Dass der Strom dieser unglücklichen Wanderer noch immer nicht
versiegte, hatte seinen Grund in den innern Verhältnissen bei den Zulu.
Es bildete sich nämlich gegen den blutigen Tyrannen eine Verschwörung
unter seinen nächsten Angehörigen, an deren Spitze seine eigenen Hrüder
Dingaan und U'mhlangane standen. Mancher hatte die Baud des Despoten
fühlen müssen und war erfreut einen Tag der Rache erscheinen zu sehen,
andere hofften wohl, dass nach den beständigen Kämpfen unter schrecklichem
Blutvergiessen eine ruhigere Zeit kommen würde; viel Feinde
mochte ihm auch der Umstand machen, dass er . seinen Kriegern nicht zu
heirathen erlaubte. Doch war es ihm vergönnt, seine Laufbahn im Glanze
seiner Macht zu beschliessen; denn noch im Jahre 1828 drangen Choke?s
Armeen, Alles vor sich uiederwerfend, durch ganz Natalland, umgingen die
Ama-ponda unter Faku und dehnten ihre Plünderungen bis in die Nachbarschaft
von Hintza s Gebiet aus, so dass coloniale Truppen gegen sie
gesandt werden mussten, welche indessen anstatt der bereits verschwundenen
Ama-Zulu andere Stämme angriffen. Bald darauf benutzten die Verschwörer
die günstige Gelegenheit, als ein Lheil der zuverlässigsten Truppen auf
einem neuen Kriegszuge gegen Norden abwesend war, und stiessen den
Häuptling am hellen Mittag auf dem Rathsplatze seiner Stadt TJtuhusa nieder.
Am nächsten Tage fochten beide Brüder im Einzelkampf um den Thron,
und der als Sieger daraus hervorgehende Dingaan tödtete nach den zwei
Brüdern auch die bedeutendsten Anhänger und Häuptlinge des Chuka; als
darauf die Armee von Usoshengane an der Delägoa-Bay geschlagen, deci-
mirt durch den Feind und Hunger, zurück kehrte, war Dingaan unbestrittener
Herr der ganzen Nation.
Diejenigen, welche indessen von dem neuen Häuptling ein milderes
Regiment erhofft hatten,, sahen sich furchtbar getäuscht; denn wenn auch
anfänglich sein Auftreten weniger grausam erschien, sq folgte er doch bald
vollständig den Fusstapfen seines blutigen Vorgängers.
Auch in Natal verwickelten sich die Verhältnisse mehr und mehr,
indem die Europäer seit 1823 an der Küste festen Fuss zu fassen begannen
, nachdem bereits 1721 für eine kurze Zeit eine holländische
Factorei daselbst bestanden hatte. Im genannten Jahre liess sich an der
Bay eine Anzahl englischer Colonisten unter Lieutnant F a r e w e l l nieder, um
welche sich eine grössere Anzahl der von Chaka versprengten Eingeborenen
sammelten; F a r e w e l l wurde bereits 1819 treuloser Weise durch den Häuptling
der Ama-quabi Quetoo (Quecha) ermordet, worauf zwei Untergebene
von ihm, Ogle und Cane, die Führung der Niederlassung überkamen.
Dingaan nahm gegen die Ansiedler, da er sie für Anhänger seines
Vorgängers hielt, bald eine feindliche Stellung und schickte eine Armee
gegen sie, vor welcher Cane in den Busch floh, ein anderer Theil aber
unter einem gewissen Fynn mit Verlust von einigen Leuten und des gröss-
ten Thgiles der Heerden gegen den Umzimkulu zog, wo eine Anzahl der Eingeborenen
unter Führung der Wittwe von Fynn’s Bruder Frank (lncod-case)
verblieb, während den Ansiedlern gestattet wurde, zurückzukehren.
Unterdessen hatten sich in den von den Ba-suto keineswegs in der
ganzen Ausdehnung besetzten Gebieten des späteren Freistaates noch andere
Partheien eingefunden: von Westen her die Griqua unter Adam K o k , sowie
einzelne Banden von Bastaarden unter eigenen Häuptlingen (von denen
besonders eine unter dem Räuber Jan Bloem sich durch die für längere Zeit
mit Glück fortgesetzten Raubzüge einen gewissen Namen machte) und der
langsam von Süden her zwischen den Ba^suto und den Griqua, Korana
vordringende Strom der auswandernden Boeren.
Keine der Partheien beanspruchte’ anfänglich das Grundrecht ausschliesslich,
sie berührten sich zu wenig, um sich zu hindern, und wenn
die kleineren Abtheilungen der Be-chuana und B a sla a rd -Horden, die sich
in unmittelbarer Nachbarschaft der Ba-mto niederliessen, Moshesh’s Erlaüb-
niss dazu einholten, so beweist dies unter Eingeborenen noch nicht, dass
sie sein Grundrecht anerkannten, sondern nur, dass sie sich den Schutz
des mächtigsten Häuptlings der Gegend zu sichern wünschten, der sie
andernfalls verderben konnte ') ; denn Grundbesitz hatte für sie keinen
Werth, da es ihnen lieb war wegen den Heerden den Aufenthalt wechseln
zu können..
Im Jahre 1824 verlegte Moshesh seinen Wohnsitz von Butabuta nach
Thaba-Bosigo, ein Tafelberg mit steil abfallenden Rändern, welcher eine
Art natürlicher Festung darstellte. Hier wurde er von den Matabele U’m-
selekazüs angegriffen und war so glücklich, durch den natürlichen Vortheil
der Gegend den Anprall dieser gefürchteten Feinde zurückzuweisen, was
nicht nur zur Vermehrung seines Ansehens sehr viel beitrug, sondern der
Fall verschiedener weniger glücklicher Ba-suto — Häuptlinge machte ihn nun
zum allgemein anerkannten alleinigen Oberherm.
Es baute sich dadurch auch im Nordwesten eine Barrière auf, welche
ein Ausweichen der Kaffer-Stämme nach dieser Richtung erschwerte, doch
äusserten sich solche Versuche in den häufiger werdenden Kämpfen zwischen
Moshesh und seinen südlichen Nachbarn, und Hessen auf den Druck schHessen,
unter dem die Letzteren von der ändern Seite her standen. Nach dem Kriege
von 1819 hatte die Regierung die Gründung von Ansiedlungen an der
östlichen Gränze durch Bewilligung von Land und Anlage von Fort’s sehr
befördert und es bildete sich bis zum Jahre 1834 ein dichter Gürtel
von empor blühenden Farmen längs dem Gebiete der Kaffern, welcher
die Eingeborenen gleichzeitig durch die wachsende Einengung reizte und
i) Ein sehr partheiisches Buch »Basutu-History«, welches indessen viele wichtige Daten
enthält, erklärt das hei solcher Gelegenheit entrichtete »Pego« ausdrücklich als ein Anerk
en n tn is der Territorialrechte, betont aber unmittelbar hinterher, dass das Land gemeinsames
Eigenthum des ganzen Stammes sei und Gränzen zwischen ihnen nicht existirten.
Territorialrechte ohne Gränzen scheint mir ein Widerspruch.