Unter den Bewohnern des Kafferlandes kam nun im Jahre 1857 die
durch die Vernichtung des Viehes unvermeidliche Hungersnoth immer
schrecklicher zum Ausbruch; an eine Erhebung gegen die Colonie war nach
Entfernung der Führer nicht mehr zu denken, und Tausende gingen auf die
elendeste Weise zu Grunde, andere retteten sich nur dadurch, dass sie als
Hülfe flehende Bettler den Beistand der Ansiedler nachsuchten, deren Verderben
sie zuvor geplant hatten. So trug dieser letzte Versuch, die Herrschaft
der weissen Race zu unterdrücken, mehr als alle früheren dazu bei,
eine neue Ordnung der Dinge herheizuführen, und die Reste der zerfallenden
Stämme in ein fruchtbringendes Verhältniss zu der Colonisation zu setzen.
Wenn sie auch in der Mitte des letzten Jahrzehend durch die erneute, freiwillige
Rückgabe des transkeyischen Gebietes in dem allmälig wieder anwachsenden
Uebermuth bestärkt wurden und wieder Spuren von Feindseligkeiten
zeigten, sind sie jetzt doch schon zu fest und sicher umklammert,
um einen erneuten Krieg mit Aussicht auf Erfolg führen zu können.
In den nördlich gelegenen Ländern-ist dagegen auch heute noch keine
dauernde Waffenruhe eingetreten. Die blutigen, hier- stattfindenden Kämpfe
sondern sich in-vier Gruppen: Die Ba-suto-Kriege, die Unterjochung der
Be-chuana durch die Trans-VaaKBoeren, die Raubzüge der Matahele und
die Kämpfe der Herero mit den Namaqua. Ueberblicken wir zum Schluss
den Gang der wichtigsten Ereignisse in diesen verwickelten, mit sehr wechselndem
Glück geführten Fehden, zu deren eingehender Geschichte bei der
noch jungen Vergangenheit kaum bereits das nöthige Material vorhanden
sein dürfte1).
Neuere Geschichte der Inlandstämme.
Bevor im Kafferlande der grosse Krieg der fünfziger Jahre zum Ende
gebracht wurde, kam auch in der Souvereignty der mühsam niedergehaltene
Zwiespalt der Partheien zum vollen Austrag. Vergeblich hatte Mafor Warden
versucht die Rolle des Vermittlers mit Erfolg durchzuführen, er sah
sich schliesslich genöthigt gegen Moshesh Front zu, machen und dabei die
kleinen Häuptlinge ¡¡inkonyella, MoroJco und Gert Taaibosch -als Bundesgenossen
zu benutzen. Ein erneuter Angriff gegen Molitsane im Jahre 1851
>) Einige der neueren Daten finden sich auch bereits in meinem Reisewerk gelegentlich
vermerkt; ausserdem wird hier wiederum auf die.Aufsätze der beiden H ahn (Theo-
ph ilu s und J osaphat) aufmerksam gemacht) welche wichtige Notizen über die Bamtb -
u n d Ilerero - Kriege enthalten.
wurde durch Eingreifen der Hauptmacht der Ba-suto beim Dorfe Kononyana
zurückgewiesen, wobei mehrere Hundert Ba-rolong, abgeschnitten auf einem
Plateau, gezwungen wurden, sich von den senkrechten Felsen herabzustürzen,
um den erbitterten Ba-suto nicht in die Hände zu fallen.
Warden erklärte nun Moshesh und Molitsani für Feinde Englands,
und diese Hessen, da der Bruch unvermeidlich war, ihren Unterthanen freien
Lauf, um an den Gränzfarmern, den Mantati, den Korana und Ba-rolong
nach Herzenslust Rache zu nehmen.
Damit dieser unerträgliche Zustand ein Ende fände, wurde Cathcart
mit 2700 Mann englischer Truppen nach der Souvereignty gesandt (deren
Beförderung 70000 Pfund gekostet haben soll), und die Streitmacht traf
im December des Jahres 1852 bei Plaatherg unweit Thaba-Bosigo ein.
Cathcart citirte die Führer dör Partheien zu einer Zusammenkunft, in der
Absicht, durch gegenseitige Entschädigung den Streit gütlich beizulegen,
doch blieb Moshesh wie gewöhnlich auf nichtigen Vorwand hin aus, und
wurde darauf verurtheilt, 10000 Stück Vieh und 1000 Pferde innerhalb
dreier Tage zu entrichten Eine in den nächsten Tagen veranstaltete persönliche
Zusammenkunft mit dem B a -su to -Häuptling blieb resultatlos, und
als darauf nur ein Theil des Viehes eingeliefert wurde , überschritt Cathcart
den Caledon und rückte gegen Thaba-Bosigd an.
Die Ba-suto stürmten plötzlich auf die vordringenden Truppen ein, von
denen drei Colonnen in verschiedener Richtung einen Vorberg, Berea genannt,
erstiegen, während sie mehr auf das Einfangen von Vieh als die
Aufrechterhaltung der Ordnung bedacht waren, und sollen ein erhebliches
Blutbad unter ihnen angerichtet haben, wenn auch die officiellen
Berichte davon Nichts wissen wollen. Mit Mühe erfochten sich die Colonnen-
fiihrer ihren Rückweg zur Hauptmacht, welche unterdessen unter Cathcart
selbst in die Ebene vor Thaba-Bosigo, ein Terrain von steilen Wasserrissen
fast netzförmig durchschnitten, geführt worden war. Als Moshesh vom
Gipfel des Thaba-Bosigo aus den General in dieser äusserst bedenkHchen
Stellung sah, soll er ausgerufen haben: »Morena a ka, morena a ka! ga u
tsebe ka mo u etsang ka teng! «-1) Er war indessen nicht darauf bedacht,
die Gunst der Verhältnisse zu benutzen, da der überlegte PoHtiker sich
bewusst war, dass ein entscheidender Sieg über die Engländer für ihn kaum
von bleibendem Vortheil sein dürfte, und erst spät erfolgte ein Angriff, wie
man sagt, gegen seinen Willen, den die eingeklemmten Truppen glücklich
zurückschlugen.
Trotz dieses für die Angreifer entschieden ungünstigen Ausgangs der
Schlacht bat Moshesh kluger Weise bald in der folgenden Nacht um Frieden,
den er auch erhielt, da Cathcart gewiss froh war, mit seinen in der Steppe
*') Zu Deutsch etwa: H e rr, H e rr, Du kommst, und weisst doch nicht, wohin Du
Dich wendest!