fehlt es auch hierbei nicht an Unsittlichkeit. Dieselbe liegt zu tief im
afrikanischen Blute eingewurzelt, als dass man verlegen sein solltö um eine
Veranlassung sie nach aussen zu kehren, und so wird auch hier die an und
für sich gewiss unschuldige Sitte, den Eintritt der Mannbarkeit zu fei ein,
zum Yorwand für die Lascivität: die unverheiratheten Mädchen wählen sich
Gefährten, mit welchen sie die Zeit des Festes über, d. h. so lange die
Liberalität des Wirthes sie reichlich' versorgt, gewöhnlich für drei bis vier
Tage, Zusammenleben.
Ist die Zeit vorüber, welche die gefeierte Person sich abgesondert zu
halten hat, so sammelt sie , wie die Aba—kweta, in ihrer Hütte die Gegenstände,
mit denen sie während der Tage in besondere Berührung gekommen
ist und trägt dieselben, geleitet von ihren weiblichen Gefährtinnen im Dunkel
des Abends zu einem unfernen Ort, um sie dort heimlich zu vergraben.
Am nächsten Morgen wird sie feierlich in die Reihe der mannbaren Frauen
aufgenommen und gilt von mm an als heirathsfähig. >
Als solche trägt sie zur Vermehrung des Reichthums der Familie bei,
da der Mann die Braut durch Kauf von dem Vater zu erwerben hat; der
Preis wird in Vieh bezahlt und schwankt von einigen sechs oder sieben
Ochsen bis zu dreissig und mehr, wenn es sich um die Tochter eines angesehenen
Häuptlings handelt.' Erst durch den Besitz einer Frau wird dei
junge. Kaffer ein vollgültiges Mitglied der Gemeinde und sein ganzes Streben
geht darauf hinaus, sowie er unter die Männer aufgenommen ist, sich
so viel zu erwerben, um eine Frau kaufen zu können. Braucht er sie doch
nicht allein zu seinem Umgang, sondern auch, und zwar vielleicht noch
viel nöthiger als Arbeiterin und Lastthier. Dass der Ankauf eines solchen
nicht die hohe Bedeutung hat, als eine Eheschliessung unter civilisirten
Völkern, leuchtet von seihst e in , und die g a n z e n Hochzeitsceremonien, wie
sie von manchen Autoren beschrieben werden, leiden wieder stark an_ tendenziöser
Ausschmückung1). Charakteristisch ist, dass die Neigung oder auch
nur die Meinung des zu verheirathenden Mädchens als Regel niemals in
Betracht gezogen wird, sondern dass.die nächsten männlichen Verwandten
desselben ihr einen Bräutigam aussuchen, welchem sie einfach zugeschickt
wird. Sie wählen dabei natürlich einen zahlungsfähigen Mann aus, den sie
einer Frau bedürftig halten, und ist dies der Fall, so pflegt der Mann nicht
leicht die angetragene Frau auszuschlagen. Ist es doch eine Vermehrung
seines Besitzes und er strebt also nur darnach, den Preis möglichst billig
• ;i) Hierher gehören besonders die sehr speciellen Angaben von R e v . D u gm o r e , die
einen grossen Theil der in M a cl ea n ’s »Kafir Law’s a. Cust.« gesammelten Aufzeichnungen
des genannten Autors ausmachen. Nächst ihm hat W ood zur Verherrlichung der betreffenden
Gebräuche bei den Zulu viel beigetragen und reiche Illustrationen dazu gemacht,
die wieder in andere Journale (Globus 1871) tibergegangen sind. Es scheint, dass ausser
mir auch die meisten anderen Autoren nicht so glücklich'gewesen sind, einschlägige Beobachtungen
zu machen, da sich ähnliche Angaben nur in gewissen Werken finden.
zu stellen;. durch Zahlung der vereinbarten Morgengabe (Ikazi) , die man
meistens in Absätzen entrichtet, wird das Mädchen das rechtmässige Weib
(ü ’mfazi) des Mannes, ohne dass weitere Ceremonien nothwendig wären.
Der starke, gesellige Trieb des Kaffem veranlasst ihn, eine solche
Gelegenheit nicht vorübergehen zu lassen, ohne dass ein Fest hergerichtet
würde, bei welchem in bekannter Weise geschlachtet, gegessen, getanzt
und wieder gegessen wird, so lange die Liberalität des Wirthes vorhält;
diese Festlichkeiten sind aber kein integrirender Bestandtheil der Ceremonie.
Hat ein junger Mann eine besondere Neigung zu einem bestimmten
Mädchen, wie es in der That vorkommt, so sucht er durch seine Freunde
dem Vater Nachricht zugehen zu lassen, dass er sie zur Frau wünsche,
ohne sonst selbstthätig in die Angelegenheit einzugreifen. In solchem Falle
hat der Bräutigam jedenfalls einige Ochsen mehr zu bezahlen, als unter
gewöhnlichem Verhältniss, und da das Vieh ihnen durchschnittlich mehr am
Herzen liegt wie die Frauen, so ist ein solches Verfahren nicht häufig.
Der einzige Unterschied, welcher die Frauen vom Vieh trennt, liegt
darin, dass ihr Herr und Gebieter sie nicht beliebig tödten oder schwer
körperlich verletzen darf, da sonst der Häuptling das Sühngeld (Isizi) dafür
von ihm fordern würde. Im Uebrigen gehören sie vollständig zum 'aldfe-
stocka des Mannes, welcher darauf rechnet, durch Arbeit oder ihm geborene
Kinder den gezahlten Preis herauszuwirthschaften. Ebensowenig wie der
Kaffer sein Vieh ohne Noth grausam behandelt', wird er sich an seinen
Frauen vergreifen, doch Zuneigung, Zärtlichkeit, Gattenliebe sind ausser-
gewähnliche Begriffe; die eine ist ihm lieber als die andere, je nachdem sie
jünger oder anziehender ist, -vielleicht erwirbt er aber- am nächsten Tage
schon eine neue, welche die bisherige Favoritin in den Schatten stellt.
Der Mann kann sich aucK nach seinem Belieben von einer Frau scheiden
und sie den Aeltern zurückschicken, doch geschieht dies selten, da es
schwer is t, die gezahlte Morgengabe wieder herauszubekommeD; hat sie ihm
Kinder geboren, so verliert er das Recht, Rückgabe des Viehes zu verlangen.
In Fällen von allzu schlechter, grausamer Behandlung von Seiten des
Mannes entläuft die Frau und kehrt zu ihrer Familie zurück, worauf derselbe
zu ihrer Wiedererlangung eine Nachzahlung zu leisten hat. Weigert
sie sich definitiv zurückzukehren, so muss die Morgengabe wiedererstattet
werden, es sei denn, dass Kinder von ihr' da sind, welche unter allen
Umständen Eigenthum des Mannes bleiben und ihn für die Morgengabe
entschädigen müssen. Auch bei unvollständig geleisteter Ikazi können die
Verwandten die Frau zurückbehalten, wenn sie dieselbe ohne Anwendung
von Gewalt in ihre Hände bekommen, um den Mann zur Türfüllung seiner
eingegangenen Verpflichtung anzuhalten. Stirbt die Frau jun g , ohne Kinder
geboren zu haben, so hat der Mann das Recht, Rückgabe des gezahlten
Preises zu verlangen. .
F r i t s c h , Die Eingeborenen Süd-Afrika’s. g