kanischen Stämmen. Die Arbeitstheilung zwischen den Geschlechtern ist
weniger rigoros, der Mann hilft hei den schweren Arbeiten, ausserdem aber
ist hier die Klasse der Dienenden oder Sclaven ausgeprägter als sonst,, wo
viele Frauen sich in die Würden und in die Arbeit theilen.
Da e in e Frau die Arbeit nicht wohl durchführen kann, erscheint
diese Vermehrung des Hausstandes durch Gesinde geboten und nun sind es
gerade die Frauen, welche durch grausame Behandlung der Sclaven die
Vergeltung nehmen zu wollen scheinen, für die sonst gegen sie begangenen
Ungerechtigkeiten. Diese niedrigste Klasse der Bevölkerung, über deren
Bezeichnung als »Sclaven« man streiten kann, da kein bestimmtes Gesetz
existirt, welches zwischen Sclaven und Freien unterscheidet, bestehen bei
den Namaqua hauptsächlich aus Individuen, welche den verachteten Stämmen
der Berg-Damara und Buschmänner angehören. Diese Leute werden ihrer
Gehurt nach nicht als gleichberechtigt betrachtet und halten die schlechte
Behandlung, ebenso wie die Vaalpenz unter den Be—chuana für etwas mit
ihrer Herkunft unvermeidlich Zusammenhängendes, ohne indessen rechtlich
Sclaven zu sein. Als wirklich Leibeigene sind eigentlich nur die Leute zu
betrachten, welche im Kriege als Gefangene oder durch Uebergabe auf
Gnade oder Ungnade, wie die Fingoe hei den Kaffem in die Gewalt der
Mächtigeren gegangen; von solchen giebt es unter den Namaqua-Stämmen
wohl nur Wenige, aber unter allen südafrikanischen Eingeborenen übt der
Reiche einen tyrannischen Einfluss über die Unbemittelten aus, welche sich
in der Hoffnung, ihren Magen zu füllen, in ein Abhängigkeitsverhältniss
fügen, welches de jure nichtig ist. Dass die Frauen sollten in der Lage
sein, ihre Gewalt über die Dienenden zu missbrauchen, wäre hei den ändern
Stämmen nicht gut ausführbar, da sie selbst zum Gesinde gerechnet werden.
Misshandlung oder selbst grausame Tödtung der Sclaven soll unter den
Namaqua keine Bestrafung von Seiten des Richters nach sich ziehen, wofür
T h . H a h n Beispiele beihringt, in denen sich eine studirte Grausamkeit-
zeigt, wie sie sonst nicht berichtet wird, wenn auch anderwärts ebenfalls
vereinzelte Tödtungen von Kriegsgefangenen im Augenblick der Erregung
Vorkommen, oder ein gewalttätiger Häuptling an diesen einmal seine Blutgier
stillt.
In solchen Misshandlungen der Sclaven erscheint die angeborene Härte
des Charakters, wie sie Jahrhunderte lange Kämpfe gegen die grausame
Natur ihres Heimathlandes und ihre oft noch grausameren Mitgeschöpfe
hervorgerufen haben; man darf also von vorn herein nicht mit zu hohen
Erwartungen an diese Eingeborenen herantreten, da man sonst sicher Enttäuschungen
ausgesetzt ist, wie sie die Missionaire auch unter den Namaqua
vielfach erfahren haben.
T h . H a h n hatte durch sein Aufwachsen unter ihnen von Hause aus
einen richtigen Maasstab für dieselben, und sein Urtheil fällt daher günstiger
aus, als man nach alledem erwarten sollte. Er lobt besonders auch das
Verhältniss der Aeltern zu ihren Kindern und umgekehrt, wobei das geschlossene
Familienleben von gutem Einfluss sein mag. Sein Loblied einer
Mutter auf ihr Kind zeigt unverkennbar viel Zärtlichkeit, wenn auch keine
Poesie. Die mancherlei Feste, welche sich mit dem Heranwachsen der
Kinder, besonders dem Mannbarmachen der Knaben, dem ersten Eintritt
der Regel beim Mädchen, welches dann den geschmückten Broekkaross annimmt
und drei Tage lang in einer kleinen Umzäunung der Hütte gegenüber
im Vollgefühl ihrer erlangten Würde sich der Menge präsentirt, sowie
bei der Verheirathung, wo es ebenfalls hoch hergeht, gewähren Einblicke
in die gemüthliche Seite ihres Lebens.
Die Braut wird wie bei den anderen Stämmen durch Geschenke an
Vieh von den Aeltern erworben, eigenthümlich ist aber die Sitte, dass die
Neuverjnählten, während das Fest seinen Lauf nimmt, sich in die neuerrichtete
Hütte begeben, worauf die Mafte vor der Thür niedergelassen wird
und sie unter Mitwissenschaft des ganzen Kraales ihre Brautnacht bei Tage
feiern.
Hierbei bilden Schmausereien das Hauptergötzen der Menge, aber
auch beim Ableben einer Person wird Vieh geschlachtet. Beim Tode seines
Vaters soll der Sohn einen Bock schlachten, mit dessen Blut er alsdann die
Leiche bestreicht, bevor sie in die Felle eingenäht wird. Es findet also
auch bei den Namaqua Etwas statt, was man als Todtenopfer bezeichnen
könnte, und 'in ähnlicher Weise fast allen südafrikanischen Eingeborenen
zukommt.
Die Beisetzung, die Gestalt des Grabes und die äussere Bedeckung
des Letztem ist ebenso, wie sie bei den cap’schen Hottentotten beschrieben
wurde.D
er präsumptive Erbe der Häuptlingswürde soll gewöhnlich der
- jü n g s t e Sohn sein.
Ueberblicken wir noch einmal zum Schluss die Umrisse des Bildes,
so ergiebt sich unzweifelhaft, dass die Namaqua■ echte Angehörige der
Völkerfamilie der Koi-koin sind, und ferner dass die v i e l f a c h verlachten
Angaben der alten Autoren über die Hottentotten sich bei diesen ihren
Verwandten zum Theil noch heute bestätigen lassen.