apart, welchen letzteren auch das anstrengende Schlagen des Rommelpotes
zukommt; von jeder der Partheien springen nun zeitweise einige auf, welche
ihre Pas nach dem Takte dieser Instrumente machen, deren Getöse noch
durch das einförmige Singen der ganzen Versammlung, durch das Stampfen
und Zusammenschlagen mit den Füssen der Tanzenden, das dadurch gleichzeitig
bewirkte Klappern der ledernen Ringe um die Beine oder extra
daselbst angebrachter Klappern, sowie das Händeklatschen der nicht sonst
beschäftigten Frauen verursacht wird. Für gewöhnlich kümmern sich die
Tanzenden nicht um einander, sondern Jeder ist für sich allein thätig, indem
das weibliche Geschlecht in langsamen, stampfenden Bewegungen sich dreht
und wendet, aber kaum aus der Stelle kommt, das männliche aber Kraft-
productionen macht, durch Sprünge, Anschlägen dei* Fersen gegen den
Hintern oder groteske Stellungen je nach Laune und Geschmack. Es fehlt
also hier das mimische Element, welches so charakteristisch für die Tänze
der Bantu -Völker ist und sie zu einer Vorübung für den Krieg macht; die
Hottentotten wTaren dazu nicht kriegerisch genug und legten den Werth auf
den harmlosen Genuss des Augenblicks, welcher in der mechanisch bewirkten
Aufregung lag.
Die Laune der Tänzer sowie besondere Erfindungsgabe einzelner
Stämme mag die Gestaltung der Tänze öfters in ähnlicher Weise variirt
haben, wie bei den Zulu die specielle Neigung des Häuptlings; so bildet
B a i n e s I) in seinem Reisewerk einen sonderbaren Tanz von Namaqua-
Hottentottinnen ab, den er den Melonentanz nennt. Bei dieser nur von
krauen ausgeführten Unterhaltung hatte eine als die Führerin der im Kreise
Herumspringenden eine Melone, mit welcher sie allerhand Jongleurkünste
ausführte, während die nächstfolgende sich bemühen musste, dieselbe zu
erhaschen. Gelang ihr dies, so übernahrft sie die Führung und der Tanz
hatte in gleicher Weise seinen Fortgang.
Die grosse Neigung zu solchen Unterhaltungen lässt schon für sich
allein auf Sinnlichkeit sohliessen und es steht fest, dass die Feste vielfach
von Unsittlichkeiten (wo dann natürlich die Trennung der Geschlechter aufhörte)
begleitet waren, obwohl K o l b e n sich sehr entrüstet über die Ver-
läumder seiner geliebten Hottentotten ausspricht, welche das ehrbarste Volk
unter der Sonne sein sollten; besonders bei einem Fest, welches das des
Topftanzes genannt wird, soll während der- mehrtägigen Dauer die unbeschränkteste
Zügellosigkeit im geschlechtlichen Verkehr herrschen, und es
wurde mir von Autoritäten, welche lange Jahre unter den Stämmen.gelebt
haben, versichert, dass die Eingeborenen die Kinder, deren Erzeugung mit
Wahrscheinlichkeit auf dies Fest zurückgeführt werden könnte, alle bei
Seite brächten.
Die heute noch existirenden Reste der Koi-koin zeichnen sich sicherlich
nicht durch übertriebene Keuschheit aus, doch werden ihre Vertheidiger
hier wie in ändern Fällen, wenn auch mit Unrecht, sagen, die europäische
Civilisation habe die Sittenverderbniss über die unschuldigen Kinder der
Wildniss gebracht.
Ausser den Tänzen sind Schmausereien die beliebtesten Unterhaltungen,
welche stets ein allgemeines Interesse finden, da auch der Hottentot nicht
allein essen kann, sondern, so lange etwas vorhanden ist, mit den Hinzukommenden
zu theileri pflegt. Geschlachtet wird bei allen wichtigen Ereignissen,
welche den Stamm oder den Einzelnen betreflen: beim Aufgeben
eines Wohnplatzes, beim Beziehen eines neuen/ bei Siegesfesten oder
Friedensschlüssen, bei wichtigen Familienereignissen wie Verheirathungen,
Geburten, Mannbarerklärung der Söhne und Todtenfeierlichkeiten, kurz bei
jeder Gelegenheit, wo der Eingeborene dem Tag eine gewisse Feierlichkeit
beilegen will. Zuweilen nehmen diese Darbringungen von Vieh auch bei
diesen Stämmen, wie wir bald sehen werden, den Charakter von Opfern an.
Obgleich die Ausdehnung der Polygamie hier nicht so bedeutend und
damit zugleich die Stellung der Frauen relativ höher ist als bei den A-bantu,
so halten die Männer es doch für unschicklich, mit ihren Weibern zusammen
zu essen; diese, unter sich versammelt, müssen gewöhnlich mit dem vorlieb
nehmen, was die Männer geneigt sind ihnen zukommen zu lassen; unter
bestimmten Verhältnissen sollen s ie aber den Vorrang haben und den
Männe rn die Ueberreste zuschicken.
Eine gute Illustration des heiteren Charakters der in Rede stehenden
Eingeborenen liefert auch die von B u r c h e l l 1) gegebene Beschreibung eines
Spieles, welches sie ihm als »Kaartspel« bezeichneten2) , ohne dass jedoch
Karten dabei in Anwendung kamen. Vielmehr handelte es sich nur um ein
Stückchen Holz, welches von dem Spieler bald in der bald in jener Hand
verborgen wurde, während ein andrer, ihm gegenüber sitzend, die verbergende
Hand zu errathen hatte. Wie bei dem Melonentanz die Führerin
durch geschickte, möglichst unberechenbare Bewegungen der Nachfolgenden
die Melone zu entziehen trachtet, so wechseln hierbei die Stellungen in der
komischsten, groteskesten Weise, um die Gelegenheit zum Verbergen des
Hölzchens zu geben und den Gegner zu täuschen. Hat er es doch mehrfach
errathen, 'so wechseln die Rollen und Jener zeigt seine taschenspielerischen
Kunststücke. Das Princip ist also bei beiden Unterhaltungen ein
ähnliches.
So sehen wir auch unter den Koi-koin bei Tanz, Spiel und Festlichkeiten
die Geschlechter entweder vollständig getrennt oder wenigstens nur
1) B. a. a. 0. I, p. 233.
2) "Wahrscheinlich identisch mit dem auch in den Mythen der Natnaqua auftauchenden
Spiel, » Khorös «genannt. Vergl. T h . H ahn : Die Nama- Hottentotten. Globus 1867,
p. 277. V.