Die Kreuzung mit weissen Racen giebt ihnen, was den meisten reinen
Afrikanern als Regel abgeht, Energie des Handelns, die nicht wie Strohfeuer
der Erregung des Augenblicks ihre Entstehung verdankt, sondern andauernd
dem Vorgesetzten Ziele nachstrebt. Dies lehrt die ganze Geschichte
der Griqua, wie ihrer Führer, dies zeigt aber auch der Einzelne in seinem
Ringen mit der feindlichen Natur des Heimathlandes.
Kein anderer Stamm Süd-Afrika’s hat die Mittel, wodurch die Europäer
ihre Macht hauptsächlich stützten, so schnell und so erfolgreich sich
zu eigen gemacht als die Griqua, unter diesen aber wieder die eigentlichen
Bastaarde; am meisten zeigt sich dies in der Handhabung des Feuergewehrs,
worin selbst die Jägernation der Buschmänner nicht mit ihnen concurriren
kann. Es ist erstaunlich zu sehen, was diese Schützen mit ihren einfachen
Musketen leisten, wie ich mich bei verschiedenen Gelegenheiten überzeugen
konnte; sie unternahmen für kürzere Distancen den Wettstreit gegen die
besten englischen Büchsen und, wenn sie auch in so ungleichem Kampfe
nicht siegen konnten, so gingen sie doch stets mit Ehren aus demselben
hervor. Die wasserlosen Steppen der Kalahari, in welche sich die weissen
Jäger nicht mehr hineintrauen, machen sie dem wandernden Buschmann
als Jagdgrund streitig und lange bevor O s w e l l mit L i v i n g s t o n e den
Ngami erreichte, hatten die kühnen Griqua auf selbst entdeckten Wegen
durch die Wüste seine Ufer besucht, Elfenbein einzutauschen.
Diese wunderbaren Leistungen werden ihnen dadurch möglich, dass
sie einmal sich selbst im Hinblick auf ihr Ziel willig den härtesten Entbehrungen
und Strapazen unterwerfen, ausserden^ aber mit einer Schnelligkeit
reisen, ^welche unübertrefflich ist. Wenn man auch die Korana mit
Recht wegen der meisterhaft abgerichteten Zug- und Reit-Ochsen rühmt, so
erreichen sie in dieser Hinsicht doch nicht die Griqua, welche eine eigentüm
lich e, gedrungene Rindviehrace züchten von mässiger Grösse, deren
Schnelligkeit und Ausdauer ganz vorzüglich ist.
Als fliegende Colonne geht der Jagdzug mit einem ausgeruhten Gespann
vor den klapprigen, leichten Wagen, die kaum das Notdürftigste
enthalten, tief hinein in die wasserlossen Landstriche; die Ochsen suchen
sich Wassermelonen oder müssen in Ermangelung solcher wohl oder übel
aushalten, bis die Beute gewonnen ist, und der schleunige Rückzug angetreten
werden kann.
Auch als Reiter sind die Griqua tüchtig, obgleich sie nicht die vorte
ilh a fte Reiterfigur des zwergenhaften Buschmannes haben; sie halten gern
Pferde, wenn sie die Kosten bestreiten können, dies vermag indessen nur
ein kleinerer Theil von ihnen.
Andere Einrichtungen, welche die Civilisation mit sich bringt: europäische
Kleidung, Benutzung von complicirterem Geschirr beim Essen,
Wohnen in meublirten Häusern nach europäischem Muster, das Alles] haben
sich die Griqua in höherem Grade zu eigen gemacht, als die übrigen Eingeborenen.
Die luftige Hütte, wie die Urväter sie in Afrika bauten, können
Viele noch nicht gänzlich vergessen, und errichten sich solche, auch wenn
sie ein Häuschen besitzen, neben diesem als Villa. So bewohnte der Häuptling
Waterboer in Griqua-Stad ausser zwei ganz respectablen Gebäuden in
europäischem Styl doch noch seine Mattenhütte, die bei schönem Wetter in
der That auch den angenehmeren Aufenthalt gewährte.
Die Verfassung der Griqua ist allein noch ähnlich derjenigen, wie sie
der alte K o l b e n bei den Hottentotten beschreibt, doch spielen die Häuptlinge
scheinbar nur eine so untergeordnete Rolle; während der eitle Schwarze,
der einige Hundert Leute commandirt, sich geberdet, als könne er die Welt
stürmen, stellen sich diese gewöhnlich als die ergebenen Diener ihres grossen
Rathes dar, den sie aus Politik stets vorschieben, wenn ihnen die Ausführung
einer Anforderung nicht genehm ist. Dass darum ihre Macht nicht
gering ist, bewies der alte. Waterboer, indem er, als eine Parthei botmässiger
Bergenaars unfolgsam war und auf eigene Faust Streifzüge machte, die
Rädelsführer ohne Weiteres ergreifen und nach erfolgter Verurtheilung bei
Griqua-Stad auf hängen liess; auch dieser gefiel sich aber in der Rolle des
Bescheidenen und unterschied sich in der Tracht kaum von dem niedrigsten
seiner Unterthanen.
Angelegenheiten, welche das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen,
werden stets vor den Rath, bestehend aus den angesehensten Männern des
Stammes, gebracht, und der Häuptling übernimmt scheinbar nur die Ausführung
von dem, was der hohe Rath beschlossen hat, sein Einfluss ist
aber bei näherer Untersuchung wohl zu bemerken. Auch im Felde sind
die Griqua - Häuptlinge stets als die Führer ihrer Mannschaften aufgetreten
und haben sich als solche sogar einen grossen Namen gemacht, so z. B. der
alte Waterboer in der Schlacht gegen die Mantatisi, wo wenige Hundert
unter seiner Führung den siegreichen Kampf gegen viele Tausende vollbrachten
; ihre Rolle ist daher keineswegs so unbedeutend, wie sie auf den
ersten Blick erscheint.
Mir war die Freundschaft des Nachfolgers ein mächtiger Schutz beim
Reisen im Griqua-Lande und die Leute suchten stets aus Furcht vor
Waterboer, den Verdacht, mich unrechtmässiger Weise zu benachtheiligen,
von sich abzuwälzen, wenn sie ihre Habgier zu Ungebührlichkeiten verleitete
J) .
Es ist ein nicht zu unterschätzender Vortheil, sobald man beim Verkehr
mit diesen Mischlingen sich bewusst ist, irgend einen Rückhalt zu
haben; denn ihr unberechenbarer Charakter macht es unmöglich, ein volles
Vertrauen zu ihnen zu fassen. Das excentrische Wesen veranlasst sie zuweilen,
ohne nachweisbare Veranlassung feindlich gegen die aufzutreten,
welchen sie eben noch Wohlthaten erwiesen, und ihre bedeutendere Energie