Notizen mit Namensangaben finden sich in dem Journal einer vom Gouverneur
v a n d e r S t e l l unter Fähndrich S c h r i jv e r ausgesendeten Expedition,
deren Bericht im Wesentlichen der Wahrheit gemäss zu sein scheint, wenn
auch wohl manches Ungenaue mit untergelaufen ist. Bei seinem östlich
gerichteten Zuge traf S c h r i jv e r jenseits der Hassequa öfters Individuen, den
Attiqua zugehörig, dieselben müssen also nicht nördlich im kleinen Namaqua-
Land, wo sie K o l b e n verzeichnet, sondern nordöstlich im District Beaufort
West und Oudtshoorn gewohnt haben.
Das Ziel der Reise waren die einen Monat entfernt wohnenden Inqua-
Hottentotten, auch hoffte man dabei Terra natalis zu erreichen, welches im
Jahre 1 4 9 7 durch V a s c o d e G a m a entdeckt worden war, und Nachrichten
über die Mannschaften eines an der Natal-Küste untergegangenen Schiffes,
der bereits auf Seite 12 erwähnten Stavenisse, zu erlangen. Alle diese
Umstände setzen es ausser Zweifel, dass die lnqua ein östlich wohnender
Stamm waren, die Entfernung ergiebt, bei damaliger Art zu reisen, etwa
die geographische Länge der Algoa-Bay und in der That finden wir auch
auf der KoLBEN’schen Karte die genannte Nation in dieser Gegend am Zon-
dag’s Rivier (Rio di Spirito) unter dem Namen ihres Häuptlings »Heykome
(Hykon oder Seeon der Cape Rec. pag. 4 3 7 ) verzeichnet.
Als den lnqua benachbarte Stämme werden gleichzeitig genannt nach
Südosten zu am Meeresufer die Kubuqua, Damaqua, Ganumqua, Namunqua
und Gonaqua, von welchen Namen sieh nur derjenige der Damaqua auf
K o l b e n ’s Karte in der Gegend des Gauritz-Rivier’s f i n d e t 1) ; : ' 1?
Die Gonaqua (wörtlich die »Zusammenstossenden«), damals wie es
scheint nicht besonders bedeutend, müssen in der Folge viel mächtiger geworden
sein, da ihr Name sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat, und
') Die KoLBEN’sehe Karte ist äusserst unc'orrect gezeichnet, und' enthält mannigfache
Irrthümer, wie sie die mangelhafte Kenntniss des Landes mit sich brachte. Hält man indessen
das Cap auf der einen Seite und den Zondags Rivier (Rio de Spirito) auf der
anderen als feste Punkte im Auge und berücksichtigt dabei, dass auf der kindlich gezeichneten
Karte die Dimensionen im Quadrat der Entfernung abnehmen; so kann man die
positive Grundlage derselben wohl ermitteln. Es ergiebt sich, dann, von Osten angefangen,
als nächster Fluss der Garatoos-Rivier, wobei auch der Name Chamtoucrs Nation bemerkt
is t; darauf ein kleiner wahrscheinlich Kromme-Rivier (Rev. de Natal),, dann Gauritz-
Rivier (Rev. de Infantes) begleitet von den daran erinnernden Namen Ommcos-Nation; es
würde nun folgen der Breede Rivier (Rev. Lagao) mit dem Rivier zonder Ende und
Palmiet-Rivier (Re Pascadores).
Ausserdem aber finden sich eine Menge von Namen,, wie Monmnotapa, Terre de-
Natal, Vigitimagria, Angra de Voltas, Bay de la Groa, Ba y St. Blasy etc. in harmlosester
Weise über die Karte verstreut, was die Klarheit natürlich nicht wesentlich erhöht; einiges
gute Material scheint aber doch zu Grunde gelegen zu haben, wie schon daraus hervorgeht,
dass die angegebenen Stammnamen sich fast sämmtlich mit denen der anderen Quellen
identificiren lassen; es bleibt nur übrig, die Kouteniqua mit den Nougliqm zusammen zu
ziehen, was im Hinblick auf anderweitige Namensverdrehungen nicht künstlich erscheinen
dürfte.
noch starke Ueberreste des Stammes in der ganzen (östlichen Provinz und
Kafferland auftreten. Nach Norden von den lnqua erwähnt S c h r i jv e r noch
drei Stämme, die Gly, Bry und Bly, doch sehen diese Bezeichnungen müssi-
gen Erfindungen seiner Berichterstatter zu ähnlich, als dass Werth darauf
gelegt werden könnte; auf der Rückreise der Expedition werden in der
»Krommen Kloof« (Kromme Rivier?) noch die Hougliqua (Houteniqual) erwähnt,
welche offenbar ziemlich zahlreich waren, da angegeben ist, dass die
Colonisten 30 von ihnen in einem entstandenen Kampfe tödteten. In den
Berichten des Gouverneurs sind diese wiederum Makrigga genannt, welche
auch von der Mannschaft der Stavenisse als ein Kaffernstamm angegeben
werden (siehe Note auf pag. 12), so dass also hier die Gränze zwischen den
Kaffem und Hottentotten erreicht gewesen zu sein scheint.
Wären nicht durch einen unglücklichen Zufall, oder, wie die Feinde
der holländischen Regierung behaupten, absichtlich, die officiellen Papiere
. eines langen Zeitraums (die Jahre 1690 — 1769) verloren worden, während
dessen sich die Colonie gerade auf Kosten der Eingeborenen stark ausdehnte,
so würden wir wahrscheinlich noch eine ganze Reihe von Stammnamen
besitzen, ohne , dass man daraus nennenswerthen Nutzen ziehen
könnte. Denn ebenso wie bei den Kaffern sind auch unter den Hottentotten
grössere oder kleinere Abtheilungen entstanden und eventuell wieder
verschwunden, indem ein durch Macht; und persönliche Eigenschaften hervorragender
Mann eine Reihe kleinerer Banden um sich vereinigte und so
einen Stamm bildete, der meist den Namen, seines Gründers unter Anhängung
der Sylbe qua, welche das Masculinum im Plural bezeichnet, zu
seinem eigenen machte.
Dass eine Vereinigung von etwa 18 erwachsenen Männern, wie die
unter 1 erwähnten Choeringaina, (welche Zahlangabe indessen nur von den
Bewohnern eines einzigen Kraales hergenommen wurde), nicht den Namen
eines Stammes im ethnographischen Sinne verdient, dürfte man wohl ohne
Weiteres annehmen können. Nur dadurch, dass die eigenthümliehen Verhältnisse
bei der Gründung der Colonie diese Leute unter den ersten Eingeborenen
mit den Colonisten in Verbindung brachten und ihnen wichtig
erscheinen liessen, sind Manche zu der Ehre einer besonderen Erwähnung
gekommen. In ähnlicher Weise wird aber stets ein Missverhältniss obwalten
in der richtigen Würdigung relativer Grössen, wo auf die Quellen stationärer
Beobachter zurückgegangen werden muss; das Entferntere bekommt unsichere
Umrisse , die Phantasie übertreibt seine Dimensionen oder es erscheint im
Gegentheil klein und unbedeutend.
Obgleich somit die Schwierigkeiten einer allgemeinen Schätzung nach
den angeführten Quellen sehr grosse sind, und man unmöglich zu genauen
Zahlen kommen kann, so geben die Notizen doch bei gehöriger Würdigung
der localen Verhältnisse einen gewissen'Anhalt, der annähernde Werthe
aufzustellen erlaubt.