Die Duschmänner spielten keine bedeutende Rolle mehr, indem die
Metzeleien ihre Reihen dafür allzusehr gelichtet hatten, und die Privatjagden
der Golonisten genügten für gewöhnlich, um die Reste derselben in gehörigem
Respect zu halten. Nur zuweilen, wenn sie sich durch Zuzug aus dem
Innern wieder verstärkt hatten, machten sie ihre Anwesenheit den Farmern
so bemerkbar, dass grosse officielle Commando’s gegen dieselben unternommen
wurden, und solche ereigneten sich noch zu verschiedenen Zeiten (1802
noch eins im Graaff— Remet—District), ohne viel von sich reden zu machen.
Die Hottentotten, im grössten Theil der Colonie zur Rolle von Untergebenen
herabgedrückt, hatten im Süd-Osten noch einige Landstriche gefunden,
welche wegen der ausgedehnten Waldungen dem Viehzucht treibenden Boer
unerwünscht waren, und daher eine Zuflucht von zweifelhafter Sicherheit
für diejenigen unter den Hottentotten darboten, welche lieber ein hartes
Dasein unter den schwierigsten Verhältnissen fristen, als Sclaven der Colo-
nisten sein wollten. Dazu kam, dass hier ein Stamm vorhanden war, die
Gonaqua, welche, wenn auch ursprünglich echte Hottentotten, doch manche
Elemente von den Kaffem aufgenommen hatten und durch die Kreuzung
zu einer vortheilhafteren Entwickelung gelangt waren. Fand sich ein
tüchtiger Führer, so fehlte es ihm in der östlichen Colonie nicht an Gelegenheit,
um in kürzester Zeit zahlreiche Banden verwegener Gesellen um sich
zu sammeln, mit Hülfe deren er eine Macht gründen konnte, welche freilich
mit dem Untergang des Führers wieder in Nichts zerfloss.
Em solcher Führer war der Häuptling Ruyter, welcher am Fischfluss
sich seine Herrschaft gründete, nachdem er im Roggeveld im Dienste eines
Boeren einen Mord an einem Landsmann verübt und wegen desselben
fluchtig geworden war. Durch Entschlossenheit und Muth verschaffte er
sich Ansehen, er führte die Eingeborenen zu mancher kühnen That gegen
die Kaffem der Nachbarschaft und hielt mit eiserner Strenge und Grausamkeit
seine Autorität aufrecht, bis das Glück sich gegen ihn wandte. Die
eigenen Unterthanen Hessen ihn, durch seine Grausamkeit und Ueberhebung
erbittert, in einem Kampfe gegeri die Kaffem im Stich, er fiel in die Gefangenschaft
der Feinde, iind obwohl später befreit, vermochte er doch die
frühere Macht nie wieder zu erreichen. Heim Vordringen der Colonisten
trat in dem Anfang der achtziger Jahre ein grösser Theil seiner einstigen
Untergebenen mit ändern Hottentotten der Nachbarschaft in die Dienste
derselben.
Sü d -A fr ik a unter der Herrschaft der Engländer.
Die holländische Herrschaft hatte sich in der Colonie überlebt, die
Zerwürfnisse nahmen überhand, und die Empörung, welche längst im Stillen
thätig gewesen war, erhob ungescheut ihr Haupt, indem die Landdroste der
Divisionen Graaff- Reinet und Swellendam vertrieben und in letzterem
Orte eine freie Republik erklärt wurde. In demselben Jahre (1795) fiel
das Cap fast ohne Schwerdtstreich in die Hände der Engländer, ohne dass
dieselben es sobald vermocht hätten, in das zerrüttete Land Ordnung zurückzuführen.
Ueberall sehen wir in dieser Zeit Unruhen und Kämpfe, worunter
als wichtiger Ausgangspunkt für spätere Verwickelungen auch das Auftauchen
des Hottentottenhäuptlings Afrikaner zu erwähnen ist. Dieser Mann,
welcher einen hohen Grad von Entschlossenheit besass, tödtete, gereizt
durch grausame Behandlung, seinen Herrn Pinaar im Hantam und entfloh
mit Gesinnungsgenossen nördlich in die unwegsamen Ufergebiete des Orange-
Flusses (1796). Seine hervorragenden Eigenschaften verschafften ihm sehr
bald einen bedeutenden Anhang, und er wurde der Schrecken jener Gegenden,
indem er seine Raubzüge bald südlich gegen die vorgeschobenen Farmen
der Colonie richtete, bald nördlich den Eingeborenen der Nachbarschaft
seine Macht fühlen liess. Am schwersten mussten dies die Korana unter
Barend - Barends empfinden, welche in jener Zeit langsam den Orange-
Fluss abwärts gezogen waren und nun durch die Angriffe Afrikaners gezwungen
wurden, ihre Schritte rückwärts zu wenden, bis sie später durch
das Auftreten der Griqua einen sicheren Stützpunkt fanden.
Auch im Kafferlande wüthete die Assegai unter den eigenen Landsleuten
wieder' ärger als je. Der junge Häuptling Ngqika, welcher als
unmündiger Knabe zeitweise in der Gesellschaft von Colonisten gelebt und
mit offenem Sinn Manches von ihnen gelernt hatte, entwickelte sich früh
zum aufstrebenden Herrscher. Einer der eigenthümlichen, gewaltthätigen
Charaktere, wie sie Süd-Afrika so zahlreich unter den Colonisten hervorgebracht
hat, und denen man bei allen Fehlern eine gewiäse Kraft nicht
absprechen kann, der Rebell Buys schloss sich, als ihm der Boden in der
Colonie zu warm wurde, ganz an Ngqika an und heirathete sogar, um sich
unter den Kaffern mehr Autorität zu verschaffen, die Mutter des jungen
Häuptlings. Dieser selbst forderte, entschlossen sich seinem Onkel Dhlambe
nicht länger unterzuordnen, die Herrschaft, und überzog ih n, als er sich
weigerte zurückzutreten, mit Krieg. In einer grossen Schlacht schlug
Ngqika seinen Vormund '(179 7) , worauf der Rest der geschlagenen Parthei
die gewohnte Zuflucht im Zuurveld aufsuchte.
Ein zweiter Versuch, den Dhlambe später machte mit Hülfe der Ama-
tembu die verlorene Herrschaft wieder zu gewinnen, fiel ebenfalls unglücklich
aus, er gerieth selbst in Gefangenschaft und der Theil des Stammes, welcher
sich dem Häuptling Ngqika nicht unterordnen wollte, musste ausserhalb
unabhängige Wohnplätze suchen. Da die Verhältnisse keine andere Wahl
übrig Hessen, so wendeten sie sich nordwärts, um an den Ufern des Orange-
Flusses eine Zuflucht zu finden, doch zurückgetrieben von den dortigen