genannte Forsclier nicht die grösste Breite misst, sondern die Schläfenbreite
und-darum stets nach eigener Angabe um 2 — 3 # des Längsdurchmessers
niedrigere Zahlen erhält als andere Beobachter. Was er zur Vertheidigung
einer derartigen Auffassung der Sache anfuhrt, ist wohl kaum beweisend
«) und sein Beispiel hat auch in diesem Punkte wenig Nachahmer ge -
funden.
Der Höhenindex derselben Schädel ergiebt 73.81, zeigt also ein Plus
der Höhe- von 2 (Welckek = -p. 5) ; aus diesen allgemeinen Maassen
ergiebt sich durch Vergleichung mit entsprechenden Zahlen des Schädels
der Europäer, dass die Aehnliehkeit mit dem letzteren eine illusorische ist
(Siehe Anm.) und auch die eingehende Betrachtung der einzelnen Projec-
tionen lehrt dasselbe.
In der Seitenansicht erkennt man, dass die Gehirnkapsel trotz der
beträchtlichen Höhe immer noch lang gestreckt genannt werden muss, und
der Scheitel eine geringe Depression zeigt; das Hinterhaupt tritt, stark her|f'.
vor und der obere Theil der Schuppe bildet mit dem unteren einen deutsieht
man bei Vergleichung der. von P runer-B ey aufgestellten Zahlen, welche sehr pro-
noncirt sind, obgleich des Letzteren Beobachtungen den WEiCKEK’schen der Zahl nach am
nächsten kommen. Der längere Aufenthalt in Afrika dürfte Jenem wohl reineres Material
zugeführt haben, als diesem zu Gebote stand.
„ Obgleich, so weit mir bekannt, kein einziger der von P e iw e r-B e y gemessenen
hchädel in meiner Tabelle aüfeitt und das Material derselben aus wesentlich anderen Gebieten
Afrikas stammt, so schliesSen sich die Zahlen doch in sehr erfreulicher Weise an
die des eben genannten Forschers an , indem die durchschnittliche grösste Länge genau
dieselbe ist, 18.6 CM., die grössten Breiten sich, wie respective 13.4 (Pr.-B.) zu 13.2 (mihi)
verhalten und der Index also 72 und 71.2 beträgt.
Gestützt auf diese Zahlen, das Ergebniss der Messungen von 45 Schädeln, welche
m(
von Stämmen herrühren, d ie .u n te r den undeflnirbaren Begriff »Neger« zu rechnen sind
und im Anschluss an die von P rüner-B ey gegebenen, glaube ich ln der. That die obige
T6 “ Pt'u’g J erantworten zu können, dass die entsprechenden W e l c h e r ’scheu! Zahlen
• 1 rr u , 701 abSeschwächt erscheinen. Die Abweichung derselben wurde noch
viel auffallender zu Tage treten, wenn nicht, wie bereits erwähnt, die Schläfenbreite statt
der grossten Breite berücksichtigt worden wäre; bei einer Durchschnittslänge von 181 dürfte
die grösste Breite nach Schätzung vielleicht 140 betragen haberi, was einen Index von
77 ergeben würde
!)
*) W. zeichnet zwei gleich breite Schädel, von denen der eine nach vorn schmal
zuläuft, der andere die grösste Breite in der Nähe der Schläfe ha t, und behaupfet der
Unbefangene wurde den zweiten breiter nennen. Verfasser glaubt, dass der Unbefangene das
broit n omt, was breit ist, es sei denn, dass sein Auge ihn täuscht, was in dem betreffenden
Falle wohl möglich ist. Aber auch dann wurde der Unbefangene immer noch nicht
sagen der nach vorn schmal zulaufende Schädel sei vorn breiter als hinten, sondern würde
nach der Breite gefragt, j e d e n f a l l s h i n t e n , messen. Arch. f. Anthropolog. I p. 137
2) Zur Vergleichung werden hier folgende von W e l c h e r gefundene Zahlen für Deut-
sehe verschiedener Gegenden eingefügt:
Br. Ind. Höhe Ind. Diff.
77 72 — 5
79 73 - 6
80 . 7 3 — 7
W e lch er, Tab. VII. Gruppe VII. Archiv für Anthropol. I p. 157.
liehen Winkel. Die Stirn ist meist gut gewölbt, der Stirnwulst unterbricht
die Gesichtslinie nur wenig.
Der Gesichtschädel ist stark entwickelt und springt im unteren Theile weit
hervor. Es erscheint überflüssig, hier sich ausführlich über den Werth oder
Unwerth des C a m p e r ’sehen Gesichtswinkels zu verbreiten, nachdem bereits
so viel darüber gesagt und geschrieben worden ist; im Allgemeinen ist die
Meinung der neueren Autoren sehr gegen solche Messung und dieselben
wollen, mit "Rücksicht auf das Schwanken der einzelnen Abschnitte die Gesichtslinie
durch ein Coordinatensystem, gezogen von den wichtigsten Punkten
gegen eine senkrechte Abscissenaxe, ausgedrückt wissen. Es hat die
letztere Methode jedenfalls den Vorzug einer grösseren Genauigkeit, doch
möchte ich desshalb den ÜAMPER’schen Gesichtswinkel nicht ganz verwerfen,
indem er ein kurzer, präciser Ausdruck für Verhältnisse ist, die in Ermangelung
einer Figur nicht so bequem zur Anschauung gebracht werden können.
Man muss sich nur bewusst sein, dass die betreffenden Zahlen durch die
abnorme Entwickelung einzelner Knochen beeinflusst werden und die gefundenen
Werthe daher, wenn es sich nur um ein paar Grade handelt, nicht
für sieh allein eine Vergleichung zulassen. Neben photographischen Aufnahmen
indessen, welche einmal ein genaues Ablesen des Winkels, dann
aber auch eine leichte Controlle über die relative Betheiligung einzelner Par-,
thien an der gesammten Hervorragung möglich machen, ist er sehr wohl
verwendbar und zeigt als Regel eine weit grössere Constanz, als a priori
vermuthet werden dürfte.
So schwanken die auf Taf. XXXI und Taf. XXXII abgebildeten
Schädel erwachsener männlicher A-bantu (mit Ausschluss des Damara), wenn
man die Linien vom obersten Punkte des Porus acusticus bis zum äusser-
sten Ende des Processus alveolaris und von diesem zum vorragendsten Punkte
der Glabella zieht nur zwischen 66 und 67°; der weibliche Schädel derselben
Tafel hat 63°. Die letztere Zahl ist wohl ausnahmsweise niedrig, da der
generelle Unterschied, wenn er überhaupt constant ist, kaum so viel betragen
dürfte. Es wurde schon oben bei Beschreibung der äusseren Erscheinung
angedeutet, dass die Entwickelung des .weiblichen Körpers bei diesen
Stämmen durchschnittlich eine ungünstigere se i, als die der Männer und
dem. würde es entsprechen, wenn der Gesichtswinkel als Regel ein kleinerer
wäre. Es bestätigt diese einzelne Beobachtung, was W e l c h e r durch zahlreiche
Messungen besonders deutscher Schädel festgestellt hat1).
Die Zähne der südafrikanischen A-bantu sind nicht auffallend nach
vorn gerichtet und ihr Prognathismus beruht wesentlich auf der starken Entwickelung
der Kiefefbeine, welche vor allem in der Gestalt der Mandibula
bemerkbar wird. Die letztere ist äusserst massiv gebaut, ihr Winkel kommt
beim Manne einem rechten sehr nahe, der aufsteigende Ast ist kurz und so
*) Arch. für Anthropologie I, p. 107.
P r i t s c h , Die Völkerstämme Süd-Afrika’s.