Distanz zwischen den Tuberà ischii. Das Becken eines im Orange Freistaat
ausgegrabenen Kaffem (Fingoe, Taf. XXXVII) zeigt als entsprechende Zahl
10.5 CM., bei gleicher Entfernung der Spinae ilei ant. mp. (£1 : 21.2), also
sogar anderthalb Centimeter mehr, ohne dass dem Kaffern durch gewalttä
t ig e Hand die reiche Begabung der Mutter Natur entfremdet gewesen
wäre. Wollte man aber zu Gunsten seiner Ansicht vermuthen, dass E c k e r
Spinae Ischii meint, obgleich er Tuberà sagt, so findet sich bei dem Kaffer-
hecken für die Spinae immer noch 8.1 CM. und das geringe Minus von
0.8 CM. ist. sehr wohl durch die im Allgemeinen im Vergleich mit dem
Eunuchenbecken sehr kräftige Entwickelung zu erklären, ohne dass( man
Hinneigung zum weiblichen Typus aus der geringen Verlängerung e in e s
Knochenvorsprunges deduciren könnte. Das ungünstigste Moment für
E c k e r ’s Ansicht ist, dass die wirklich weiblichen Becken in Afrika aufgewachsener
Eingeborener die eben angeführten Maasse häufig gar nicht übertreffen.
Die Spinaè können überhaupt nur schlecht zur Vergleichung benutzt
werden, da mehr oder weniger kräftige Entwickelung auch unter Männern
allein die grössten Unterschiede setzt, und viele Autoren (z. B. M a r t in ,
J o u l in s ) haben daher diese Rubrik in ihren Tabellen unausgefiillt gelassen.
Vergleichen wir die Zahlen für die Entfernung der Tuberà (als querer Durchmesser
des Beckenausgangs gemessen), so sehen wir, dass,die für dèh
Kaffern gefundene Zahl von 10,5 unter den weihlichen Becken meiner Tabelle
nur von einem um Weniges übertroffen (Nr. 8 = 10.1)., von den anderen
nicht erreicht wird. Die Zahlen der Negerinnen auf V r o l ik ’s Tabelle, welchem
Herrn durch die holländischen Handelsverbindungen das beste Material zur
Verfügung stand, bleiben durchgängig unter 10 , meist erreichen'sie nicht
einmal 9 CM. M a r t in ’s und J o u l in ’s Zahlen sind allerdings höher, beweisen
aber Nichts, sobald die Individuen, von denen das Material stammt,
unter civilisirten Verhältnissen aufgewachsen sind.
Es ist somit unthunlich zu sagen, eine bestimmte Eigentümlichkeit
eines Racenbeckens sei w e i b l i c h , eventuell mä n n l i c h , wenn man nicht
ausdrücklich dazu bemerkt, dass diese Bezeichnungen so, gemeint sind, wie
sie sich auf Becken -.eivilisirter Nationen anwenden lassen. Die weitere
Betrachtung wird ergeben, dass es sich hier nicht um ein einzelnes Merkmal,
sondern um sämmtliche handelt.
Wie das in Rede stehende Becken (Taf. XXXVH) in Hinsicht auf
den queren Durchmesser des Ausganges keinen ausgesprochenen, generellen
Charakter trägt, so verhält es sich auch mit dem Eingang. Die Conjugata
vera beträgt 11 CM., der quere Durchmesser 1 0 .9 , ebensoviel die schrägen,
und zwar verhält sich dies eine Exemplar keineswegs allein s*o, sondern der
Durchschnitt aus den fünf männlichen A-iarcfc-Becken ergiebt den Werth
von 10.6 für die Conjugata und den Querdurchmesser, die schrägen iiber-
trafen den Querdurchmesser meist um ein Geringes, doch stellt sich der
Mittelwerth gleich hoch.
Das Becken eines Weibes vom Stamme der Ba-mangwato (Taf. XLI) zeigt
dagegen die Zahlen von 9.6 [Oonj. vera), 10.7 (Querdurchmesser), 1 0 .5 -1 0 .6
(schräge Durchmesser)ji dasjenige einer (von M a r t in nicht äufgenommen)
Negerin (Berl. Mus. No. 20726) 8.4 (Conj. v.), 11.1 (Querd.), und 10.2—10.3
(sehr. D)fe Dieselbe Zahl wie bei ersterer erhält man für die Gonjugata vera
als Durchschnitt der Becken auf V r o l ik ’s und J o u l in ’s Tabelle, während
die entsprechende der MARTiN’schen auch hier etwas höher ist. Noch auffallender
ist der Unterschied zwischen den genannten Autoren hinsichtlich
der Angaben über den queren und schrägen Durchmesser; denn hier hat
M a r t in die hohe Zahl von 12.6 (als Durchschnitt von 7 Becken), die anderen
beiden aber (ebenfalls 7 zusammen) 11.3, was also eine Abweichung in
demselben Sinne darstellt.
Indem dadurch der quere und die schrägen Durchmesser im Vergleich
mit der Conjugata vera eine besondere Bedeutung für die generelle Charakteristik
eines Beckens gewinnen, wird zugleich auch ein neuer Beweis für
die obige Behauptung geliefert, dass Nigritier, unter civilisitirten Verhältnissen
anfgewachsen, sich auch körperlich besser entwickeln als unter nationalen.
Es wird dies fernerhin illustrirt durch die Vergleichung der Darmbeinentwickelung,
welche leider von V r o l ik und J o u l in s der Messung nicht
unterworfen wurde.
Wenn N a t h u s iu s *) sich gegen E c k e r geäussert hat, er kenne mehrere
Eunuchen, welche sich durch Breite der Hüften auszeichneten, so ist nicht
der geringste Zweifel in die Richtigkeit dieser Beobachtung zu setzen, denn
es zeigt dieser Umstand, dass die Eunuchen gerade richtige Männer geblieben
sind. Der Durchschnitt der 6 männlichen A — baniu — Becken meiner
Tabelle ergiebt 21.1 für die Spinae ant. sup. 24.1 für die Cristae iliacae,
während das weibliche Becken 17.9 [Spin.)' und 21.2 [Crist.) misst, das
der Negerin 19.7 (Spin.) und. 22.2 (Crist.). Es ist im Hinblick auf die
sonstige Uebereinstimmung der Zahlen sicher anzunehmen, dass auch die
V r o l ik ’sehen und JouLiNs’schen Becken ähnliche Werthe zeigten, und selbst
die höheren MARTiN’schen übertreffen die männlichen A-bantu in Bezug auf
die Breite der Cristae iliacae im Durchschnitt nur um 1.3 (25.4 M a r t in ) .
Die geringe Entwickelung der weiblichen Darmbeine ist so bemerkens—
werth hei den uncivilisirten A-bantu, dass man die charakteristischen Zahlen
für die generellen Unterschiede gerade erhalten würde, wenn man die Durchmesser
des Becken-Ein- und Ausgangs als Procente der Darmbeinbreite berechnete;
man würde dann zu relativen Werthen kommen, welche sich
generell in ähnlicher Weise von einander unterscheiden, wie bei civilisirten
Racen die absoluten. So verhalten sich z. B. die Querdurchmesser der
männlichen Kafferbecken (Taf. XXXVII) und des weiblichen (Taf XLI),
die Entfernung der Cristae iliacae gleich 100 gesetzt,■ wie 43.4 : 50.5, obi).
E c k e r , a. a. O. p . 112.