Die Nachbarn hatten sich verpflichtet, so fern sie nicht selbst hinreichend
Vieh liefern konnten oder wollten, dafür zu sorgen, dass andere
Stämme zu dem Handel zugelassen wurden, konnten auch aus Schwäche
das Weitergreifen der Holländer nicht hindern. In diese Zeit fallen die ersten
ausgedehnteren Entdeckungsreisen nach dem Innern, welche aus Eigennutz
der Compagnie geplant aber häufig von unternehmenden, aufopferungsfähigen
Personen ausgeführt wurden, denen der Reiz der Neuheit und die Freude
des Entdeckens am Herzen lag. Am bekanntesten wurde die Expedition
von C r u y t h o f f und M e e r h o f f nach dem Lande der Namaqua, welche
damals zuerst erreicht und in dem Bericht beschrieben wurden (vergl. p. 343),
es folgten aber bald andere, ähnliche Unternehmungen nach, indem die
Kunst des Reisens im Innern allmälig mehr und mehr Fortschritte machte.
Im Jahre 1662 hatte v a n R ie b e c k den mit so grossen, persönlichen
Opfern aufgerichteten Posten an seinen Nachfolger übergeben und nun
wechselten (die Gouverneure mehrfach in schneller Folge, ohne dass viel
bemerkenswerthe Ereignisse stattgefunden hätten.
Die Regierung betrachtete von der Zeit der Gründung der Colonie
ganz Süd-Afrika als das Ihrige, soweit sie ihre Macht ausdehnen konnte,
und der Versuch einer ändern Nation, in der Nachbarschaft Platz zu greifen,
hatte stets sofort Gegenanstrengungen zur Folge. So wurde, als die Franzosen
neuerdings Saldanha-Bay besucht und daselbst einen Flaggenstock
aufgerichtet hatten, sofort ein Schiff vom Cap hingesandt und eine Factorei
angelegt (1669).
Ein anderes Schiff, die Grundel, sandte der Gouverneur H a c k i u s .nordwärts
zur Erforschung der Küste, welches aber keine guten Ankerplätze
fand ausser Grundel - Bay (Angra Pequena) und ohne weitere Ergebnisse
zurückkehrte. Bei einer zweiten Fahrt desselben Schiffes östlich verlor es
siebzehn Mann, die später die Veranlassung neuer Expeditionen wurden.
Auch auf andere Weise wurde für Ausbreitung der Colonie gesorgt,
wozu der zersetzende Einfluss europäischer Politik in dem Zeitraum von
zwanzig Jahren Alles vorbereitet hatte. Die durch den ersten Krieg mit
bewaflneter Hand zurückgedrängten und eingeschiichterten Stämme des Cap
wagten es nicht mehr, feindlich gegen die Ansiedler vorzugehen, sondern
suchten lieber eine prekäre Existenz durch die Gnade derselben zu fristen,
während sie in ihren Landsleuten bequemere Feinde fanden, wenn der
knurrende Magen sie zu Uebergriffen in fremde Rechte verleitete. -Dazu
kam, dass im beginnenden Verfall der Viehzucht treibenden Stämme die
herumschweifenden Buschmänner an Macht wuchsen und ungestraft Vieh—
räubereien ausführten, bis die Hottenjtotten den Schutz der Holländer gegen
dieselben anrufen mussten. Besonders gefürchtet hatte sich eine grössere
Bande gemacht, Obiqua genannt, welche einem Corps unter Sergeant Gruse
ein ordentliches Gefecht lieferte, in dem sie jedoch natürlich vollständig
geschlagen und die Beute ihnen wieder abgenommen wurde.
Dadurch erhielten die Stämme etwas Ruhe vor denselben, doch verarmten
sie, eingeengt wie sie waren, immer mehr, theilweise wichen sie bereits einzeln
nach dem Innern zu aus, um sich anderep. Häuptlingen anzuschliessen.
Ohne Vieh brauchten sie auch kein Land, und die Holländer überredeten
daher leicht einige von den kleinen Häuptlingen, ihnen den Grund und
Boden, welchen sie wünschten, abzutreten. So wurde zu gleicher Zeit von
den Häuptlingen Schacher und Manekhdgou der ganze Capdistrict, von einem
unmündigen Häuptling, Dhoüw, unter Beistand eines ändern, Dackgry
(alias Cuyper) , Ilottentotts-Holland, jedes für den nominellen Preis von
4000 Realen erstanden, welche in Wäaren bezahlt wurden, deren Werth
nach den Berichten f. 81. 16 und f. 33. 17 repräsentirte.
Schon sahen die Entfernteren das jähe Verderben näher und näher
rücken, und da sich für die zunächst bedrohten Saldanhier wieder ein Führer
gefunden hatte, welcher sie vereinigte und in ihrer Feindseligkeit bestärkte,
so Hessen sie ihrem Hass freien Lauf. Es war dies ein kleiner Häuptling
pnter Oedasoa, in den Berichten gewöhnlich als sein Secunde bezeichnet,
mit ijamen Gonnoma oder Ngonomoas der schon von R i e b e c k mit Misstrauen
betrachtet wurde, doch wusste jener bis zum günstigen Moment seinen Hass
gegen die Europäer klug zu verstecken, während er mehr und mehr Anhänger
gewann, die später auch gewöhnlich unter seinem Namen als
» Gonnoma-Hottentotten« eingeführt werden.
Nachdem ihnen mehrere kleine Verbrechen ungestraft hingegangen
waren, wurden sie kühner und erschlugen zwei Ansiedler, welche einen
Jagdzug auf Flusspferde nach dem Innern gemacht hatten, verbrannten ihren
Wagen und entführten das Gespann von acht Ochsen .(man hatte also schon
damals die noch heute bestehende Weise des Reisens eingeführt). Auch
diese Unthat blieb ungerächt und wurde daher alsbald durch eine grössere
überboten, indem die Eingeborenen eine andere Jagdgesellschaft von 9 Personen
überfielen, ermordeten und ausraubten.
Jetzt riss den Ansiedlern die Geduld,' sie hoben ein Commando aus
von 72 Mann (freie Bürger und Diener der Compagnie in gleicher Zahl),
welches eben abgerückt war, als auch schon eine neue Hiobspost kam mit
der Nachricht, dass die Gonnoma-Hottentotten an der Saldanha-Bay die
Europäer an’s Land gelockt, vier von ihnen erschlagen und das Haus der
Compagnie geplündert hätten,. Es wurden nun noch 18 Mann nachgesandt,
und die vereinigten Abtheilungen trafen nach siebentägigem Marsch auf die
Gonnoma \ doch diese, wie gewöhnlich vorher gewarnt, waren in die Berge
geflohen, so dass nur 10—12 von ihnen erschössen wrnrden, dagegen hatten
sie ihre Herden zurücklassen müssen, welche natürlich als gute Beute mitgenommen
wurden. Die Flucht der Hottentotten war also eine verfehlte
und jedenfalls in der Bestürzung geschehen, insofern sie das preisgegeben
hatten, woran ihr Herz allein hing, und sie folgten daher auch den zurück