Grundlage dieselbe ist, nämlich eine Anzahl Stöcke, im Kreise eingepflanzt,
nach der Mitte heruntergebogen und zusammengebunden. In der weiteren
Ausführung sind die Kaffern aber sorgfältiger; bei den Herero ist die Hütte
noch mehr temporär und da die wesentlichen Theile beim Ortswechsel mitgenommen
werden, so ist Alles sehr schwach und leicht zusammen gefügt.
Zur Ausfüllung der Lücken des Gerüstes benutzt man Buschwerk und Gestrüpp
, welches möglichst eng in einander geflochten, dann mit Lehm oder
in Ermangelung dessen mit Kuhmist gestrichen wird, und die Oberfläche
zeigt also nicht die parallelen Streifen der Kaffernhütte, sondern das Ganze
hebt sich von dem Gestrüpp der Umgebung nur wenig ab. Auf Figur 53
ist eine solche Behausung dargestellt, welche eine Vorstellung von den
Dimensionen geben wird; die niedrige Thür, durch die man nur kriechen
kann, befindet sich an der linken Seite, doch ist die Stelle nur leicht, angedeutet.
Ist das Gefüge der Bedachung nicht dicht genug für die Anforderungen
der Bewohner, so deckt man noch Ochsenhäute darüber, die je
nach Gefallen auch wieder gelüftet werden können.
Zu einer Niederlassung der O va-herero gehören ausser den Hütten,
welche keine besondere Ordnung einzunehmen pflegen, natürlich auch Viehkraale,
deren Anfertigung derjenigen anderer R«wrf«-Stämme ähnlich ist.
3. Sitten und Gebräuche der 0 va-herero.
Auch bei den Herero ist der Charakter des Hirtenvolkes deutlich ausgesprochen
und sogar noch stärker als bei den vorher beschriebenen Stämmen.
Viehzucht ist ihre wichtigste Beschäftigung und liefert den hauptsächlichsten
Unterhalt; Ackerbau tritt dagegen noch mehr in den Hintergrund
als sonst, und sie heissen daher mit Recht Yieh-Damara. Die schwärmerische
Zuneigung der Leute zu ihren lieben Ochsen ist mindestens eben
so gross als bei den Kaffem, es dreht sich ihr Gespräch mit besonderer
Vorliebe um diesen Gegenstand, und ihre Gedanken sind am häufigsten bei
denselben.
Im Vergleich mit den östlichen Bantu -Völkeril sind sie noch unstäter
und weniger organisirt. Wie sie in verhältnissmässig später Zeit von Nord-
Osten her in ihre jetzigen Wohnsitze eingewandert zu sein scheinen, so
binden sie sich auch* jetzt ’noch wenig an die Scholle, welche sie gerade
bewohnen, sondern wechseln häufig den Aufenthalt, wie es die Rücksicht
auf die Heerden wünschenswerth erscheinen lässt. Grosse Schätze haben
sie nicht zu transportiren, bedeutende Anlagen in Feldern und Gärten lassen
sie nicht hinter sich, »und schnell erstehen die leichten Hütten wieder ct.
Es bilden sich so , je nachdem das Vorhandensein von Weide und Wasser
es gestattet > kleinere Abtheilungen im Volke, deren innere Organisation
patriarchalischer Natur ist, und zwar gilt das Familienoberhaupt, welches
sich zuerst an dem betreffenden, zur Zeit unbesetzten Ort niedergelassen
hat, als der Führer der ganzen kleinen Gemeinschaft; die später Kommenden
müssen seine Erlaubniss zur Niederlassung haben, da er durch die
Besitzergreifung Herr geworden ist über das Wasser.
Die Familie selbst gliedert sich in ähnlicher Weise wie bei den übrigen
Bantu-Völkern, indem auch hier Polygamie Sitte ist, eine der Frauen aber
sich vor den ändern an Rang auszeichnet und als die »Grosse« bezeichnet
wird. Die Zahl der Frauen ist meist nicht bedeutend, viele leben sogar
monogamisch, doch ist dies kein Grund um anzunehmen, dass Monogamie
die ursprüngliche Form der Eheschliessung gewesen is t, wie es J. H a h n
thut, indem die Leute Sich aus Armuth mit einer Frau begnügen, nicht
aus Neigung, was auch unter den muhammedanischen Bevölkerungen das
allergewöhnlichste Vorkommniss ist, ohne dass Jemand bestreiten dürfte,
Polygamie sei Landessitte. Dass eine Frau als die Erste g ilt, pflegt auch
sonst in polygamischen Verhältnissen vorzukommen, und wir sehen bei den
Kaffern den Rang sogar mehrfach eingetheilt. Die dritte Art der Familie,
welche J. H a h n den Herero vindicirt, die Polyandrie, ist nur ein weiteres
Zeichen dafür, dass Armuth und niedrige Gesinnung dieselben veranlasst
sich irgendwie zu behelfen, die Polyandrie ist also keine S i t t e , sondern
eine U n s i t t e , welche sie sich bei der Laschheit ihrer Anschauungen nicht
übel nehmen. Es hat sich für dies Verhältniss eine gewisse Form und
besondere Bezeichnung eingebürgert, die Sache selbst findet sich aber auch
bei benachbarten Stämmen. Dieselben haben nämlich eine Art der Verbrüderung
zwischen Personen desselben Geschlechtes, welche sie dann
» Omapangaa. [Oupanga nach J. H a h n ) nennen. Sind Männer in dem Verhältniss
zu einander, so haben sie ihre Frauen gemeinsam, es findet also
Polyandrie statt; handelt es sich aber um Personen weiblichen Geschlechtes,
die Omapanga sind, so bedeutet dies, sie treiben gewohnheitsgemäss Unzucht
mit einander, was mit Wissen und Willen der Aeltern geschehen
kann ( R a t h ) *: " . . . .
Das Schwankende im Charakter der Herero, sowie ihre Indolenz prägt
sich in allen diesen Verhältnissen aus; sie haben es daher auch zu keiner
festeren Organisation gebracht, und diese Zersplitterung in einzelne kleine
Abtheilungen ist ein Hauptgrund zu ihrer Unterdrückung durch die viel
schwächeren Namaqua geworden. Während bei den Xosa stets ein Oberherr
vorhanden ist, der erforderlichen Falls als der Führer der Nation auftreten
kann und bei den Zulu der oberste Kriegsherr die Führung übernimmt, sind
die Herero nicht so wejt in der staatlichen Entwickelung gelangt, dass sie
ein gemeinsames Oberhaupt hätten, indem höchstens für Zeit sich die Menge
einem der vielen kleinen Häuptlinge unterordnete.