wurde. Die ändern hierhergehörigen Figuren weichen nicht sehr weit von
dem eben beschriebenen Bilde ab und lassen es als typisch erkennen. In
Figur 14 erscheinen die Knochen entsprechend dem weiblichen Charakter,
glatter, feiner, die Vorsprünge weniger markirt, in Figur 15 ist der Gesichtsschädel
klein, noch nicht voll entwickelt, wie es dem kindlichen Alter
zukommt, obgleich bei dem Mädchen der fünfte, obere Backenzahn schon
durchgebrochen war; die Vorderansicht von Figur 16 ist fast ganz typisch
für den Buschmann, obgleich eine Vermischung mit Korana- Blut nicht
ganz ausgeschlossen werden kann; bei Figur 17, einem weiblichen Individuum
der westlichen Distrikte entnommen, zeigt sich" wesentlich derselbe
Typuj wie bei den östlichen.
Die Ansicht von oben ergieht auch einen stark Von dem der Hottentotten
abweichenden Umriss. Wegen des geringeren Hervortretens der
Tuhera parietalia — die grösste Breife liegt unter und vor denselben' —
wird die längliche Eiform des Schädels weniger gestört, wozu auch die
mässig scharf vorspringenden Jochbeine und gewölbtere Stim etwas beitragen;
die Seiten sind daher nicht gerade, sondern leicht convex; die
Rundung des Hinterhauptes ist weniger rein, indem der Schuppentheil
stärker vortritt und den Umriss unterbricht. Die verschiedenen Schädel
stimmen in diesen Merkmalen recht gut überein, indem nur der Korana-
Buschmann (Fig. 16) seine geringere Reinheit durch starkes Vortreten der
Tubera parietalia verräth.
In der Ansicht von hinten erscheint die grössere Rundung der
Schädelkapsel bestimmend für die Form des Umrisses. Während hei den
Hottentotten dieser mehr oder weniger deutlich an ein Fünfeck erinnert,
wird hei den Buschmännern reiner Race diese Figur sehr undeutlich, und
zwar in dem Grade, dass ein solcher Vergleich schon gesucht erscheinen
muss. Dafür giebt wieder Figur 13 und aUch 15, also ein sehr alter Mann,
ebenso wie ein junges Mädchen, charakteristische Beispiele; in Figur 14
lassen sich dagegen die Ecken noch'einigermaassen constatiren, noch mehr
natürlich in dem unreinen Individuum Fig. 16, Fig. 17 bleibt dagegen
auch hierin dem Typus treu.
Die Warzenfortsätze der männlichen Schädel sind breit und kräftig
entwickelt, dabei aber mässig lang und prominiren nur wenig an der
convexen Basis, welche zugleich schwach verengt ist.
Der allgemeine Charakter der Schädelknochen stimmt mit dem des
übrigen Skelettes vollkommen überein, d. h. die Knochen sind besonders
beim männlichen Geschlecht schwer und compact, mit kräftigen Muskelansätzen.
Die mässig gezackten Näthe pflegen als Regel verhältnissmässig
früh zu verwachsen.
Die Zähne in den breiten Alveolarfortsätzen sind durchschnittlich
stärker als bei den Hottentotten; sie scheinen nicht so reich an Schmelz
wie diese und neigen daher mehr dazu, abgekaut als cariös zu werden.
Die starke Benutzung, welche sie durch das Kauen von so manchen für
andere Menschenkinder ungeniessbaren Dingen finden müssen, trägt dazu
bei, die Abnutzung häufig zu einer sehr hochgradigen zu machen. Im
Alter fallen die Zähne nicht selten aus und die Alveolarfortsätze atrophiren
alsdann in der Weise, wie Figur 14 es erkennen lässt.
Die verhältnissmässige Undeutlichkeit der generellen Charaktere bei
den Buschmännern, welche schon im Habitus des Lebenden auffiel, erscheint
wieder recht ersichtlich beim Betrachten des Beckengürtels.
Vergleicht man die beiden Becken auf Tafel XLV und XLVI, zwei
alten Individuen verschiedenen Geschlechtes zugehörig, so wird man in der
That zweifelhaft, auf den ersten Blick zu entscheiden, welches von beiden
das weibliche sei; urtheilt man nach der grossen Hüfthreite und der flachen
Stellung der Darmbeine, so ist man sogar gezwungen, das auf Tafel XLV
irrthümlicher Weise als weiblich anzusprechen.
In Wahrheit also ist dies Becken männlich (es gehört zu Schädel
Fig. 13, Tafel XXXV) und zeigt für' die Gesammthöhe einen bemerkens-
werth robusten Bau; die Knochen sind schwer und massiv, die Darmbeine
zeigen in der Fläche keine durchsichtige Stelle. Die Fossa iliaca ist geräumig,
die Cristae sind geschweift, ihre Entfernung beträgt 23.3, die der Spinae
ant. sup. 21.2, während die entsprechenden Zahlen des Beckens der folgenden
Tafel sich wie 19.7 zü 16,7 stellen. Auch das des Berliner Busch—
mannskelettes (No. 7193) übertrifft dies weibliche Becken (Cristae 21.2,
Spinae 19.1) während das von Martin beschriebene1) in demselben Sinne
niedrige Werthe zeigt (Cristae 19, Spinae 16). Schon dies letztere Becken
wird von Vielen als monströs oder kindlich bezeichnet, während das hier
auf Tafel XLVII abgebildete einem in der Pubertätperiode stehenden,
allerdings etwas schwächlichen Mädchen entnommen, zeigt wie tief die
Dimensionen sinken können (Cristae 16.5, Spinae 15.5); dem zu Folge
liegt kein Grund vor, den typischen Bau des MARTis’schen Beckens anzuzweifeln.
Auchisbei d i e s e n E i n g e b o r e n e n l i e g t der w e i b l i c h e
Cha rakt e r in den r e l a t i v b e d e u t e n d e n Ma a s s e n fü r das k l e in e
Be c k e n , Und lässt sich durch Uebertragung derselben in Procente der
Därmbeinbreite sichtbar machen.
Als ein Zeichen, wie abweichend die Gesetze des Wachsthums unter
solchen Verhältnissen sind, erscheint in dem auf Tafel XLV abgehildeten
Exemplar, einem sicherlich wenigstens 50 Jahre alten Manne entnommen,
die Fuge zwischen dem ,Scham- und Darmbein auf der rechten Seite noch
offen, auf der ändern ist die Verwachsungsstelle noch ganz deutlich trotz
der im Allgemeinen kräftigen Entwickelung der Knochen.
’) M a r t i n , a. a. O. Tabelle, V r o l i k und Jo uL IN haben diese Distanzen nicht angegeben.
Buschmänner und Hottentotten sind auch meist zusammengeworfen, wesshalb die
Zahlen einen sehr ungleichen Gang nehmen.