III. Die Korana.
Die dritte Hauptgruppe der eigentlichen Koi-koin bilden die Kcrrana,
Stämme, welche heutigen Tages sich zum kleineren Theile noch einer gewissen
Selbständigkeit erfreuen.
Es hat dies seinen wesentlichsten Grund in dem Umstand, dass sie ihre
Wohnsitze stets weiter im Innern hatten, und darum erst spät mit den
Colonisten in Berührung kamen. Die flüchtige Notiz über ein Volk des
Namens Gorona (Com. plur. obj.) und Goraqua (Masc. plur. obj.) auf Seite
i 10 und 116 der Cape-Records in den für den Nachfolger gegebenen Instructionen
V a n K ik h k c k ’s identifieirt D e . B l e e k 1 gewiss sehr gerechtfertigter
Weise mit den Korana (Com. plur. obj.)..-. Dies ist die frühste Erwähnung
derselben und es erscheint bemerkenswerth, dass schon damals (1662) eine
oberflächliche Kenntniss auch der Inlandstämme sich bis nach dem Cap
verbreitet hatte2).
Von den Namaqua werden sie nach demselben Autor Qgoraka (masc.
plur. obj.), von den Ba-suto Ba-khotu, von den Buschmännern Teri genannt.
A r b o u s s e t hat sich von Eingeborenen (wenn ich nicht irre , von
einem Mo-suto) erzählen lassen, die Korana führten ihren Namen zurück
auf einen Häuptling Kora, welcher nach den alten Berichten in der Nähe
des Cap gewohnt habe, und dann mit den Stammesangehörigen, von den
Colonisten gedrängt, in die heutigen Wohnsitze ausgewandert sei. Er bezeichnet
die »alten Berichte« nicht näher, und da die authentischen Records
abweichend berichten, auch anderweitige Autoritäten für diese Behauptung
nicht bekannt sind, so ist sie in das Bereich der Erfindungen zu verweisen.
*) S. G e o r g e G e a y ’s L ib r . p . 18.
2) J o s a p h a t H a h n hält sie, so viel ich weiss, auf seine eigene Autorität hin für
Bastardstämme, »durch das zügellose Lasterleben der Boeren entstanden« (Siel), einer der
vielen Irrthümer seines Aufsatzes über die O va-herero. Da die Colonie zur Zeit der ersten
Erwähnung erst 10 Jahre bestand, so müsste der Stamm jedenfalls nur aus Kindern unter
.10 Jahren bestanden haben.- Zeitschr. f. Erdk. Berlin. Bd. IV. p. 236.
Die Wohnsitze der Korana lagen zur Zeit, wo sie genauer bekannt
wurden, schon in denselben Localitäten, in denen sie sich auch heutigen
Tages noch auf halten; sie sind nie viel südlicher vorgedrungen, als in die
dem Orange-Fluss benachbarten Districte auf dem linken Ufer in seinem
mittleren Laufe bis zur Junction, dann auf beiden Ufern des Vaal-Riviers
(Kei-Garib) sich rechts bis an den Hart-Rivier, links bis an den Nu-Garib
und die Gränzen des Basuto - Landes ausdehnend. Wenn auch dies die
Wohnsitze der Korana in den letzten Jahrhunderten waren, so sind sie
doch in ihnen Nomaden geblieben, so dass von einem entschiedenen Besitzergreifen
des Landes in unserem Sinne eigentlich nicht die Rede sein kann.
Ihre jüngsten Züge umfassen die Oertlichkeiten, in denen die durch
das Eingreifen der Europäer in dem Strome der südafrikanischen Völker
veranlasste Stauung sie festhielt, ohne diese hätten die Korana ihrer Wanderlust
folgend, im südlichen Vordringen vielleicht später das Cap erreicht.
Die Zersplitterung in einzelne herumziehende Horden, welche für die Koi-
koin charakteristisch ist, ist ihnen stets eigen gewesen, und zeigt sich auch
heutigen Tages, als eines der Haupthindernisse, organisirte Verhältnisse bei
ihnen einzuführen.
Die kleinen patriarchalischen Vereinigungen werden mit Namen belegt,
welche den unverkennbaren Charakter von Beinamen haben und deren es
eine grosse Anzahl giebt. Im Jahre 1858 waren dem Aufsatz eines ungenannten
aber jedenfalls sehr unterrichteten Autors in P e t e r m a n n ’s geographischen
Mittheilungen *) gemäss, noch die alten Kapitainschaften, im Ganzen
17 an der Zahl, und deren Namen vorhanden, welche hier des historischen
Interesses wegen folgen sollen.
Es lagen damals am K e i- Garib und zwar meist auf dem linken Ufer
die Horden der »Rechthände«, »Linkshände«, »Zauberer«, »Springböcke«,
-»Skorpione«, »Esel«, »Flusspferde« und »Hohen«. Unter den weiter im Freistaate
mit Griqua und Be-chuana (Ba-rolong) vermischt Lebenden waren
die bedeutendsten die »grossen Korana« am kleinen Vet-Rivier und 1 Mere—
mezi« (die östlichsten aller Hottentottenstämme). Weiter nach Westen, am
mittleren Lauf des Orange-Flusses, lagerten, häufig den Wohnsitz wechselnd,
und zuweilen bis nach Namaqua-Land hinunterziehend, die Stämme des
-»Buschvolkes«,- der »Katzen«, »Schmalbacken«|L»Schneider« und »Gerber«.
Es wird darauf ausdrücklich betont, dass die Stämme, ohne g e r ad e
star k v e rb a s t a rd e t zu s e i n , doch durch den Einfluss der Colonisten
und der Be-chuana bereits manches Fremde aufgenommen hätten. Die Ge-
sammtzahl schätzt der Schreiber des citirten Aufsatzes auf etwa 20000, wovon
auf die einzelnen Clanschaften eine sehr verschiedene Zahl kommt, da
manche nicht mehr als 2®300 stark waren.
Die Hottentottenstämme u. ihre Verbreit, 1858. p. 53.