Heutigen Tages sind* die bezeichneten Waffen zwar nicht ganz verschwunden,
aber sie sind stark in Misscredit gerathen gegenüber dem Feuergewehr,
welches sich ganz allgemein in den Händen der Namaqua findet.
T h . H a h n berichtet, dass der Kaross noch heutigen Tages bei beiden
Geschlechtern in Gebrauch i st, wenn auch die Meisten der Männer durch
europäischen Einfluss veranlasst sind, wenigstens ein wollenes Hemd und
ein ledernes Beinkleid ausserdem zu verwenden. Der Kaross der Vornehmeren,
besonders beim weiblichen Geschlecht, zeichnet sich in seinem oberen,
nach Art eines Kragens umgeschlagenen Theil durch die mosaikartige Zusammenstellung
bunter Fellstreifen und Fleckchen aus. Der berüchtigte
»Jackal« der Hottentotten findet sich bei den Namaqua ebenfalls wieder in
Gestalt eines Stückes Fell, welches, am Gürtel befestigt, beim Manne über
die Genitalien herabhängt, wenn überhaupt die nationale Tracht noch getragen
wird. Das entsprechende Kleidungsstück der Frauen blieb auch wesentlich
dasselbe, wie es bei den eigentlichen Hottentotten beschrieben wurde; die
Bezeichnung dafür ist Qkhubib im Nama - Dialect; dasselbe ist verschieden
für die mannbaren und nichtmannbaren Frauen, indem die ersteren es an
dem inneren, oberen Theile theils durch die am Fell belassenen Haare,
theils durch angefügte Perlengeflechte verziert tragen; und auch der Schurz
vor den Genitalien ist ausgeschmückt mit Metall- und Glasperlen, Quasten
an den Riemchen desselben, und ähnlichem Putz. Ausserdem erscheinen
die bereits von M e e r h o f f erwähnten , mehrfachen Gürtel um die Hüften
auch heute noch zuweilen; doch anstatt der Metallperlen sind daran runde
Stückchen von Strausseneierschalen angereiht, wie sie bei den Herero in
ähnlicher Weise zur Anwendung kommen.
Nicht mannbare Frauen gehen der Sitte nach nackt bis auf den unver-
zierten Schurz und wenige Schmuckgegenstände in Gestalt kupferner oder
messingener Ringe um die Arme und Beine.
Die Figur 63 zeigt Personen, welche die nationale Tracht noch beibehalten
haben, doch bedeckt der faltige Kaross in der sitzenden Stellung das
Qkhubib. Um den Kopf sind an Stelle der früheren Fellmützen Tücher
europäischen Fabrikates geschlungen, welche die geringste Errungenschaft
der Civilisation zu sein pflegen, deren sich Angehörige dieser Stämme
erfreuen. In der oben citirten BAiNEs’schen Abbildung erscheinen die
Namaqua-Damen in grösser Toilette von gestreiftem Kattun, was heutigen
Tages auch die häufigere Tracht ist.
Hinsichtlich der Geräthe und Wohnungen ist ebenfalls nur wenig
hinzuzufügen; die Angaben der verschiedenen Autoren lehren auch darin
die genaue Uebereinstimmung mit den verwandten Stämmen; ausserdem aber
hatten gerade die Namaqua durch die Lage ihrer Wohnsitze längs der Küste
und den Umstand, dass die Handelsstrasse nach dem Herero^Lande ihr
Gebiet durchzieht, die beste Gelegenheit, sich europäische Erzeugnisse zu
verschaffen. Die colonialen Kommetjes ‘) haben die urthümlichen Geschirre
fast verdrängt, nur die aus solidem Holze gefertigten Bamboes erinnern
durch ihre zeitraubende Herstellung, wenn auch nicht durch die Benennung,
an die alten Zeiten; die rohen, irdenen Wassergefässe und Kalabassen.sind
ihnen eigen, wie sie hei den übrigen Eingeborenen Vorkommen und verdienen
daher keine eingehende Betrachtung.
Die Hütte der Namaqua ist noch dieselbe geblieben, wie die Väter sie
bauten, und die alten. Autoren sie auch bei den cap’sehen Hottentotten gefunden
hatten; es ist erfreulich, dass die eingehende Beschreibung, welche
Th H a h n von ihnen giebt, es möglich macht die Uebereinstimmung ausdrücklich
zu constatiren. Er erwähnt das Zusammenstehen der Hütten im Kreise
und giebt das Namaqua-Wort für einen solchen Kraal, nämlich Qas (Lagerp
la tz^ das Bild eines solchen Dorfes muss also namentlich dem in bigur 61
abgehildeten gleichen bis auf eine Ergänzung, welche m der K o l b e n sehen
vielleicht zufällig weggelassen is t, aber nicht auf eigene Autorität hinzugefügt
werden sollte. Um den Kraal vollständig zu machen, gehört um den
Hüttenkreis eine Hecke von Dornen, die das rings herum lagernde, grosse
Vieh ahhält, den leicht gebauten Hütten allzu nahe zu kommen, und
andererseits auch das innen eingepferchte Kleinvieh am Ausbrechen verhindert.
Solcher äusserer Dornenzaun ist wahrscheinlich meistens vorhanden
gewesen, K o l b e n erwähnt desselben auffallender Weise gar nicht, aber
T h . H a h n giebt ihn ausdrücklich als zugehörig an.
Ueber die Erbauung der Hütten, das Zubereiten der Matten, wobei
diese Eingeborenen zum Aufreihen der Binsen lange, aus Giraffenknochen
gefertigte Pfriemen gebrauchen, sowie über die Herstellung der Bastschnüre
dazu bringt er gleichfalls genaue Daten bei. Die Anfertigung der Letztem
geschieht aus dem Splint der Mimose, welcher durch Kauen geschmeidig
gemacht wird, worauf je zwei gleiche Streifen auf dem prallen Schenkel
gedreht und darauf zu einer Schnur vereinigt werden; solche Strähne, sowie
stärkere Seile von gleichem Material, das eingeweicht, geklopft, zu Strähnen
zusammengedreht und dann, wenn Mehrere zum Seil vereinigt sind, mittelst
schwerer Steine zum Trocknen ausgespannt wird, gehen das hauptsächlichste
Bindemittel für die Mattenhütte. Besonders bei heftigem Wind ist
es erforderlich, Seile über die ganze Behausung hinwegzuspannen, und
durch Anbinden von Steinen das Hinwegwehen derselben zu verhindern.
Der leicht nach der Mitte zu vertiefte Boden im Innern enthält den
Peuerplatz, auf welchem drei Steine zur Stütze für den Kessel placirt sind.
Als einziges Meubel, wenn man überhaupt den Namen gebrauchen darf,
dient im Hintergründe der Hütte ein niedriges Gerüst von Stangen, an
welchem die primitiven Geräthschaften und Waffen aufgehängt werden.
i) Eine grosse, niedrige Tasse ohne Untersatz und Henkel.