Das Kind erblickt das Licht der Welt in der engen, dunklen Hütte,
m welche sich die Wöchnerin zurückzieht, kaum unterstützt durch eine oder
die andere alte Frau ¡feer Bekanntschaft, da die Personen in dieser Zeit selbst,
sowie Alles, was mit ihnen in Berührung kommt, für unrein gelten. Die
Hütte, welche eine Wöchnerin enthält, wird daher auch äusserlieh kenntlich
gemacht und jeder männlichen Person, selbst ihren einheimischen Doc-
toren, ist der Eintritt verwehrt; das aussen angebrachte Zeichen besteht in
einem Buschei Röhricht und darin sieht Casalts-, seiner Neigung für symbolische
Beziehungen entsprechend, eine Anspielung auf die Sage der Kaffem
von der Herstammung des Menschengeschlechtes aus dem Rohr. Bereits
oben auf Seite 138 wurde über diese Sage, sowie die doppelsinnige
Bedeutung des Wortes »Mangern«,, wodurch eine solche Auffassung möglich
wird, gesprochen , und die Gründe, welche die Uebersetzung »ürstammc
nchtiger erscheinen lassen, angegeben. Immerhin wäre es möglich, dass
sich unter manchen Stämmen die Auffassung von »Röhricht« als einen bestimmteren,
realeren Anhalt bietend, mehr eingebürgert hätte; aber auch
dann ist es unverträglich mit der Denkweise der Eingeborenen, eine solch
sinnige, weit hergeholte Beziehung in ein Warnungszeichen zu legen. Soll
bei uns in Europa auf eine unsichere Stelle des Weges, ein Loch in
einer Brücke aufmerksam gemacht, oder überhaupt beim Verkehr auf dem
Lande vor irgend etwas gewarnt werden, pflegen wir auch 'einen Strohwisch
aufzunchten, ohne an Ammenmährchen zu denken, warum sollte dasselbe
Zeichen bei den Be-clmana nicht auch eine Warnung ausdrücken können?
Eigentümlich ist die Leichtigkeit des Gebärens bei den Be-chuana,
wie bei den übrigen A-baniu, zumal mit Rücksicht auf die keineswegs
besonders günstigen Beckenverhältnisse; es scheint dieselbe theilweise ihren
Grund zu haben in der relativen Niedrigkeit des kleinen Beckens der dadurch
bedingten Kürze des Geburtskanales, und in dem im Vergleich zum
Eingang geräumigen Beckenausgang, vermuthlich trägt auch die Stennce-
phalie und das prominirende Hinterhaupt dazu bei, das Durchtreten des
Kopfes zu erleichtern. Endlich ist die Leichtigkeit in gewissem Sinne wohl
nur scheinbar, m so fern die Empfindlichkeit der Frauen durch das harte
Leben unter uneivilisirten Verhältnissen bedeutend abgestumpft ist und
weniger stark auf die unvermeidlichen Reizungen reagirt.
Das Vorhandensein einer gewissen Indolenz verräth auch der Umstand,
dass die Personen gar kein Wochenbett abzuhalten pflegen, sondern schon
in den nächsten Tagen herumlaufen und vielleicht bereits schwere Arbeiten
verrichten. Der Säugling geht aus dem Schooss der Mutter in das Tragetuch
über, welches sich mit der Tasche bei den Beuteltieren vergleichen
hesse, so consequent wird der neue Weltbürger darin umhergeschleppt und
begleitet die Mutter auf allen ihren Wegen.
Die Benennung der Kinder ist bei den Be-ehuana sehr auffallend, da
es eigentlich nur Beinamen sind, hergenommen von irgend einer Besonderheit
des Neugeborenen; zuweilen sind . es ganze Sätze, die zusammengezogen
werden. So ist ein häufiger Name »cuenyane« (kleines Aeffchen), nach dem
Eindruck, den das Kind den Aeltern machte, ein andrer, unter den Portraits
verzeichnet: »meme« bedeutet »Kniee«, wo dieser Körpertheil eine besondere
Bildung verrieth, ein Knabe mit grösser Nase führte den Namen »cukuruu,
(Nashorn), '»maliuraa. (Fett) ein besonders wohl genährter u. s. w. Ein Mo-
chuana, der seine Frau im Verdacht der Untreue hatte, begrüsste das Kind
mit den Worten: »Nicht mein!« und dasselbe hiess fortan Nichtmein sein
Lebenlang; eine schwangere Frau, welche wegen allzu schlechter Behandlung
ihrem Manne entlief und in der Fremde gebar, nannte das Kind:
»Mit dem ich davonlief«. Noch andere Namen, welche unseren Anforderungen
mehr entsprechen, drücken Hoffnungen oder Erwartungen für die
Zukunft aus, wie z. B . : »malicabe«. (Mutter von Stämmen).
Ausser der Mutter kümmert sich auch bei den Be-chuana Niemand
sehr um das Heranwachsen des jungen Sprösslings, der nach einem
Jahre anfängt dem Tragetuch zu entwachsen, und sich unter der aufstrebenden
Generation des Ortes bemerkbar zu machen. An solcher fehlt
es in den wenigen etwas breiteren Strassen und Plätzen einer Be-chuana-
Niederlassung selten, die kleinen Kobolde von zwei bis sechs Jahren lieben
essehr , sich herumzutreiben und die klimatischen Verhältnisse machen auch
. 1 den Aufenthalt im Freien zu einem besonders angenehmen. In diesem
Altgr gewähren die Kinder den muntersten und intelligentesten Anblick;
sie erfassen Schnell und leicht die- einfachen Verhältnisse ihrer Umgebung,
wozu der Verkehr im Oeffentlichen viel beitragen mag. Die Aeltern richten
sie auch bald zu ldeinen Diensten ab, wie Wasser und Holz holen, Milch
zum Verkauf zu tragen, wilde Früchte zu sammeln, und zu ähnlichen,
leichteren Arbeiten. Die Wagen der Händler sind daher stets umlagert von
Schaaren dieser hoffnungsvollen Jugend, welche theilweise den Fremden
mit ihren wichtigen Geschäftsanträgen bestürmen, theilweise Unfug und
Narrenspossen treiben.
Lange dauert aber die ungebundene Freiheit der Kinder bei den B e -
chuana nicht. Wenn die Zeit der geschlechtlichen Entwickelung heranrückt
und damit zugleich die Aufforderung zur feierlichen Ausführung der hier
ebenfalls üblichen Beschneidung, so kommen die etwa gleichaltrigen Knaben
eines Ortes unter die besondere Obhut bestimmter Erzieher, welche die Aufgabe
haben, ihnen die Pflichten ihres zukünftigen Lebens klar zu machen.
Die Eingeborenen gehen dabei von dem Grundsatz aus, dass sich Nichts so
* :: gut einprägt, als was sich in der Erinnerung mit einem körperlichen Schmerz
verbindet, und bläuen daher den Knaben ihre Lehren der Weisheit im
wahren Sinne des Wortes ein. Es geschieht dies, indem die Instructoren
den vor ihnen stehenden Knaben ihre Ermahnungen geben 'lind dieselben
stets mit einem kräftigen Gerten-Hieb über den entblössten Körper des
Zöglings begleiten. Sie verbinden damit zugleich den. Gedanken, die Knaben