So ist die Zahlenangabe von 1000 waffenfähigen Männern für die
Kochoqua sicher nicht zu niedrig gegriffen, wenn man die ausführlichen
Berichte vergleicht, da die Furcht vor dem Stamm dazu beigetragen hat, sie
mächtig erscheinen zu lassen; 4000 ist wohl, die Weiber und Kinder eingerechnet,
die Gesammtzahl derselben höchstens gewesen; in ähnlicher Weise
möchte ich glauben, dass die Chorachouqua nicht mehr als etwa 2000 zählten,
was schon aus der verhältnissmässig geringen* Ausdehnung der nur als
Weideland benutzten Wohnsitze hervorgeht. Diese Stämme, zusammen mit
den auf 2 300 waffenfähige Männer geschätzten Goringhaicoina, sind aber
leider die einzigen, bei welchen Zahlenangaben gemacht werden; legt.man
dieselben bei der weiteren Schätzung zu Grunde, indem man je nach der
Ausdehnung, die einer Nation beigelegt wird, ihre Volkszahl abschätzt,
wobei die Hancumqua, Inqua, Heusaqua, Hout&mqua und Attiqua wegen
specieller Erwähnung ihrer Mächtigkeit höher anzuschlagen wären ..(etwa
10000—15000), die übrigen nebenbei erwähnten aber mit dem Durchschnittswerth
von 3000 einträgt, so erhält man eine Gesammtsumme von ungefähr
150000 für die Gruppe der erwähnten colonialen Hottentotten zur Zeit des
Eindringens der Europäer1).
Wenn nun auch eine Reihe von Stämmen nicht so früh bekannt wurden,
und also bei obiger Schätzung unberücksichtigt blieben, so ist es doch
mit Rücksicht auf die Unfruchtbarkeit der Gegenden, in welchen noch Abtheilungen
der Hottentotten gehaust haben könnten, nicht anzunehmen,
dass dies besonders zahlreiche Vereinigungen gewesen sind. 200000 dürfte
somit nicht zu niedrig gegriffen sein, um die ganze Bevölkerung zusammen
zü fassen; vielleicht war die Summe sogar nicht so gross. Eine so geringe
Volksdichte erscheint wohl auf den ersten Blick auffallend, aber der Gedanke,
dass man es mit Viehzucht treibenden Menschen zu thun hat, welche
grosse Flächen von W eideland brauchten und aus Nützlichkeitsrücksichten
vielfach den Wohnsitz wechselten, lässt es leicht begreifen, warum diese
Zahl sich so niedrig stellt.
In einem grossen Widerspruche, der aber nur scheinbar ist, steht es,
wenn man liest-, dass nach einem von der englischen Regierung angestellten
Census im Jahre 1868 die Zahl der echten (?) Hottentotten der Colonie noch
80000 betragen habe. Dass unter diesen 80000 auch nur zum grössern
Theile wirklich r e in e R a c e Vorgelegen hat, muss stark in Zweifel gezogen '
i) Sa lom o n führt a n , dass in den alten Berichten die Zahl der » Cachoqua« auf
18000 angegeben würde, und ein anderer Stamm, die » dionoqm« noch zahlreicher sein
sollte. Er verzeichnet nicht, wo die Notiz sich findet, die Cachoqm sind aber offenbar
identisch mit den erwähnten Kochoqua, weiche auf 1000 streitbare Männer angegeben werden.
Auf 18 Personen nur einen waffenfähigen Mann zu rechnen, dürfte entschieden
unrichtig sein, und ich glaube, Sa lom o n ’s Grundlage der Schätzung wird dadurch etwas
zu gross. E r erhält für die Hottentotten der Colonie die Summe von einer Viertel Million
welche Zahl sie wohl nie erreicht haben. Two lect. on the Nat. Trib. p. 33.
werden, da man weit durch die Colonie reisen kann, ehe es gelingt mit der
grössten Mühe ein Individuum ausfindig zu machen, wo der Verdacht der
Vermischung nicht gehegt werden darf.
Auf der ändern Seite bestätigt die hohe Zahl nur auf’s Neue die öfters
beobachtete Thatsache, welche den Philanthropen trösten muss, wenn er
ganze Bevölkerungen in ihrer Natürlichkeit verschwinden sieht: d a s s d i e s
e lb e n zw a r a l s s e l b s t s t ä n d ig e S täm m e zu G r u n d e g e h e n , in
ih r em B lu t e a b e r , w e n n ih r e O r g a n is a t io n V o r th e i le g e w ä h r t ,
a ls B e im e n g u n g n e u e r G e n e r a t io n e n , w e n ig s t e n s zum T h e i l ,
e r h a lt e n b l e ib e n .
1. Körperliche und geistige Entwickelung,
a. Aeussere Erscheinung.
Obgleich über die Hottentotten sehr Vieles gefabelt worden ist, und
auch in der That noch heutigen Tages ihre Abstammung in tiefes Dunkel
gehüllt lieg t, so lässt sich doch nicht verkennen;, dass manche der Autoren
das Charakteristische in ihrer äusseren Erscheinung viel richtiger aufgefasst
•haben als bei den Kaffern; die Angaben gehen fast nirgends bis zu solch
grasseh Widersprüchen aus einander, als sie oben (pag. 20, 21) angeführt
wurden. Es scheint, als wenn die hellere Hautfarbe ihre Gesichtszuge den
Reisenden verständlicher gemacht hätte, indem sich dem Europäer das Aussehen
eines hellpigmentirten Eingeborenen leichter einprägt und länger im
Gedächtniss haftet als eines Nigriüers. Der Beweis dafür liegt m der häufig
zu machenden Beobachtung, dass noch nicht lange im Lande verweilende
Weisse ihre schwarzen Diener nur schwer heraus zu finden vermögen, wenn
Sie unter einen Trupp von Stammesangehörigeh getreten sind, während auch
umgekehrt die Schwarzen sehr geneigt sind, ihre weissen Herren mit einander
zu verwechseln, die hellfarbigen Diener von Europäern aber ohne
Schwierigkeit erkannt werden.
Bei den ältesten Autoren tritt noch eine gewisse Unbestimmtheit und
Oberflächlichkeit der Angaben über die Koi-koin hervor, aber sie verliert
sich in den späteren, und selbst B a r r o w , dessen enthusiastische Schwärmerei
für die Kaffern ihn zu so unhaltbaren Auslassungen verleitet hat,
äussert sich über die Hottentotten recht verständig. Seine Beschreibung
enthält mehrere der' charakteristischen Eigenthümlichkeiten, welche in der
breitspurigen, naiven Darstellung, die Dappbr1) von ihnen giebt, nicht
angegeben sind.
Ij D. Neer-Aethiopien p. 268. Als Probe für d a r Uebrige möge hier die Beschreibung
der Frauen folgen: Het vrouvolk is klein von stal, — —, en worden daar eemgen