann beim Weichen eines Theiles durch Nachdrängen
der Gegner das Gefecht' im Einzelkampf beendigt, nur benutzten
die Hottentotten mit Vorliebe zum Fernkampf Bogen und Pfeile, während
die Kaffern die Assegai vorzogen. In K o l b e n ’s Werk ist dies Alles gar
schön zu lesen, und Mancher lächelt gewiss ungläubig, wenn er liest,
wie Ersterer die Ablichtung und den Gebrauch der Kriegsochsen (Backelij)
beschreibt, die im entscheidenden Augenblick, wo die Schlacht steht, auf
Befehl des Feldherrn gegen die schwächste Stelle der feindlichen Reihen
losgelassen werden , welche sie in ihrer Wuth bald durchbrechen und den
Sieg entscheiden; es ist. aber hierbei zu bemerken, dass auch diese so
unwahrscheinlich klingende Sache ihr Körnchen Wahres enthält, denn noch
im Jahre 1851 wurden im Gefecht bei Siloh und lKhittlesea von den auf-
lührerischen Hottentotten wild gemachte Ochsen den Colonisten entgegen
getrieben, um den Angriff zu decken und Verwirrung zu verbreitenj) . Auch
darin hat K o l b e n gegenüber W ood’s Angabe gewiss Recht, dass diese Fehden
nicht ohne jede Oberleitung geführt wurden, ebensowenig als es jetzt noch bei
den verwandten Stämmen geschieht, wenn auch die Fechtart keine geschlossene
ist. Wie in den ältesten Zeiten die Nameii eines Doman, Gonnoma und
andeier als Anführer bei den Kämpfen auftauchen, so später eines Kapitain
Ruyter, Klaas und David Stuurman, TJithaaldei' und in unseren Zeiten die
der beiden Jonker Afrikaner bei den Namaqua, des Barend Barends bei den
Korana, der beiden IVaterboer bei den Griqua und es sind ihre Thaten der
Geschichte einverleibt. Wodurch W o o d 2) darauf kommt, dass jeder Beliebige,
selbst »a mere boy«, wenn er nur den nöthigen Mutli zeigt, die Führung
an sieh zu reissen pflege, vermag ich nicht anzugeben.
Die Ursachen zu den Kriegen sind hier wie bei den meisten ändern
Stämmen in Ermangelung weiterer politischer Gesichtspunkte, fast allein
Beeinträchtigungen des materiellen Intéressés eines Stammes von Seiten der
*)' A Narrative of the Kafir war of 1850 —52 by Godlonton.
2) A. a. O. pag. 262.