hungen imknüpfen uiid versuchen, sich mit ihnen auf guten Fuss zu stellen.
Wir sehen daher in den Berichten ihnen einen hervorragenden Platz eingeräumt,
und der Commandeur gab sich ersichtlich Mühe, sie kennen zu lernen
und in einen regelmässigen Verkehr mit ihnen zu kommen.
Wären die Ansiedler dabei auch nicht irrende Menschen., sondern
Engel vom Himmel gewesen, so konnte es bei dem grossen Widerstreit der
Interessen kaum fehlen, dass sie mit den Eingeborenen in Collision geriethen,
zumal unter einer so harten, egoistischen Leitung wie die ostindische Compagnie
Hollands war. Schon die Art und Weise, wie die Verhandlungen
angeknüpft wurden, trug wegen der Person des Vermittlers den Keim von
Missverständnissen und Unfrieden in sich. Es fand sich nämlich ein Subject,
den herumziehenden Horden des Cap angehörig, unter dem Namen Herry
oder H a r r y , ein Hottentot, »welcher auch Englisch sprach«, um die Stelle
eines Unterhändlers zwischen den Abgesandten der »weel edelen maat-
schappij « und den Eingeborenen zu übernehmen.
Dieser Harry diente nur seinem Vortheil, indem er den Holländern
zu dienen vorgab; er hatte durch den Verkehr mit den Europäern Manches
gelernt, was er gegen sie gebrauchen konnte, und indem er die Rolle eines
Vermittlers mit dem grössten Ernste durchführte, belog er seine europäischen
Freunde, je nachdem es ihm gut schien, gleichzeitig seine Untergebenen,
»die Waterman«, zum Widerstande aufstachelnd. So kam es, dass bereits
im zweiten Jahre der Colonie ein Ereigniss eintrat, welches zum Prototyp
für so viele spätere dienen sollte: Das Vieh der Ansiedler war eines Morgens
verschwunden, der Knabe, dem die Bewachung übergeben war, lag
erschlagen am Berge (1653, 22. Oct.}; gleichzeitig war Harry mit seiner
Familie verschwunden, und auch die Untergebenen desselben waren unsichtbar
geworden. Es wurde darauf die erste Unternehmung gegen die Eingeborenen
in’s Werk gesetzt, indem der Commandeur 17 Mann zur-Verfolgung
absandte, welche aber vergeblich versuchten, die schnellfüssigen
Eingeborenen einzuholen und unverrichteter Sache zurückkehrten.
Durch diesen Gewaltstreich entzogen die Hottentotten den Ansiedlern
ihren nothwendigsten Lebensunterhalt und man begreift wohl, dass eine
gewisse Wuth in ihnen entstand, nachdem sie für längere Zeit mit Pinguinen
und Seehunden genährt worden waren.
Auch die. Eingeborenen waren keineswegs damals im Stadium kindlicher
Unschuld, und man konnte an den mächtigen Narben und Wunden,
mit denen der Körper der Meisten bedeckt war, gut erkennen, dass sie
häufige Kriege und Raufereien bestehen mussten. Ein Stamm scheute den
ändern, die Ohoringaina (Waterman) die Groringhaicoina (Caepman), Beide
wieder die SaldanMer und die ftochoqua, alle zusammen die Sonqua (Buschmänner),
welche in dieser Zeit die erste Erwähnung fanden; sie bethätigten
ihre gegenseitige Feindschaft durch die Wegnahme von Vieh, so dass ein
Stamm bald reich bald arm daran erschien. Daher kam es auch, dass Harry
mit seinen Unterthanen nicht gänzlich aüs der Nachbarschaft verschwinden
konnte, vielmehr zeigte er sich trotz seines bösen Gewissens wieder unter
den Ansiedlern und man darf sagen, beide Theile waren einander werth.
Hatte Harry die Colonisten nach Möglichkeit angelogen und betrogen, so
vergalt ihm Commandeur und Rath dies jetzt mit gleicher Münze, der
Hottentot aber ging mit dem seiner Nation eigenen Leichtsinn in die plump
gestellte Falle; er liess sich durch allerhand schöne Versprechungen (zoete
praetjen) in’s Fort locken, worauf er sofort festgenommen wurde. Man
konnte ihm weder hinsichtlich des Viehdiebstahls noch des Mordes etwas
beweisen und wagte nicht ihn zu tödten, sondern sandte ihn als Sträfling
naGh der öden Insel der Tafelbay, Robben-lsland genannt.
Nachdem dieser Rädelsführer unschädlich gemacht war, gedieh die
Niederlassung wieder besser, die Ansiedler tauschten für Messing, Eisen, Glasperlen
und ähnliche Dinge Vieh ein, aber auch der Branntwein spielte sehr
bald eine bedeutende Rolle, um die Verhandlungen mit den Eingeborenen
zu erleichtern. In diese Zeit fällt der Anfang einer eigentlichen Coloni-
sation, indem eine Anzahl »freie Bürger« Erlaubnisserhielten, in der Ebene
hinter dem Tafelberge gewisse ihnen zugewiesene Landstriche zu bebauen.
Schon damals tauchten alle die dunklen Punkte am Horizonte auf, welche
sich zu dem Wirbelsturm sammeln und die Eingeborenen gänzlich verwehen
sollten.
Gering wie die Entfernung dieser Farmen vom Fort war (etwa eine
Stunde zu gehen), j o konnten sie doch natürlich nicht so leicht geschützt
werden, wie die unmittelbare Umgebung, und die Besitzer erlitten daher
manchen Schaden durch Diebstahl und Gewaltthat von Seiten der Eingeborenen;
andererseits aber waren diese »freien Bürger«, welche nicht den
edelsten Klassen der heimathlichen Bevölkerung angehörten, bei der Abwesenheit
der strafenden Gerechtigkeit nur zu geneigt, selbst eine grausame
Lynchjustiz zu üben. Der Druck der harten Lebensbedingungen, sowie
deijenige, welchen der Egoismus des Gouvernements ausübte, das seinerseits
wieder von der unersättlichen, heimathlichen Compagnie gedrückt wurde,
machte es sehr bald allen Partheien klar, dass hier ein Kampf um die
Existenz vorlag, und keine zeigte sich in der Wahl der Mittel verlegen.
Die Eingeborenen hatten in Harry ihren Führer verloren, doch sorgte
das Gouvernement selbst dafür, einen ändern heranzuziehen, Doman genannt,
welchen sie erst für einige Zeit nach Batavia schickten, wo er genug
lernte, um ein gefährlicher Feind zu werden. Dieser Doman, oder Antho—
nius, wie er später genannt wird, nahm die Stellung eines Dollmetschers
ein, zugleich aber reizte er heimlich die Caepman zum Widerstande und
machte sich, als Führer der Hottentotten, nachdem er seine Zeit abgepasst
hatte, der jungen Colonie furchtbar genug.
Es ging so 1659 der erste wirkliche Eingeborenenkrieg in Scene, dessen
Ursprung und Verlauf sich in merkwürdig ähnlicher Weise immer und immer
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