e de liegen, und erst der mehrere Stunden später wieder zur Stelle gekommene
Freund desselben, G r e e n , zwang sie mit bewaffneter Hand umzukehren
und mit ihm zusammen den Verwundeten in Sicherheit zu bringen Mit
seiner Verwundung war der Zauber, welcher ihn in den Augen der Eingeborenen
umgab, gebrochen, und nie vermochte A n d b r s s o n wieder einen
nennenswerthen Einfluss über sie zu erringen.
Auch der Missionar H u g o H a h n , obwohl er dem Princip zu Liehe die
schlechten Seiten seiner Pflegebefohlenen nach Möglichkeit verdeckt, hat es
doch nicht vermeiden können, die geringe Zuverlässigkeit derselben durch-
blicken zu lassen, er bürdet einem Häuptling, Kamaherero, die Hauptschuld
seiner üblen Erfahrungen auf, aber wenn man zwischen den Zeilen
zu lesen versteht, erkennt man in dem von seinem Sohn veröffentlichten
Briefe leicht die Verzweiflung des Mannes, die Herero dauernd auf guten
Wegen zu erhalten1); über die »träge Ruhe« sowie »heidnisch reaktionäref‘
Bewegungen unter ihnen wird ausdrücklich geklagt. Auch Kamaherero mit
seinem Anhänge hatte sich, beeinflusst durch die Zauberer, von den Missionaren
, welchen sie sehr viel zu danken hatten, wieder abgewandt.
Wenn der Sohn des H u g o H a h n selbst anführt, die Herero besässen
zwar m ihrer Sprache (wie im Kafir) kein Wort'für Dankbarkeit, sie schätzten
aber diese Tugend doch sehr hoch, so ist dies gegenüber solchen That-
sachen wohl mit Recht als Schwärmerei zu bezeichnen. Der Reisende
C h a p m a n , welcher allerdings auf Seiten der Namaqua stand, aber selbst
lange Zeit Herero im Dienst hatte und zwar nicht, die schlechtesten, da
sie bei ihm aushielten, bis der Speer der Matdbele ihrem Leben ein Ende
machte, hatte eine ganz andre Meinung von dem Durchschnittscharakter
es Volkes und warnte seinen Freund A n d b r s s o n öfters vergeblich vor der
Treulosigkeit und Unzuverlässigkeit seiner Schützlinge.
In den Hauptpunkten entfernen sich die Herero hinsichtlich ihrer
geistigen Fähigkeit und ihrer Gemüthsrichtung nicht wesentlich von den
übrigen A-hantu. Die Neigu'ng zu harmloser Fröhlichkeit ist, wie oben
angedeutet, bei ihnen sogar in den Namen aufgenommen, und diese Leichtlebigkeit,
verbunden mit Schläffheit, macht sie unzuverlässig und.treulos,
nicht eigentliche Bosheit oder Heimtücke, welche letzteren Fehler nur ausnahmsweise
unter den A-hanlu Vorkommen. Wie die übrigen sind auch die
Herero leicht beleidigt und erzürnt, doch geht die zornige Erregung vorüber,
wie ein Wirbelwind über die sonnigen Steppen ihrer Heimath zieht,
sie hinterlässt keinen bleibenden Eindruck.
Grosse Tiefe des Gefühls möchte ich kaum bei ihnen suchen, darum
erscheint es mir ausserordentlich auffällig, dass J. H a h n ihnen eine so
mächtige Kindesliebe zuschreibt, dass sie sich öfters beim Verlust ihrer
Kinder selbst entleiben sollen. Da dem genannten Autor gerade hinsichtlich
dieser Stämme reichere Erfahrungen zur Seite standen als mir, so muss ich
mich damit begnügen, ausdrücklich zu betonen, dass ich diese Notiz mit
vielem Erstaunen gelesen habe, da überhaupt unter allen Bantu-Völkern
der Selbstmord zu den allergrössten Seltenheiten gehört.
Im Allgemeinen spricht J. H a h n l) den Herero reiche Anlagen zu besonders
für Sprachen, und viel mechanisches Talent, aber wenig Ortsinn,
während gerade dieser Sinn bei den Be-chuana sehr gut entwickelt zu sein
pflegt. Er nennt sie in ihrer Lebensweise solide und haushälterisch, worin
sie also auch mit den übrigen A-bantu übereinstimmen würden, ebenso wie
in den von ihm gerügten Fehlern: Lüge und Sinnlichkeit. Ausserdem
sollen sie, wie alle Negervölker (?), gering von sich denken und desshalb
auch nicht prunksüchtig sein. Nach meinen Erfahrungen sind sämmtliche
Eingeborene, welche man unter obiger Bezeichnung begreift, auf ihre Erscheinung
eitel und geneigt, sich gegenüber ihren Stammesgenossen zu
überheben, wie oben schon ausgeführt wurde. Von der Macht und dem
Reichthum der Weissen haben sie indess so übertriebene Vorstellungen,
dass sie es nicht wagen, sich auch über diese zu setzen. Wären J. H a h n ’s *
Angaben in diesem Punkte zutreffend, so würden die Herero eine Ausnahme
bilden, fasst man aber den unbequemen, gleich zu beschreibenden
Putz beider Geschlechter in’s Auge, so erscheint es wahrscheinlich, dass
sie eben so eitel sind wie die ändern auch.
In ihren religiösen Vorstellungen ist ein ausgebildetes Ceremonienwesen
die Hauptsache und es wird also weiter unten ausführlicher darauf einzugehen
sein; wahre Religiosität, oder auch nur grosse und edle Gedanken
höherer Art kann ich in ihrem Cultus der Vorfahren, der.in den Grundanschauungen
dem der Xosa analog ist, nicht sehen.
2. Kleidung, Bewaffnung, Geräthe und Wohnungen.
Wie die Figuren 5 1 und 5 2 erkennen lassen, zeichnet sich auch unter
den O va-herero die Tracht der Männer nicht durch grosse Reichhaltigkeit
aus, doch-finden sich an ihr gewisse Besonderheiten, welche den ändern
1) A. a. O. p. 486. J. H a h n , dessen Charakteristik der Herero sowie die Beschreibung
ihrer Sitten einen unverkennbaren Stempel von Original - Beobachtungen (grossen-
theils allerdings von seinem Vater herrührend) trägt und reich ist an interessanten Einzelheiten,
mag überall als treffend bezeichnet werden, wo tendenziöse Auslegung seinen
Blick nicht umflort hat. F ü r andere Stämme kann er aber keinesfalls als Autorität gelten,
zumal da er bei fehlender eigener Beobachtung auch die authentischen Quellen, bei denen
er sich Raths erholen konnte (z. B. die Cape - Records) vielfach unberücksichtigt gelassen
hat.