In der Wirksamkeit der Doctoren, als solchen, spielt der Aberglauben
wieder begreiflicher Weise eine grosse Rolle, doch ist nicht zu verkennen,
dass gerade unter den Hottentotten hei der Behandlung von Krankheiten
auch eine Reihe von verständigen Mitteln ihren Platz finden. Z. B. ist ihre
Art und Weise örtliche Blutentziehungen zu machen, indem sie mit Hülfe
eines an der Mündung glatt geschliffenen Kuhhornes die Haut ansaügen,
darauf in der Anschwellung Einschnitte machen und das Horn auf’s Neue
nach Art eines Schröpfkopfes aufsetzen, noch heute durch ganz Afrika verbreitet1).
Auch den Aderlass sollen sie gekannt haben, sowie eine Anzahl
brauchbarer Arzneistoffe, und nur bei Unzulänglichkeit ihrer Kunst kamen
sie auf den alten Hocuspocus zurück, welcher ausser von den Doctoren auch
ganz wie bei uns durch alte Weiber ausgeübt wurde. Die Einzelheiten,
welche der Laune des Practicirenden und allerhand Zufälligkeiten ihren
Ursprung verdanken, sind kaum von allgemeinem Interesse und ich schliesse
diesen Abschnitt daher mit einem Ausspruch meines gelehrten K o l b e n ,
welcher Autor mich durch denselben begleitete: »Man s i e h e tw o h l , dass
der Ab e r g l a u b e n s e i n e n Pla t z in allen* Lä n d e r n f in d e t ; de r g
l e i c h e n G e s c h i c h t e n s c h i c k e n s i ch t r e f f l i c h wohl zu Ye r —
g r ö s s e r u n g der L e g e n d e n 2)«.
. *) Mein verehrter Freund H a r tm a n n wurde selbst so von seinen Begleitern behandelt,
als sie ih n , am Fieber schwer darniederliegend, vom oberen blauen Nil besinnungslos
nach Chartum hinunterführten. •
2) K. a. a. O. p. 102.
Die Eigentümlichkeit der alten Orthographie lässt es zweifelhaft erscheinen, ob
dieser Namen eigentlich : K o lb e n , K olbe oder K o lb geheissen hat. Nach dem Titel seines
Buches zu urtheilen, sollte es »K o lb e n « sein, der Herausgeber nennt ihn in Anmerkungen
»K o lb « . *
II. Die Namaqua.
Der Theil der Hottentottenstämme, welcher sich heut zu Tage noch
einer gewissen Unabhängigkeit erfreut, sind die Namaqua. Nach T h . H a h n
lautet dies Wort in der Landessprache » Naman« oder »Namagu«; er selbst
wendet es stets in der Form »Nama«, auch für den Plural, an. Die Anhängung
des hottentottischen Suffix »qua«, welches das Mascnlinum im
Plural ausdrückt, ist für die Benennung »Nama« von einem so allgemeinen
Gebrauch geworden, dass ,es ungeeignet erschien, von der volleren Porm
abzugehen.
Die Wohnsitze der Namaqua lagen zur Zeit der Gründung der Colonie
viel südlicher als jetzt, doch reichten sie nicht bis an den Olifant-Rivier
heran, welche Gegend vielmehr von den Geregriqua eingenommen wurde1).
Obgleich die Existenz des Volkes den Colonisten schon früh bekannt war,
gelang es ihnen anfänglich nicht, dieselben zu erreichen, da die Eifersucht
der benachbarten Stämme sie daran verhinderte. Erst im Jahre 1661, den
48. Jan., traf die vom Cap ausgesandte Expedition unter P i e t e r M e e r r o f f
die ersten Namaqua, nachdem sie vom Olifant-Rivier etwas nach NW. vorgedrungen
war, am 20. Tage nach der Abreise vom Cap*). Der Führer
derselben giebt in seinem Bericht auch eine Schätzung und kurze Beschreibung
von ihnen, doch lernte er offenbar nur den am meisten nach Süden
vorgeschobenen Aussenposten der Nation kennen *), welche schon damals
die ganzen Districte an der Westküste bis zum Orangefluss inne hatten.
Im Jahre 1670 sandte der Gouverneur P i e t e r H a c k it is ein Schiff, die
Grundel, zur Erforschung der Küste gegen Norden, in der Erwartung,
l) Cape Rec. p. 368.
*) C. Rec. p. 233.
.3j J o s a p h a t H a h n ’s Aufsatz über die O va-herero giebt an , die Namaqua hätten
früher das ganze Cap bewohnt, die Kommt wären nur Mischlingsstämme, in später Zeit
entstanden, und ähnliche Irrthümer mehr. Eine kurze Vergleichung der authentischen
Quellen hätte ihn davor bewahren können.