Ausserdem findet sich häufig ein r in einem Dialekt, wo der andere
l hat und umgekehrt, und im Allgemeinen ist man berechtigt r in diesen
Dialekten als einen schwankenden Buchstaben zu betrachten und eher
zwischen r und l stehend als für einen entschiedenen r - Laut.
Dennoch ist es unter keinen Umständen leicht, die Eigenthümlichkeiten
eines jeden Dialektes genau festzustellen. Die meisten der Wesleyanischen
Missionare, welche Publicationen im Se-rolong herausgegeben haben, waren
vordem unter den Ba-sulo thätig, und zeigen aus diesem Grunde eine entschiedene
Hinneigung, diesen Dialekt dem Se-suto ähnlicher zu machen, als
er wirklich ist. So ist der Buchstabe f , welcher sich in den frühesten
Se-rolong-Publicationen findet (wie wir auf beste Autorität hin behaupten
können) diesem Dialekte fremd, obgleich Mr. A r c h b e l l in seiner Grammatik
(pag. 2) die entgegengesetzte Ansicht hegt. Aus ähnlichen Gründen
mögen Mr. L e m u e s Se-rolong - Publicationen als nicht ganz frei von Se-hlapi-
Einfluss betrachtet werden.
Aufgelöst und mit einander vermischt, wie die Be-tshuana-Stämme
gegenwärtig sind, würde es wohl auch für den, der sie an Ort und Stelle
zu beobachten Gelegenheit hätte, äusserst schwierig sein, festzustellen, worin
zwei so nahe stehende Dialekte wie das Se-rolong und Se-hlapi sich von
einander unterscheiden.
Allgemeine Grundzüge des Baues der Hottentotten - Sprache ')•
Die Wörter sind meist einsylbig und endigen, mit zwei Ausnahmen,
immer mit einem Vokal oder Nasallaut.
Diphthonge sind sehr zahlreich.
Unter den Consonanten findet sich weder l, f noch v.
Verschiedene rauhe Gutturallaute werden angetroffen und Schnalzlaute
(wenigstens 3 oder 4), welche auch mit Gutturallauten und mit dem nasalen
n verbunden werden.
Viele Wörter haben eine besondere nasale Aussprache.
Der dentale Schnalzlaut wird hervorgebracht durch das Abziehen der
Zungenspitze von der oberen Zahnreihe; der gutturale Schnalzlaut durch
das Abziehen der Zungenspitze aus der Tiefe des Mundes; der laterale
Schnalzlaut durch das Abziehen der Seite der Zunge von der Seite der Zähne.
Der palatale Schnalzlaut wird hervorgebracht durch Anpressen der Zunge
') Die am genannten Orte Von Dr. B l e e k gegebene Skizze der Hottentotten-Sprache
wird bald hier angefügt, da sie zu kurz und aphoristisch is t, um ein besonderes Kapitel
zu bilden. Wer sich genauer über diese, sowie die verwandten Sprachen und ihr Verhält-
niss zur Buschmann-Sprache informiren will, wird . auf T h . H a h n ’s trefflichen Aufsatz:
»Beiträge zur Kunde der Hottentotten«, im VI. Jahresbericht' des Vereins für Erdkunde,
Dresden, verwiesen.
gegen die Decke des Mundes in der Weise, dass die Spitze der Zunge die
oberen Vorder/ahne berührt und der Rücken- gegen den Gaumen liegt, worauf
die Zunge kräftig abgezogen wird.
Der dentale Schnalzlaut ist beinahe identisch mit einem Laut des Unwillens,
wie er nicht selten von Europäern ausgestossen wird, und der
laterale ist einer Interjection ähnlich, mittelst der in manchen Gegenden die
Pferde zum Lauf angefeuert werden.- Der gutturale Schnalzlaut ist verglichen
worden mit dem Knallen des Korkes einer Champagnerflasche und der palatale
mit dem Krachen einer Peitsche.
In dem am besten bekannten Hottentotten-Dialekt (dem von den Na-
maqua gesprochenen«]¡werden die Nomina mit 8 verschiedenen Ableitungs-
Suffixen gebildet, welche in persönlichen Nominibus unterscheiden:
Das Masculinum singul. (-bj, Masc. plur. {—ku), Masc. dual, {-kha);
das Femininum singul. :(-s), Fern. plur. (-fej;
das Commune singul. (-»), Comm. plur. \-n), Comm. dual. \-rd\.
Das Adjectiv wird entweder dem Nomen in adverbialer Weise präfigirt
öder durch ein suffigirtes Pronomen darauf bezogen.
Auch als Genitiv wird ein Nomen entweder dem regierenden Nomen
präfigirt (mit oder ohne der suffigirten Genitivpartikel) oder in adjectivischer
Weise durch die suffigirte Genitivpartikel [di], gefolgt von dem Pronomen
des regierenden Nomen darauf zurückbezogen.
Pronomen und Personalpartikeln werden im Genitiv entweder in ihrer
präfixuellen oder volleren Form präfigirt, oder in ihrer einfachen Form mit
Einschiebung der Präfix-Genitivpartikel (5 d. h. ein nasales a). suffigirt.
Ein Objectivfall wird durch ein angehängtes -a unterschieden, welches
mit den Ableitungs-Affixen der Nomina und mit den Pronominibus verschmilzt.
Die erste Person Pluralis ist doppelt (inclusiv und exclusiv) als präfi-
girte Partikel und fünffach als affigirte Partikel (Masc. plur., Fern, plur.,
Comm. plur., Masc. dual., Comm. dual.) und ausserdem ist der öbjective
Fall zu unterscheiden, so dass-'(logisch wenigstens, wenn auch nicht förmlich)
das deutsche Wort »wir« (uns) in zwanzig verschiedenen .Weisen ausgedrückt
werden kann.
Eine Verdoppelung des Stammes des Verbum verschafft eine der cau-
salen Formen; andere, ebenso wie die reflexive, rückbezügliche, passive und
sogenannte relative Form des Verbum werden unterschieden durch die
Suffixa: -kai, -tsin, -ku, -he, -ha.
Ein wirklich transitives Verbum existirt nicht, denn das Object wird
immer unmittelbarer mit dem Verbum verbunden, wie mit dem Subject.
Als Nomen steht das Object immer vor dem Verbum; und als Pronomen
F r i t s c h , Die Eingeborenen Süd - Afrika’s, 17