die Unterarme ebenso wie die Waden bei den unvermischten, in ihrer Ursprünglichkeit
bewahrten Eingeborenen als Regel im
Verhältniss zu der übrigen Muskulatur zu schwach,
welche Eigenthümlichkeit bekanntlich auch an anderen
wilden Stämmen beobachtet wird.
Die Oberschenkel sind wie die Oberarme kräftiger,
aber hier kommt ein neues Charakteristicum
hinzu, welches das Ebenmaass des Körpers stört; bei
den meisten Individuen, dieser Race stehen nämlich
die unteren Extremitäten etwas nach hinten, gerückt
und das Becken erscheint stärker geneigt. Die noth-
wendige Folge einer solchen Bildung ist die eigen-
thümliche Wölbung des Unterleibes, der durch eine
scharfe Krümmung in die Leisten übergeht, und das
starke Hervortreten der Nates, welche ebenso wieder
durch eine sehr tiefe Lumbosacralbeuge mit dem Rücken
vereinigt sind. Die Knie erscheinen zuweilen etwas
abgesetzt und nach innen gewendet wie in Fig. 6,
doch ist dies nicht durchgängig der Fall; es ‘fehlt
z. B. in Fig. 7; welche einen jungen Mann, auf dem
Kg. 6. Z»iu ans Natal. Oubo *) spielend, darstellt. Derselbe hat vielleicht die
besten Verhältnisse, die ich unter den A - bantu bemerkt
habe, und doch kann man sich auch hier überzeugen,
dass die erwähnten Raceneigenthümlichkeiten
vorhanden sind, wenn auch in schwächerem Grade.
Der steile Thorax ist allerdings durch das Anpressen der
Arme etwas verdeckt, doch immer noch kenntlich,
Unterarme und Waden sind schwach, die Oberschenkel
etwas zurückstehend, Brustmuskeln mässig entwickelt.
So günstige Proportionen, so voll und regelmässig
gebildete Gliedmaassen müssen indessen schon
als nicht ganz gewöhnliche bezeichnet werden.
Es wäre demzufolge die Vermuthung aufzustellen,
dass die betreffende Person unter einigermaassen civi-
lisirten Verhältnissen gross gezogen wurde, wobei sich
die mehr äusseren Charaktere der Race, auch ohne
dass Vermischung vorliegt, schon in einer Generation
in wichtigen Punkten zu .ändern pflegen. Es betrifft
dies besonders die Muskulatur und allgemeine Körper-
dem Gut";; spielend. fülle welche sich durch regelmässige Arbeit bei einer
1) Ein musikalisches Instrument, worüber weiter unten das Nähere^ emzu-
sehen ist.
ausreichenden, rationelleren Nahrung schnell verbessert: Die Unterarme und
Waden bilden sich stärker aus und können bei bedeutender Uebung die
herculischen Formen in der That erreichen, welche den ganz wilden Stämmen
von einzelnen Autoren angedichtet werden. »Solche Uebung ist z. B.
das Lastentragen durch die Brandung, wie es in Port-Elisabeth vorkommt;
hier sind denn auch unter den am Orte aufgewachsenen Fingoe athletische
Formen nicht selten; doch fehlt auch dann gewöhnlich ein edles Ebenmaass
*).
Die hier aufgestellten Behauptungen, welche sich auf Beobachtungen
an Ort und Stelle, sowie auf Vergleichung von Photographien stützen,
können nicht angefochten werden durch emphatische Tiraden einzelner
Enthusiasten, und es gereicht mir zur besondern Genugthuung, dass die
wenigen bisher nach Photographien ausgeführten Abbildungen anderer
Autoren die wesentlichsten Merkmale deutlich erkennen lassen. Es gehört
hierher aus G r o u t ’s Zulu-Land das Titelbild: A Zulu gru p , welches, obgleich
ich sonst mit dem genannten Autor durchaus nicht immer übereinstimme,
geradezu als eine Illustration der beschriebenen Eigenthümlichkeiten
bezeichnet werden kann. Die stehende Figur mit dem Stock zeigt dieselben
in unverkennbarer Weise, bei den anderen sind sie theilweise durch die
kauernde Stellung verdeckt. In W ood’s Natural Hisiory o f Man, Africa, ist
eine grosse Anzahl von Abbildungen gegeben, welche auch theilweise nach
Photographien ausgeführt sind. Dieselben sind aber leider Behufs einer
dem Autor passenden Darstellung in die Hände von »Künstlern« gerathen,
um zweckentsprechend arrangirt zu werden2) . Es sind so eine ganze Reihe
von Scenen aus dem öffentlichen und privaten Leben des Kaffern mit zahlreichen
Figuren in allen möglichen und unmöglichen Stellungen entstanden,
wo nur ein geübtes Auge im Stande ist, das zu Grunde liegende, zum Theil
gute Material wieder herauszufinden.
Die Formation der Hände kann an den A-bantu noch am ehesten
als edel bezeichnet werden. Diese Gliedmaassen sind durchgängig schlank,
die Finger fein, abwärts leicht verjüngt, die Nägel länglich, schmal, was
man bei uns wohl den aristokratischen Typus nennt. Dabei sind die Hände
gewöhnlich nicht über Gebühr lang, was bei den ebenfalls schmalen Füssen
häufiger Vorkommen dürfte. Die Bildung der Füsse, an denen die zweite
oder dritte Zehe die längste zu sein pflegt, wird in der Regel, auch wenn
sie nicht unverhältnissmässig lang sind, entstellt durch das auffallende Hervorragen
der Ferse, wodurch zuweilen der drifte Theil der Längsaxe des
ü Vergl. darüber auch: F. Drei Jahre in Süd-Afrika pag. 227.
“) W ie W ood im V o rw o rt s ic h a u s d r ü c k t : » to a v o id th e u n p le a s e n t s tiffn e s s o f
photographs«.