Auch das Kopfhaar der Buschmänner steht an Stärke hinter dem der
anderen, benachbarten Stämme zurück. Am nächsten kommt es in seiner
Beschaffenheit dem' Haar der Hottentotten, nur ist es noch enger gerollt
und fügt sich auch leicht in die oben beschriebenen, rundlichen Knäuel,
doch wird auf die Tpilette von ihnen zu wenig Sorgfalt verwandt, um die
Neigung zu dieser Bildung so deutlich zu Tage treten zu lassen.
Im Alter wird das sonst sehr dunkle Haar grau melirt, zuweilen, aber
nur in sehr hohem Alter, tritt Kahlköpfigkeit ein (siehe Taf. XXVII, Fig. 2).
Die Vergleichung der entsprechenden Angaben über die Haarentwickelung
bei den übrigen Koi-koin und bei den A-bantu lehrt, dass trotz der kleinen
vorhandenen Abweichungen das Haar sämmtlicher südafrikanischen Eingeborenen
eine grosse Aehnlichkeit im Habitus zeigt,,
während die anderen Merkmale so entschieden auseinandergehen;
es ist dies eine auffallende Thatsache,
welche in so schroffer Weise in keinem anderen Lande
vorzukommen scheint.
Obgleich also Hottentotten und Buschmänner
unter einander ebensowenig durchgreifende Unterschiede
in dem Haarwuchs zeigen, wie beide wieder mit'den
A-bantu, so ist der gesammte Körperbau doch sehr
abweichend. Ueber die Grösse und den allgemeinen
Charakter ist schon gesprochen, und es bleiben also
nur noch die Einzelheiten für die Vergleichung übrig.
Bei der als Regel vorhandenen ausserordentlichen
Magerkeit der männlichen Individuen ist es natürlich,
dass alle Vorsprünge, welche der normale menschliche
Körper darbietet, sich besonders scharf markiren; der
verhältnissmässig grosse Kopf balancirt sieh auf einem
r i g . 68. BaBcliinann,-Bethanien. d u n n e n Halse, die Schultern treten eckig heraus, die
Schulterblätter und Schlüsselbeine ragen wegen der
dünnen Muskulatur stark hervor. Die mangelhafte
Entwickelung der bei den meisten Menschen gewöhnlich hier vorhandenen
Fettpolster lässt die Vertiefungen oberhalb und unterhalb der Schlüsselbeine
£u wahren Gruben einsinken, während die zuweilen ziemlich schräg abfallende
Linie des Nackens das eckige Vorspringen der Schulter etwas mildert.
Recht charakteristisch erscheinen die eckigen Schultern an der Figur des
jugendlichen Buschmannes (Taf. XXIX, Fig. 2.a), wo die Muskulatur noch
nicht den Charakter des Erwachsenen angenommen hat, und somit die Härte
der Umrisse unausgeglichen ist; die Clavicula zeigt sich auf allen Abbildungen
stark markirt.
Die Form des Brustkorbes ist an gut entwickelten Personen in den
besten Jahren nicht schlecht und übertrifft sogar in Hinsicht auf die Höhe
des grössten Querdurchmessers und die Andeutung der Taille den durchschnittlichen
Typus der A-bantu. Indessen ist bei den meisten Individuen
das ursprüngliche Verhältniss durch die ausserordentlich wechselnden Füllungszustände
des Abdomen gestört. Die bereits bei den Ba-kalahari erwähnte
chronische Tympanitis, der sogenannte Armoed-Penz, findet sich bei diesem
Stamm ebenfalls, besonders im jugendlichen Alter, und wenn er sich auch
später etwas verliert, so tritt doch oft vorübergehend durch Ueberladung des
Magens eine übermässige Ausdehnung der Bauchhaut e in , welche bleibende
Spuren in der starken Faltung der Haut, sowie in der Erweiterung der
unteren Brustapertur zurücklässt (siehe Fig. 68 u. 69). Weder ein nach Art
der Reptilien bis zur Unbeweglichkeit vollgestopfter Buschmann, noch ein
solcher, der sich zur Beseitigung’des Hungers den Unterleib
mit Riemen zusammengeschnürt hat, geben begreiflicher
Weise sehr anziehende Figuren ab , selbst wenn die ursprüngliche
Anlage keine unschöne genannt werden kann.
Die Nates sind, entsprechend der im Allgemeinen
schwachen Muskulatur, wenig vortretend, obgleich auch
hier das Becken stark geneigt und die unteren Extremitäten
leicht nach hinten gerückt erscheinen; die besonders
während des Bestehens des Armoed-Penz sehr tiefe Lum-
bosacralbeuge ist später nicht so auffallend; doch bleibt
eine abnorme Beweglichkeit der Lendenwirbel zurück,
welche beim Kauern auf der platten Erde eine sonderbare
auswärts c o p v e x e Krümmung der Lendengegend veranlasst,
worauf B a in e s und nach dessen Angaben W ood
ein besonderes Gewicht legen. Es erleichtert dieser Umstand
dem Buschmann das merkwürdige Zusammenrollen
des Körpers in unbegreiflich kleine Räumlichkeiten.
Die Extremitäten, und zwar sowohl Ober- und
Unterarme, als auch Schenkel und Waden, haben nur
einen geringen Durchmesser, die zähenf trainirten Muskeln
bilden feste, markirte Stränge, aber keine starken
Fig. 69. Buschmann,
Colesberg.
Vorsprünge und daher sehen zuweilen die Glieder denen einer wohl conser-
virten Mumie nicht unähnlich. Da die Gelenke nicht dem geringen Umfang
4 der Muskelparthien entsprechend dünn sind, so machen die einzelnen Glieder
und der Körper als Ganzes keineswegs den Eindruck eines normalen, nur
in allen Verhältnissen verjüngten Menschen, wie es manche Autoren (z. B.
W ood) behaupten. Die spitzen, vorragenden Ellbogengelenke, die knochigen
nach Innen gebogenen Knie über den spindelförmigen Unterarmen und
wadenlosen Unterschenkeln sehen nicht eben zierlich aus1) .
*) In Figur 69 lassen sich die allgemeinen Verhältnisse berücksichtigen, die Details
sind nicht recht glücklich wiedergegeben , da der Zeichner sich in die Darstellungsweise
der Photographie nicht finden konnte. . Das Portrait auf Taf. XXVII, Nr. 2 gehört zu
derselben Figur.