die damit verbunden werden, so unsicher und wechselnd sind. Die eben
angeführte Bemerkung, die ich in der ausgesprochenen Form allerdings nicht
acceptiren könnte, schliesst das ein, was ich selbst behaupte, wenn'ich* auch
nicht weiss, ob J. H a h n sich der Consequenzen seines Ausspruche’s völlig bewusst
gewesen ist. Indem nämlich ausserdem von ihm die nahe Verwandtschaft
der Herero mit den übrigen südafrikanischen A-bantu betont wird,
fällt auch logischer Weise die künstliche Trennung, welche ein grösser
Theil der Autoren und besonders L iv in g s t o n e zwischen sogenannten »Neger-
völkem« und den Kaffern riebst ihren Verwandten haben aufrichten wollen.
Ich betrachte es in der That als ein Hauptverdienst unserer neueren
Forschungen, dass diese Trennung unhaltbar wird, obgleich ‘L iv in g s t o n e
Fig. 53. Herero - Frauen bei der Toilette.
mit merkwürdiger Sicherheit den einen Stamm hier, den ändern da einreiht,
und die Möglichkeit einer Vereinigung als etwas ganz Undenkbares betrach-
tet zu haben scheint.
Die Schwierigkeiten, welche die gewohnheitsgemässe enge Umgränzung
des Begriffes »Neger« unvermeidlich mit sieh bringt, hat H a h n wohl gefühlt
, indem er unmittelbar fortfährt: »obwohl sie (die Herero) selten die
charakteristischen Grundformen der Neger in ihren Physiognomien haben«.
Auch das ist gewiss richtig, und zwar haben die eigentlichen Kaffern, welche
durchaus keirie »Neger« sein sollen, durchschnittlich mehr von dem dafür
angenommenen Typus, als die Herero, die wieder in anderen Beziehungen
manchen allgemein als »Neger« bezeichneten Stämmen nachweisbar verwandt
sind. T h e o p h i l i t s H a h n 1) steht ganz auf Seite derjenigen, welche die
Abtrennung der Kaffern und der ihnen verwandten Stämme von den »Neger-
«) Beiträge z. Kenntnis« d. Hottent. Nachtrag. - Zeitschrift f. Erdkunde. Dresd. 1869.
Völkern« als bedeutende Errungenschaft begrüssen. Man kann diese Ansicht
vertreten, aber nur in dem Falle, dass man den typischen Bau des Negers,
wie er scholastisch festgestellt wurde, bei ihnen sucht und natürlich nicht findet.
»Auffallend kaukasische« Gesichtsbildung, wie Jos. H a h n für die
meisten Herero beansprucht, habe ich bei keinem vo-n beiden Geschlechtern
bemerkt; weder die hier nach Photographien gegebenen Abbildungen, noch
die der oben citirten Autoren zeigen solche, noch auch lässt der auf
Tafel XXXII abgebildete Schädel eines besonders wohlgebauten Mannes eine
derartige Möglichkeit zu. Dagegen glaube ich sehr gern, dass eine Annäherung
an den kaukasischen Typus bei den Herero häufiger sein mag, als
bei den meisten ändern Süd-Afrikanern, die Ama-zulu nicht ausgenommen.
Es liegt dies in der besseren Entwickelung der Nase (wie auch der Schädel
erkennen lässt), an der hohen Kopfform, wogegen die Kieferparthie weniger
massiv erscheint und den in der Regel mässig aufgeworfenen Lippen.
J. H a h n hat aber selbst bemerkt, dass der Ausdruck des Gesichtes häufig
etwas Rohes an sich trägt, andere Beobachter bezeichnen ihn wohl noch
treffender als stumpf und indolent, obgleich die Verehrer der Herero das
Letztere durchaus nicht zugebeh wollen. Die dunklen Augen sind, so lange
das Weiss sich noch ziemlich rein erhält, von angenehmem Aussehen, die
Backenknochen treten nur mässig hervor, das Kinn ist markirt ohne auffallend
zugespitzt zu sein, der Mund ist gross und wenn die Lippen auch
nicht stark aufgeworfen sind, so entbehren sie doch in der Regel eines
anmuthigen Schwunges.
Gesichtszüge wie die eben, beschriebenen auf grossen, proportionirten
Gestalten von aufrechter Haltung können gewiss einen sehr vortheilhaften
Eindruck machen, und es ist begreiflich, dass sich eine Menge Lobredner
für sie gefunden haben. Aber wie das Gesicht wenig Energie und Intelligenz
verräth, so lassen auch die etwas leicht (J. H a h n nennt es »zierlich«)
gebauten Körper kein bedeutendes Maass von Kraft erkennen.
Ohne schlechter begabt zu .sein als die* übrigen A-bantu Süd-Afrika’s
werden sie doch an Thatkraft und Zuverlässigkeit von allen ändern übertroffen.
# Dafür ist bezeichnend, dass die Männer, welche am meisten Vorliebe
für sie zeigten und in ihren Schriften bekundeten, die schlimmsten
Erfahrungen an ihren Schutzbefohlenen machen mussten. Unter diesen ist
besonders A n d e r s s o n z u nennen, ein Mann, der begeistert durch eine edle,
aber übel angebrachte Schwärmerei, Leben und Existenz daran setzte, um
das Volk der Herero aus der Knechtschaft der Namaqua zu befreien und
darin erfolgreich war, bis die Charakterlosigkeit seiner Schützlinge die aufopfernde
Thätigkeit vieler Jahre vereitelte. Als die wieder kühn gewordenen
Namaqua die Herero aufs Neue mit Krieg überzogen, erhielt A n d e r s s o n an
der Spitz derselben kämpfend und siè zum Siege führend, eine Kugel in
den Unter? chenkel, die das Schienbein zerschmetterte. Obgleich siegreich,
Hessen die treulosen Kampfgenossen ihren langjährigen Führer hülflos im