tretend, wie es auch dem generellen Charakter entspricht. Die männlichen
Skeletttheile müssen, nach den Schädeln und. Becken zu schliessen, viel
prägnanter sein, aber sie werden in den einzelnen Merkmalen sicherlich
ebenso wie die Letzteren bedeutenden individuellen Schwankungen unterliegen.
Wenn W e l c h e r in seinen kraniologischen Mittheilungen unter den
fünf Hauptformen des Schädels eine, die er »Platystenocephali« nennt, aufstellt
und dafür als Repräsentanten die Hottentotten nennt, so schliesse ich
mich darin vollständig an ihn an. Der Bau des Schädels, welcher durch
obigen Ausdruck bezeichnet werden soll, ist, so weit mir bekannt, bei
k e in em ä n d e r n V o lk e in g l e i c h e r W e is e v o r h a n d e n , s i c h e r l i c h
ab e r n i c h t h e i den M o n g o le n (P la ty b r a c h y c e p h a li) o d e r M u m
ien (O r th o c e p h a li ) ; die Form erscheint bei reinem Blut auffallend
typisch und ist leicht zu unterscheiden: es sind, wie der Name besagt;
Langschädel mit relativ geringer Höhe.
Der Breitenindex der hier abgebildeten Schädel beträgt im Durchschnitt
72.71, der Höhenindex 71.00, es stellt sich also ein Minus der Höhe
von 1.71 heraus. W e lck e r ’s Zahlen, welche sich auf die bei so seltenem
Material recht bedeutende Reihe von 18 Schädeln stützen, schliessen sich
an die eben genannten besser an als die entsprechenden hei den Kaffernschä—
dein. Der durchschnittliche Breitenindex stellt sich hei ihm auf 69 % ^ und
wenn man also, mit Rücksicht auf W e lck e r ’s Methode der Messung, (vergl.
pag. 32) % % zu addirt,- so erhält man eine sehr ähnliche Zahl, besonders
in Erwägung, dass gerade hei den Hottentotten wegen der .starken Verbreiterung
des Schädels nach rückwärts 3 % kaum genügen dürften, um den
Unterschied der Messung auszugjeichen. Der Höhenindex ist nahezu derselbe
wie der meiner Tabelle, nämlich 70.3, ein noch beträchtlicheres Minus
der Höhe zeigend als der beste Beweis, dass ihm darin sehr gutes Material
zu Gebote gestanden hat.
Bei B. D a v is Messungen möchte ich dasselbe kaum glauben, da die
Zahlen für die Breite auffallend beträchtlich sind2) ; es wurden überhaupt
nur drei Schädel (sämmtlich weiblich) in Rechnung gezogen, deren durchschnittlicher
Breitenindex 76 (!) betrug, was den Verdacht erweckt, dass hierbei kein
reines Blut, sondern Bastard-Hottentotten Vorgelegen haben. Der entsprechende
Index der Höhe blieb indessen in ähnlicher Weise hinter der Breite
zurück und es ergab sich also ein Minus der Ersteren von 3 %. Die von
G ö r t z für den Schädel der A fan d y3) gefundenen Zahlen lassen sich nur
schwer vergleichen, da G ör t z beim Messen der grössten Länge von der Sut.
naso-front. ausgeht und so die geringe Zahl von 16.8 erhält. Dies giebt
bei einer sogenannten »grössten Breite« von 12.5 einen Index von 70, also
1) Arch. f. Anthrop. I. p. 160.
2) B. D. Thesaur. Cranior. p. 213.
3) Anatom. Unters, eines Buschweibes von L u s c h k a , K o c h , G ö t t e und G ö r t z .
etwas höher als der WELCKER’sehe. Rückwärts von dieser »grössten Breite «
wird der Schädel noch breiter,-und erreicht zwischen den Tubera parietalia
nach G ö r t z ’ Angabe 13.1. Die Tubera müssen somit an dem in Rede
stehenden Schädel in gleicher Weise als Ecken vorspringen, wie es so charakteristisch
für die Hottentotten ist und es ergiebt sich daraus ein weiterer
Beweis dafür, dass die Afandy in der That kein Buschweib, sondern eine
Hottentottin war.
Die Schädel auf Taf. XXXIII sind von charakteristischem Bau und
es lässt sich daraus der Typus des weiblichen Hottentottenschädels sehr gut
herleiten; das Geschlecht war bei den beiden oberen unzweifelhaft weiblich
und auch bei dem dritten mit grösser Wahrscheinlichkeit dasselbe.
Es fehlt, wie man auf den ersten Blick erkennt, das Compacte,
Massige des Kaffernschädels; die Theile zeigen glatte, elegante Umrisse und
es spricht sich darin eine gewisse Neigung aus Ecken zu bilden. Dies
zeigt sich in der Seitenansicht durch die steile Stirn, welche durch eine
scharfe Rückwärtskrümmung in den deprimirten Scheitel übergeht; dieser
fällt alsdann ziemlich steil zum Hinterhaupt ab, dessen Schuppentheil mit
dem wenig ansteigenden Basaltheil wiederum einen deutlichen Winkel bildet,
und der Schädel bekommt somit in dieser Ansicht etwas Viereckiges, was
besonders an der untersten Figur deutlich zu Tage tritt. Die Gesichtslinie
ist flach, indem in der Regel die Supraorbitalbögen verhältnissmässig schwach
entwickelt, die Nasenwurzel wenig vertieft und die schwachen Nasenbeine
nebst den entsprechenden Fortsätzen des Oberkiefers wenig gebogen sind.
Die Prognathie erscheint durch das Vortreten der Alveolarfortsätze und die
Verschiebung des Oberkiefers nach abwärts etwas stärker als bei den A-bantu;
die Figuren der Tafel XXXIII zeigen Gesichtswinkel von respective 65?5,
64?5 und 73?5 (altes Individuum mit atrophischem Kiefer).
Der Umriss der Seitenansicht schliesst ab mit einem deutlich markirten,
zugespitztem Kinn, während der Unterkieferwinkel sehr stumpf, der aufsteigende
Ast kurz und der vor einer flachen Incisur stehende Kronenfort^.
satz nach vorn gewendet ist. Bei der ersten und zweiten Figur stimmen
alle diese Verhältnisse gut überein, von der dritten würde jedenfalls dasselbe
gelten, wenn der Unterkiefer dazu vorhanden wäre >) ;' soweit der obere
Theil des Schädels in Frage kommt, ist es unzweifelhaft der Fall. Niedrigkeit
des aufsteigenden Unierkieferastes, Stumpfheit des Winkels sind, wie
der schwache Stirnwulst vorwiegend weibliche Charaktere, doch kommen sie,
wie die Figuration am Lebenden, besonders das spitze Kinn und die Stirnbildung
verräth, in gewissem Grade jedenfalls dem männlichen Geschlecht
bei den Flottentotten auch zu. Bemerkenswerth sind in der Seitenansicht
noch die dünnen, wenig geschwungenen Jochbögen.
i) Um wenigstens das Bild zu vervollständigen, ist der Unterkiefer der zweiten Figur
im Umriss angefügt. V.