Viele Frauen und Kinder nahmen die Boeren als Gefangene mit sich,
ausserdem was sie von Vieh erlangen konnten, und verwüsteten auf dem
Rückweg Livingstone’s Station in Kolobeng. SechelUs eigene Kinder fielen
in die Gewalt der Feinde und erst durch Vermittelung der colonialen Regierung
wurden sie ihm später zurückgegeben, nachdem er sich bereits auf-
gemacht hatte, um persönlich bei der Königin vorstellig zu werden, aber
nur bis Cape-Town gelangt war.
Die Nachbarstämme zogen sich vor dem Commando der Boeren meist
zurück, nur Sentuhie leistete in kleineren Gefechten einen schwachen
Widerstand. —
Im Transvaalgehiet waren die noch immer zahlreichen Be-chuana zwischen
den vereinzelt wohnenden Farmen wieder etwas zu Kräften gekommen,
und einige Unterthanen des Häuptlings Mankopane gaben durch Ermordung
eines Veld-comet Potgieter und einige andere Unthaten den Vorwand, gegen
sie feindlich vorzugehen. Der alte Prätoriw war 1853 gestorben, an seiner
Stelle führte ein Verwandter des ermordeten Potgieter gleichen Namens als
Commandant-General das Commando gegen Mankopane, unterstützt durch
eine Abtheilung Boeren, an deren Spitze der junge Prätorius stand (18,54).
Die Eingeborenen hielten im offenen Felde nicht Stand, sondern flüchteten
in unterirdische Höhlen, worin sie schon längere Zeit zu hausen
pflegten, das Commando besetzte die Eingänge und errichtete unfern des
Einganges Verhaue, hinter denen beständig eine starke Wache bereit lag.
Der schwache, dagegen anfangs versuchte Widerstand der Eingeschlossenen
hatte keinen Erfolg , doch gelang es ihnen eines Tages den Anführer der
Boeren, Potgieter, als er sich unvorsichtig exponirte, durch einen Schuss
zu tödten. Die Erbitterung der Belagerer stieg dadurch noch höher, und
als nun der einreissende Mangel an Wasser und Nahrung die Unglücklichen
zur Nachtzeit aus der Höhle trieb., wurde Alles, was sich zeigte, Frauen
und Kinder inbegriffen, ohne Unterschied niedergeschossen , bis am 17. November
(am 6. hatte die Belagerung begonnen) beim Eindringen in die
Höhle sich zeigte, dass die schreckliche That vollständig vollbracht sei. —
In den östlichen Gebieten, wo die Macht der Colonisten noch nicht
so erstarkt war, mussten ihnen die benachbarten Ama-swazi bei der Unterdrückung
der Eingeborenen helfen, während nördlich vom Limpopo die
Matabele die unkriegerischen Stämme an allen ihren Gränzen unterdrückten.
Besonders nach Norden und Nordwesten fanden die Streifzüge der Krieger
U ’mselekazVs selten energischen Widerstand und dehnten ihre Herrschaft
ebenso aus, wie weiter nach der Küste zu die Ama-zulu; unter diesen
Kämpfen litten besonders die Mashona und Makalaka, doch gelegentlich
trugen die Matabele ihren gefürchteten Speer auch weiter bis zu den Ba-
mangwato oder den Stämmen am See Ngami; nur gegen die Ama-swazi
erlitten sie in neuerer Zeit eine schwere Niederlage.
Nach dem Tode des Häuptlings TPmselekazi schwächten sie sich durch
innere Zwistigkeiten, während der Strom der Goldsucher mehr und mehr
ihre Machtstellung bedroht; auch die Matabele werden daher bald nicht
mehr im Stande sein, einen nennenswerthen Einfluss gegenüber den Weissen
geltend zu machen. —
Es bleibt nun noch ein Drama zur Betrachtung übrig, welches in
besonderen Gränzen verlief und von den übrigen Verwickelungen nur wenig
tangirt wurde: es ist dies der Vernichtungskrieg zwischen den Namaqua
und O va-herero. . ■ •
Wenige Worte mögen genügen, um diese noch immer nicht ganz abgeschlossenen
Kämpfe zu charakterisiren, da ein ruhiger Ueberblick derselben
einer späteren Zeit Vorbehalten bleiben muss.
Die vor der Ausbreitung der Colonisten nach Norden zurückweichenden
Namaqua, besonders die Orlams unter Jonker Afrikaner fanden in den
Herero eine Race, welche wegen ihrer Schlaffheit sich als ein günstiges
Object der Unterdrückung darbot. Trotz ihrer bei weitem besseren Entwickelung
und ihrer beträchtlichen Zahl beugten die Letzteren ihren Nacken
demüthig unter das Joch der Namaqua, bis der Reisende A n d e r s s o n aus
Sympathie für die Unterdrückten und in der enthusiastischen Idee, einen
freien, selbstständigen Stamm aus ihnen bilden zu können, sie veranlasste,
die Unterdrückung von Seiten der Namaqua nicht länger zu ertragen.
Unter A n d e r s s o n ’s Führung gelang es ihnen wiederholentlich, die
Namaqua zu schlagen und für einige Jahre schien es, als würde das Ziel in
der That erreicht werden. Doch zeigte sich nun, dass es den Herero an
hinreichender Charakterstärke fehlte, um fest und consequent auf dem be -
schrittenen Pfade vorzugehen. A n d e r s s o n , sowie die Missionäre hielten den
mächtigsten Häuptling derselben, Kama-herero, sogar für einen Verräther
an der nationalen Sache.
Weiter oben (pag. 219) wurde bereits darauf hingewiesen, wie es den
wieder erstarkten Namaqua gelang, ^einige glückliche Schläge gegen die
Herero auszuführen , und wie A n d e r s s o n im Gefecht verwundet und von
seinen Schützlingen schnöde verlassen wurde. Die Sache der Herero neigte
sich darauf wieder dem Untergange zu und die Missionäre (H u g o H a h n )
verzweifelten an der Möglichkeit, ihre Station zum Segen der Eingeborenen
zu erhalten1). So ist der Krieg unter Vernichtung von Leben und Eigenthumweiter
geführt worden, und ob er wirklich jetzt als definitiv beigelegt
zu betrachten ist, kann nur die Zukunft lehren.
i) Vergl. H ugo H ahn’s Brief in Jos. H ahn’s Aufsatz über die Herero.