Dass die Körperbedeckung dieser Stämme in wichtigen Punkten von
der europäischer Völker abweicht und anders functionirt lässt sich aus
mannigfachen Beobachtungen schliessen, wenn auch keine ausführlichen
Untersuchungen darüber voj’liegen. Selbst unter afrikanischer Sonne, bei
hoher Temperatur der Luft fühlt sich die Haut bei diesen Stämmen beständig
kühl an, sie kann trotz der dunklen Farbe nicht nur ohne Nachtheil
einer Isolation ausgesetzt werden, welche auf der eines Europäers Blasen
hervorrufen würde, sondern die Leute scheinen sich im Sonnenschein mit
einem besondern Behagen hinzustrecken. Tropfbarer Schweiss erscheint nur
ausnahmsweise auf dem Gesicht, dagegen muss eine starke unsichtbare
Perspiration vorhanden sein , wie sich aus dem eigenthümlichen, penetranten
Geruch erkennen lässt. Derselbe scheint von einer der Buttersäure verwandten
Fettsäure herzurühren, er ist aber unabhängig von etwa dem Körper
anhaftenden Unreinigkeiten; denn Waschen nimmt den Geruch nicht
fort, vielmehr erscheint er dadurch'um so stärker, sobald heftige Muskel-
thätigkeit ausgeführt wird.
Diese Eigenthümlichkeit findet sich nicht bei allen Individuen gleich
deutlich ausgesprochen, sondern während sie bei Manchen so intensiv auf—
tritt, dass eine Person im Stande ist einigermaassen empfindlichen Europäern
den Aufenthalt in demselben Zimmer unerträglich zu machen, zeigt sie sich
bei ändern so schwach, dass man es kaum bemerkt.
Aus diesen Thatsachen ist mit grösser Wahrscheinlichkeit zu folgern,
dass der Haut bei den A-baniu die Function eines Excretionsorganes in
höherem Grade eigen ist als bei den indo - germanischen Stämmen, und dass
mich, im Zusammenhang damit, ein stärkerer Blutlauf durch dieselbe stattfindet.
Dies macht sich selbst dem Gefühl bemerkbar durch ein gewisses
Turgesciren der Körperbedeckungen, die von besonderer Dicke erscheinen,
und dabei eine eigenthümliche Consistenz zeigen, indem sie dem Druck
nachgeben, ohne sich eigentlich weich anzufühlen. Mit Rücksicht auf
diesen Umstand kann man vielleicht erklären, wie L ic h t e n s t e in und
Andere dazu kommen, die Haut der Xosa als »sammtartig« zu bezeichnen,
obgleich zum Begriff des Sammtartigen jedenfalls eine gewisse Zartheit der
Oberfläche gehört, wie sie der Cuticula eines Kaffern wahrhaftig nicht eigen
ist. Wie sollte auch ein Mensch zu einer sammtartigen Haut kommen, der
den Körper den äusseren Agentien in einer so rücksichtslosen Weise
exponirt, oder ihn mit rauhen Fellen bekleidet, oder ihn mit Erde und
Fett beschmiert*und sich dann wieder auf dem Boden oder in der Asche
herumwälzt? Dass die Cutis nicht von den zartesten ist, erkennt man auch
deutlich, wenn man beobachtet, wie Individuen von diesen Stämmen in der
kalten Jahreszeit mit besonderem Vergnügen Hände oder Füsse unverhüllt
in die lodernde Flamme d^s Feuers für eine solche Zeit halten, in
welcher auf europäischer bereits ohne Zweifel Brandwunden entstanden sein
würden.
Abgesehen von der Farbe unterscheidet sich die Haut von der nicht
pigmentirter Racen durch eine gröbere Textur; die Riffe und Leisten der
Epidermis sind auffallender und es finden sich schon bei jungen Individuen
über den ganzen Körper leichte Eindrücke wie seichte Risse, welche aber
erst bei vorgerückteren Jahren hier und da in kleinere Falten übergehen.
Häufig erscheint auch die Oberfläche durch stärkeres Vortreten von Knötchen
und flache, grübchenförmige Vertiefungen dazwischen leicht granulirt.
Pockennarben, die oft unter diesen Stämmen bemerkt werden, greifen sehr
tief und lassen auffallendere Spuren zurück als selbst bei schweren Fällen
an Weissen dauernd zu bleiben pflegen.
Systematisches Tättowiren ist nicht üblich*), obwohl es gelegentlich
vorkommt, dagegen finden sich öfters gewisse Narben än verschiedenen
■ Körpertheilen, welche dafür gehalten werden könnten. Besonders häufig
sieht man solche in der Schläfengegend oder vor dem Gehörgang auf dem
Jochbein in Gestalt von ein bis zwei Zoll langen Schnitten, welche schräg
nach vorn und unten' ziehen. Diese gewöhnlich etwas hypertrophischen
Narben rühren her von Scarificationen, die in Fällen von Krankheit als
locale Blutentziehung aüsgeführt wrerden; geschieht eine derartige Operation
durch eingeborene Doctoren, so pflegen sie wohl Arzneistoffe oder Asche
in die Wunden einzureiben, was die starke Narbenbildung erklärlich macht.
Aehnliche Scarificationen werden als abergläubische Ceremonie bei Kriegern
durch den Hauptmedicinmann in der Hüftengegend aüsgeführt, worauf bei
Besprechung der Sitten zurückzukommen sein wird.
Wirkliche Tättowirungen finden sich vereinzelt in Form von Linien
auf Brust (Fig. 23, Fingoe- Frauen) oder Wangen, als kleine, dicht stehende
Striche in Gestalt eines Bandes um die Stirn oder den Hals etc. Eine so
regelmässige und durch die Sitte genau vorgeschriebene Anwendung wie bei
den Centralafrikanern findet diese Verunstaltung des Körpers bei keinem der
südafrikanischen Stämme.
Wie abweichend das Hautsystem der. A -b a n tu von dem europäischer
Racen ist, zeigt sich auch an den Haaren. Diese, obgleich für den Ge-
sammtorganismus nur von untergeordneter Bedeutung geben doch wegen der
auffallenden Constanz in der Beschaffenheit sowohl als in der Vertheilung
eins der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale für die Afrikaner ab.
Die Behaarung des Körpers ist im Allgemeinen schwach, die Lanugo
wird zuweilen kaum bemerkbar, sodass die Haut ganz kahl erscheint und
nur bei kräftigen, männlichen Individuen finden sich auf dem mittleren
Theil des Thorax einzelne entwickeltere Haarparthien, seltener auch auf
dem Unterleib; die Extremitäten, die Schultergegend sind nicht deutlich
l) B a rrow stellt das Tättowiren als eine allgemeine Sitte der Kafferfrauen hin,
we che meist die Gegend zwischen den Brüsten und die Arme dazu benutzen sollen; eine
so verbreitete Anwendung kann indessen nicht angegeben werden. B. a. a. O. p. 216.