Es wäre wohl zu extrem, wollte man die Buschmänner den Hottentotten
in gleicher Weise an die Seite stellen, wie auf der ändern Seite die
Kaffem zu diesen stehen, doch bilden sie j e d e n f a l l s e in e s c h a r f g e son
de r t e Gr u p p e , w e l c h e den K q i-J co iti nur al s Unt e rabtheL-
l u n g a n g e f i ig t we rd en kann. Gewisse Aehnlichkeiten beider Abtheilungen,
wenn auch theilweise ebensogut durch Vermischung erklärbar,
führen auf diese Anordnung; es wäre aber gerechtfertigter, die drei Gruppen
sich unter einander gleich zu ordnen, als die Buschmänner, wie es eine
Anzahl von Autoren befürworten, gänzlich mit den Hottentotten zusammen
zu werfen. Bevor indessen die verschiedenen Ansichten ausführlicher beleuchtet
werden können, ist es nothwendig, die sachliche Grundlage dafür
möglichst klar zu legen.
Der Stamm der Buschmänner ist unter den südafrikanischen Eingeborenen
der in der Civilisation am niedrigsten stehende. Er hat nie staatliche
Vereinigungen irgend welcher Art gebildet, sondern lebte stets in
kleineren Familien oder Horden von verschiedener Kopfzahl, welche durchaus
unbeständig waren und von Zufälligkeiten abhingen, so dass eine allgemein
geltende Eintheilung derselben nicht aufzustellen ist. Man unterschied
und unterscheidet sie noch, soweit überhaupt etwas von ihnen übrig geblieben
ist, nach den Gebieten, in denen sie umherziehen, und spricht so von
Buschmännern des Orange-Freistaates, der Kalahari, Namaqua-Landes etc*
Die Bewohner der verschiedenen Landstriche weichen in Gestalt und
äusserem Ansehen nicht in wesentlichen Punkten von einander ab, so dass
man die Unterschiede auf Familieneigenthümlichkeiten und den Einfluss
der örtlichen Verhältnisse zurückführen kann, ohne dass es nöthig wäre,
tiefgreifende Trennungen 'anzunehmen. Dur ch g anz S ü d -A f r i k a vom
Cap bi s h i n a u f zum Zamb e s i und wa h r s c h e in l i c h we i t darüber
h in a u s z i e h t , oder zog s i c h e in s t das G eb i e t der B u s c hmä n n e r ;
wenn sie aus einem grossen Theile der bezeichneten Gegenden verschwunden
sind, so hat dies seinen Grund in dem Umstande, dass sie noch in historischer
Zeit, d. h. vor ein paar Hundert Jahren daselbst mit Feuer und
Schwerdt ausgerottet wurden.
Da die Buschmänner das Land, welches sie bewohnten, sich nicht
durch Cultur unterwarfen und zur Heimath machten, wurde ihr Recht darauf
von den später Kommenden auch nicht anerkannt und heimathslos
blieben' si e, wie sie auch namenlos sind.
Der Ausdruck »Buschmann«, welcher wegen Fehlens einer nationalen
Bezeichnung nicht wohl umgangen werden kann, ist sehr verschieden gedeutet
worden, während es hier wie in anderen Fällen besser gewesen wäre,
nicht zu deuten, sondern den Namen zu nehmen, wie er in der Sprache,
der er ursprünglich angehört, der holländischen, vor Bekanntwerden dieser
Eingeborenen bereits existirte.
Will man durchaus deuten, so erscheint es am einleuchtendsten, dass
die Bezeichnung »Buschmänner« einen Volksstamm anzeigt, der sich in
buschigen Gegenden verbirgt; es ist diese Erklärung dem Worte von vielen
Autoren auch wirklich gegeben worden, so z. B. von S p a r rm a n n 1) , der
die genannten Eingeborenen im Gegensatz zu seinen »chinesischen Hottentotten
« meist »Buschhottentotten« nennt, und es unterliegt keinem Zweifel,
dass auch heutigen Tages besonders Deutsche und Engländer das Wort in
diesem Sinne gebrauchen. Da der Buschmann noch immer seine Vorliebe
für buschiges Land behalten hat und für ihn auf den Titel eines eigentlichen
»Waldbewohners« nie Anspruch erhoben worden ist, so ereifert sich L i c h t
e n s t e i n 2) wohl mit Unrecht, indem er dagegen auftritt, dem Namen eine
solche Erklärung zu geben, sondern denselben lediglich auf die Gewohnheit
dieser Eingeborenen zurückgeführt wissen will, aus verflochtenen und heruntergezogenen
Zweigen des Tarchonanthusbusches sich ein Nachtlager oder
einen Hinterhalt zu bereiten, wonach »Bosjesman« unserem »Strauchdieb«
entsprechen soll. Es scheint, dass L i c h t e n s t e i n nie selbst so als Buschmann
hinter den Tarchonanthuszweigen campirt hat, was wunderbar genug
ist, da Eingeborene jedes Stammes sowie Colonisten, wo die Umstände es
erheischen, noch heut diese sehr zweckmässige Methode anwenden, und dass
er niemals ein preussisches Bivouak gesehen hat. Die Sache kommt nämlich
ganz auf dasselbe Princip heraus, und der einzige Unterschied ist, dass,
was man in aem einen Falle mittelst Stroh herstellt, man in dem anderen,
in Ermangelung von solchem, aus Tarchonanthusästen macht. Ein derartig
einfacher und vielseitig benutzter Kunstgriff dürfte den holländischen Colonisten
wohl kaum so sehr imponirt haben, dass sie darnach die Bezeichnung
wählten; gegenüber der LiCHTENSTEiN’schen Auffassung ist die ersterwähnte
wegen des fortdauernden Gebrauches jedenfalls die mehr berechtigte. In
derselben Weise ist das Wort auch von einer maassgebenden Behörde, dem
»Select Comittee on Aborigines«3) gedeutet worden, welches sich darüber so
äussert : Ausser den unterworfenen Hottentotten gab es andere Afrikaner
desselben oder verwandten Stammes, welche frühzeitig mit dem Ausdruck
»Buschmänner« bezeichnet wurden, von ihrer Abneigung sich ansässig zu
machen (to become bondsmen), indem sie es vorzogen, lieber eine zweifelhafte
Existenz in Feld und Wald zu führen.
Die Berechtigung einer solchen Auslegung indessen zugegeben, muss
man doch sagen, dass der Ursprung und die erste Anwendung des Namens
für Süd-Afrika ein durchaus anderer war, wie sich aus dem Studium der
holländischen Sprache und der Vergleichung mit den alten Quellen ergiebt.
*) Sp . a. a. O. p. 188.
2) L. a a. O: II. p. 78.
3) Report of Select Comittee on Aborigines.