Ein Rauchfang fehlt natürlich auch hier, und die niedrige Thür wird des
Nachts, wo sich die Bewohner friedlich auf dem Boden in ihre Karosse
einrollen, durch eine heruntergelassene Matte geschlossen.
3. Religion, Sitten, Gebräuche.
Nachdem wir bereits die Grundanschauungen der Namaqua in höheren
Dingen kennen gelernt haben, ist über Religion als Cultus nur wenig
zu sagen.
Die meiste Berücksichtigung findet bei ihnen der Heitsi-Eibib, und
zwar wird dieser verehrt durch Anrufungen, wobei man Segen erfleht, durch
Darbringungen, welche auf den künstlichen Steinhaufen, unter dem Volke
als Gräber der Heitsi-Eibib bekannt, niedergelegt werden. Die Eingeborenen
werfen im Vorbeipassiren einen Stein zu dem Haufen, der dadurch mehr
und mehr anwächst, oder sie legen grüne Zweige, Blumen und dergleichen
auf demselben nieder, während sie den Geist anrufen, dass er ihnen günstig
sein möge. Ereignet sich, nachdem sie aus Nachlässigkeit die Erinnerung
unterlassen, bei dem Unternommenen etwas Unglückliches, sö schieben sie
die Schuld auf diese Unterlassung, und suchen sie nachzuholen; geht es
ihnen dagegen schlecht trotz des beobachteten Bitus, so werden sie böse,
schelten den Heitsi-Eibib, und wollen Nichts mehr von ihm wissen.
Von blutigen Opfern erwähnen die Autoren Nichts, obgleich natürlich
auch bei den Namaqua eine festliche Gelegenheit irgend welcher Art ein
Vorwand ist, Vieh zu schlachten und Schmausereien zu halten. Es will
hier die Construction eines religiösen Systems aus den abergläubischen Gebräuchen
noch weniger glücken als bei anderen Stämmen; wie die Darbringungen
für den Heitsi-Eibib schon stark an sympathetische Mittel erinnern,
so finden sich noch sehr viele andere, in welche die Leute das
grösste Vertrauen setzen, während der Charakter des Zaubermittels klar zu
Tage liegt. Auch diesen Eingeborenen fehlt nicht die Klasse der Zauberer,..
welche Hexereien entdecken, behexte Leute, d. h. erkrankte wirklich heilen
oder zu heilen vorgeben, Amulette verfertigen und ähnlichen Hocuspocus
treiben.
Die Art und Weise, wie dies geschieht, stimmt im Allgemeinen mit
der bereits bei anderen Stämmen beschriebenen überein, nirgends ist aber
der Fanatismus gegen die Hexen von gleicher Höhe wie bei den Kaffern,
wozu gewiss der Wegfall des politischen Momentes beim Hexenprocess viel
beitragen mag. Ueber einige beliebte Amulette der Leute berichtet
T h . H a h n , z . B. zwei Stückchen weissgelbes Holz, »Weissvergessen« genannt.,
weil die Weissen die vom Träger des Amuletts ihnen zugefügten
Beleidigungen dadurch vergessen sollen; eine andere Sorte Holzstückchen,
in besonderer Weise vereinigt, werden »Mädchenliebe« genannt, weil sie die
Zuneigung des weiblichen Geschlechtes anziehen sollen und Anderes mehr.
Man trägt diese Zaubermittel, welche die Namaqua »Piljas« nennen sollen,
wie gewöhnlich an einer Schnur am Halse. Das Wort »P ilja s« ist offenbar
dasselbe, welches ich bei den Be-chuana zur Bezeichnung von b ö s e n
Zaubermitteln, im weitesten Sinne jedes Gift, in der Form »Palias« nennen
hörte (pag. 202) im Gegensatz von »Molemo«, welches jenes bekämpft. Es
zeigt dieser Umstand auf’s Neue, wie eng die Eingeborenen in diesen Anschauungen
Zusammenhängen, und wie Manches von einem Stamm zum
ändern übergegangen ist, doch lasse ich dahingestellt, welchem von beiden
das in Rede stehende Wort ursprünglich eigen gewesen ist.
Alle diese Betrachtungen bekräftigen T in d a l l ’s geringe Vorstellungen
von der Religion der Namaqua und die Wahrheit seines Ausspruches, dass
sie jedenfalls auf ihre Zaubermittel mehr. Vertrauen setzen.
Die politische Verfassung steht auf einer gleich niedrigen Stufe wie
ihre religiöse. Das nomadisirende Wanderleben, welches sie theils aus
Neigung, theils gezwungen führen, die Unmöglichkeit, in manchen Theilen
des wasserarmen Landes grössere Gemeinden zu bilden, steht einer festeren
Organisation hindernd im Wege. Das Verzeichniss der Stämme lehrt schon,
welch bedeutende Zersplitterung des ohnehin nicht zahlreichen Volkes vorhanden
ist, und wie die einzelnen Abtheilungen, ohne jede Rücksicht auf
den Zusammenhalt, weiter und weiter drängen, um sich mit Rücksicht auf
Wasser und Weideplätze günstiger zu situiren, wie sie es schon seit Jahrhunderten
thun mussten.
Soviel Familien an einem Orte nach Wunsch existiren können, soviel
bleiben zusammen, reicht Wasser und Weide nicht zu, so trennen sie sich
lieber, und das Oberhaupt der Familie ist unter solchen Verhältnissen begreiflicher
Weise die erste Autorität. Die Bedeutung der Häuptlinge wird
dadurch beeinträchtigt und erscheint häufig fast nominell, wenn die persönlichen
Eigenschaften ihm nicht eine besondere Achtung verschaffen und
Wohlstand nicht zur Stärkung seiner Macht beiträgt. Doch ist es bemer-
kenswerth, dass selbst unter so aufgelöster Organisation sich eine schwache
Spur von Oberhoheit erhalten hat, indem ein Stamm, die Kei-xhous oder
das »roode Volk«, sich heute noch »die königlichen« nennt und die Tradition
aufrecht erhält, dass ihrem Häuptling Oasib eigentlich die Herrschaft über
die ändern gebühre, wenn sie auch nicht ausgeübt werden könne.
Bei den unablässigen Kriegen und Wechselfällen mannigfacher Art
konnten sich die Führer wohl erproben, und Vieler Namen sind daher auch
keineswegs klanglos geblieben, sei es im guten, sei es im bösen Sinne,
Andere aber führten nur ein Schattenregiment. Der Beirath, aus den Ver