daher mit Vorliebe absonderliche Dinge, die schwierig zu beschaffen sind,
olme auf bekannte, den Substanzen inne wohnende Kräfte zu rechnen; auch
die Krankheiten werden mit Molemo kurirt, die Eingeborenen nehmen aber
doch sehr gern »des weissen Mannes Medizin«, obgleich der grösste Theil
derselben unter die Klasse von Stoffen gehört,, welche sie als »Palias«
(Griffe) bezeichnen und in den Händen ihrer Stammesgenossen ganz besonders
fürchten. Schon das blosse Führen von Palias irgend welcher Art gilt
als ein todeswürdiges Verbrechen und unsere Materia medica würde sich
unter diesen Umständen schwer bei ihnen Eingang verschaffen.
Ein kräftiges Zaubermittel steht in ihrem Glauben über dem Gift und
muss dasselbe unschädlich machen können, sei es, dass ein solches, die Wirkung
des bereits genommenen aufhebt oder als Palliativ vorher genommen
wird. So verlangte der Ba-wanketsi— Häuptling von,mir, obgleich ich erst
kurze Zeit im Orte verweilte, heimlich Molemo, das ihn giftfest machen
sollte, da er fürchtete, die eigenen Stammesgenossen möchten ihm Palias
beibringen: er traute also dem fremden Männe mehr als seinen eigenen
Unterthanen.'
Bei dem starken Glauben, welchen die Eingeborenen in ihre Zaubermittel
setzen, ist es begreiflich, dass sie sich auf jede Weise solche zu verschaffen
suchen und sie sorgfältig aufbewahren; besonders werden die
Häuptlinge darnach streben, mit Molemo gut versehen zu sein und sie verwahren
dies wohl auf eine auch sonst häufig angewendete Art in einem
Kuhhorn. Ein derartiges Horn beschreibt C a s a l i s sehr ausführlich nach
seiner äusseren Beschaffenheit/ wie nach dem Inhalt und nennt es mit Rücksicht
auf seine Reinigungsidee » Corne lustrale«J) ,. was ich aus den oben
angeführten Gründen für unzulässig halten muss.
Die Meinung der Leute, dass 'ein Häuptling im Besitz starker Zaubermittel
sei, ist ein Schutz für ihn selbst gegen Angriffe feindseliger Nachbarn.
So trug z. B. der von L i v i n g s t o n e bekehrte Ba-Tmena - Häuptling Secheli
mir eine Botschaft auf an das Oberhaupt der Ba-mangwato, Sekhomi, mit,
welchem er auf dem Kriegsfusse stand, des Inhalts: Wenn Sekhomi ihn
angreifen wolle, möge er kommen, er würde sich zu vertheidigen wissen,
dass aber die Ba-kuena die Ba-mangwato nicht in ihrem eigenen Lande
bekriegten, unterbliebe, weil Secheli sich vor dem starken Molemo seines
Gegners fürchte, nicht aber vor ihm selbst oder seiner Armee. Wo tritt
bei solchen Anschauungen die Idee einer religiösen Reinigung hervor?
Der Häuptling bringt vor dem Ausziehen der Krieger gegen den Feind
seine Mannschaften unter den unmittelbaren Einfluss seiner Zaubermittel,
indem er ihnen durch den Nyaka des Stammes bereitete Aufgüsse davon zu
trinken giebt, oder sie damit anspritzt, oder die Asche der verbrannten
Substanzen in Hauteinschnitte einreiben lässt u. s. w ., wie es beim XJku-
kafula der Xosa geschieht.
Es wiederholen sich so mit geringen Abweichungen, wie sie die Zeit
und die Laune des Einzelnen mit sich bringt, mannigfache abergläubische
Gebräuche, bei den Be-chuana, bei welchen es wohl hier und da gelingt,
sinnige Beziehungen hinein zu construiren, doch stimme ich M o f f a t vollständig
bei , wenn er behauptet_ dass die Gesammtmenge des Volkes nicht
mehr darunter sucht als räthselhafte Einflüsse, deren Natur den Menschen
unbekannt ist.
Fehlt es doch auch bei uns keineswegs an einer Menge von Aberglauben
der streng von Vielen beobachtet wird, ohne dass religiöse-Beziehungen
dabei vorlägen: z. B. ein gefundenes Hufeisen als glückbringend auf
die Schwelle zu nageln, wenn man zur Jagd geht nicht nach einem vergessenen
Gegenstand umkehren, den abgeschnittenen Finger eines gehenkten
Diebes in der Tasche zu tragen, oder das Schafhäutchen eines ungeborenen
Kindes über den Kopf zu ziehen, um vor Entdeckung sicher zu sein, und
Hunderte von ähnlichen Glaubensartikeln, welche wie die letzterwähnten
ganz im Geschmacke der Kaffem sind. Ob die Be-chuana, was C a s a l i s
annimmt, sich jemals mehr bei dem Hocuspocus gedacht haben, erscheint
gewiss sehr zweifelhaft, ein zwingender Grund zu einer derartigen Annahme
liegt nicht vor.
Für ein wirkliches Zurückgehen der Stämme in geistiger Beziehung,
ein Versinken in Roheit und Uncultur, nachdem sie bereits in der Civili-
sation Fortschritte gemacht hatten, finden sich keine genügenden Beweise,
jedenfalls dürfte die erreichte Culturstufe keine sehr hohe gewesen sein.
Es sei hier schliesslich einer Sitte Erwähnung gethan, welche von
sanguinischen Autoren zuweilen herbeigezogen worden is t, um die Vermu-
muthung aufzustellen, die Be-chuana hätten früher möglicherweise eine
Schriftsprache besessen, als deren Ueberrest sie das sogenannte Lo-kualo
hinstellen. Dies Lo-kualo ist nämlich ein Zeitvertreib der Hirtenknaben
unter diesen Stämmen, welche bei ihrem I^agern im Felde mit härteren
Steinen auf weichere von flacher Form allerlei Figuren und verschlungene
Linien eingraben, die weder in der Gestalt noch Anordnung irgend welche
Bedeutung oder System erkennen lassen. Es liegt lediglich die Absicht vor,
den müssigen Händen eine Beschäftigung zu geben und die phantastischen
Formen sind dieselben, wie sie sich auf den Gefässen, den Löffehl oder
den Hüttenwänden befinden, nur von kindlichen, ungeschickten Händen
ausgeführt und darum noch verworrener und unregelmässiger. Will Jemand
daraus den Ueberrest einer Schriftsprache machen, so ist. freilich Alles
möglich.
Doch folgen wir dem Lebenslauf des Einzelnen in den hauptsächlichsten
Epochen seines Daseins.