Geschichte der Kaffer - Stämme aufwärts verschafft, soweit sich solche nach
Traditionen feststellen lassen. Die meisten von ihnen sind sehr bestimmt
in der Angabe, dass sie aus nordöstlichen Gegenden im ihre heutigen Wohnsitze
gekommen sind; es scheint dies aber keine anhaltende Wanderung,
sondern ein langsames Herabrücken gewesen zu' sein, wobei die Eingeborenen
Rindvieh und Schaafe mit sich führten, aber keine Pferde.
Eine Abtheilung, welche von diesem nach Süden Rücken Nichts
wissen will, sind die Pondumisi, indem sie jeden Zusammenhang mit den
Ama-mpondo oder anderen Stämmen ableugnen und von jeher in denselben
Wohnsitzen gelebt zu haben behaupten; dagegen geben auch diese an, es
seien einige Hundert Jahre früher die Ama-tembu und Ama-xosa von Norden
her herabgekommen und um sie herum in ihre gegenwärtigen Länder gezogen,
die Ama-pondumisi scheinen darnach wenigstens die ältesten Bewohner
des heutigen Kafferlandes zu sein.
Ein Herr T h o m p s o n , welcher eine längere Reihe von Jahren in Windvogelberg
als Regierungsbevollmächtigter unter den Ama-ngqika thätig war,
hat sich bemüht nach Möglichkeit, in den Traditionen dieser Stämme
zurückzugreifen und fixirt in einem von ihm zusammengestellten Stammbaum
der Häuptlinge die Regierungszeit des frühsten in der Reihe, Dhlanga,
etwa auf das Jahr 1440. Wie weit die Zahl Genauigkeit beanspruchen
kann, mag dahingestellt bleiben, man erhält dadurch aber wenigstens einen
ungefähren Anhalt.
Spätere Traditionen, welche besonders durch W. K a y e ^ gesammelt
sind, geben schon reichere Angaben. Nach seinen Daten erhob Tshawe die
Waffen gegen Cira und Iwara, die Enkel des Xo sa, er besiegte sie und
wurde seitdem als gemeinsames Oberhaupt anerkannt; von ihm entsprangen,
dann die späteren Clanschaften. Von seinen Nachkommen Hessen sich als
die ersten in dem heutigen Kafferland die Häuptlinge Togu, Ngconde und
Tshiwo mit ihren Unterthanen nieder, nachdem sie auf ihren Jagdzügen
in Erfahrung gebracht hatten, dass die Gegenden reich« waren ah Wasser,
üppigen Weiden und Wild. S ie f a n d en das Land b ewo h n t von
Bu s chmä n n e r n , welche sie austrieben.
Nach der Ueberlieferung der Ama-xosa fällt ihre Ankunft am Kei vor
sieben und einer halben Generation2) , was etwa auf den Anfang des siebzehnten
Jahrhunderts hindeutet, doch wird von Ändern ( H a l l ) die Zahl
beträchtlich früher (gegen 1^00) gesetzt.
Tshiwo, der Sohn des Ngconde, trennte sich von seinem Vater, um
den Kei zu überschreiten, und obgleich er Anfangs nur der Jagd wegen
hinübergezogen war, so blieb er doch gänzlich drüben und kehrte nicht
wieder zurück. Er sorgte väterlich für seine Unterthanen, denen er in der
!) W. K aye’s Manuscr. in S. George Gray’s Libr. Nr. 172.
2) Kafir Law’s and Gust. p. 166.
Noth durch Vertheilung seines Viehes aufhalf, und belegte die Verbrecher
mit schweren Strafen; es sollen unter ihm Blutschande, Hexerei und Diebstahl
mit dem Tode bestraft worden sein. Auch erhob er den Kriegsruf
gegen Gando, welcher floh und den Buffalo, Keiskamma und Ngwalana
kreuzte. Die Armeen trafen sich darauf am Cihoshe, Tshiwo, welcher
links- und rechtshändige Krieger (vermuthlich für das Werfen der Assegai)
hatte, brach mit seinen Truppen in doppelter Reihe durch die feindlichen,
Gando wurde geschlagen und verlor sein Vieh. Der Letztere ging nun den
Fischfluss hinauf und baute einen Kraal am Koonap, doch veranlasste ihn
Tshiwo später, zurückzükehren, während ein Theil seiner Unterthanen
weiter zog in ein anderes Land (jenseits des Fischflusses?),
Nach Tshiwo's Tode wurde sein Sohn Palo geboren (1700), welcher
heimlich erzogen und erst- 12 Jahre später seinem unterdessen regierenden
Bruder Gwali gegenübergestellt wurde, worauf dieser die HäuptHngswürde
an ihn abtrat, ohne dass eine Anklage gegen Gwali gerichtet wurde *).
Es ergiebt sich aus diesen Notizen die allmälige Ausbreitung der
Ama-xosa in südwestlicher Richtung, welche sich bis zum Sonntagsfluss
und in einzelnen Streifparthien zeitweise noch ein gutes Stück darüber
hinaus ausdehnten. Sie trafen dabei auf die östlichsten Hottentottenstämme,
mit welchen sie nach K a y e ’s Behauptung in Freundschaft lebten und zum
Theil sogar durch Heiräthen verbanden; so sollen sich zuerst die Mangoseni,
und dann die Imi-dange und Ama-ntinde vermischt haben.
In den Gegenden westlich vom Fischfluss trafen alsdann die Kaffern
zuerst mit den Weissen zusammen, und zwar waren dies holländische
Boeren, welche ihre Streifzüge so weit ausdehnten, und wir treten also an
diesem Punkte wieder in die Geschichte der Colonie ein, welche wir oben
verliessen.
Hinsichtlich der Belege lassen uns nun die authentischen Quellen im
Stich, da die officiellen Papiere dieser Periode [1690 — 1796) verschwunden
sind, und man kann also nur den allgemeinen Gang der Ereignisse nach
einzelnen, zufällig erhaltenen Dokumenten und gelegentHchen Daten der
Autoren feststellen. Dabei kommen an dieser Stelle historische Notizen,
welche S p a r r m a n n in der Beschreibung seiner Reisen (1772 — 76) giebt,
wegen des engeren Zusammenliegens der Jahre hülfreich zu statten.
Die Neigung der Colonisten, weiter und weiter auszugreifen, um frei
und unbeschränkt ihre Heerden weiden zu können, sowie die Jagdpassion,
welche jeclom Ansiedler angeboren erscheint, führte sie jetzt öfter in die
Nähe der gleichfalls vordringenden Kafferstämme und schon 1737 erfolgte
der erste feindliche Zusammenstoss zwischen den Partheien, welche sahen
wie ihre Interessen mehr und mehr collidirten. Es wurde im genannten