Stämmen, waren sie genöthigt, auf ihre Unabhängigkeit zu verzichten und
in der Colonie von der Gnade der Ansiedler zu leben (später sind sie unter
dem Namen »Praamberg und Schietfontein - Kaffers « bekannt).
Es ist hier also der Zeitpunkt erreicht, wo die brandenden Wogen
der \ ölkerwanderungen in Süd-Afrika durch die Stauung gegen'die Colo-
nisten in rückläufige Bahnen sich ergossen, soweit dazu überhaupt noch
eine Möglichkeit gegeben war. Sehr beschleunigt wurden diese Strömungen
durch das anwachsende Drängen der ruhelosen Boeren, von denen ein Theil
das System des »Trekkens« überhaupt nie aufgegeben hatte, das aber all-
mälig durch die Umgestaltung der politischen Verhältnisse ungeheuer an
Ausdehnung gewann.
Diese vielbesprochene Neigung der Ansiedler, stets weiter und weiter
auszugreifen, ist gewiss mit einem geordneten Staatsleben nicht vereinbar,
und hat daher stets vielen Tadel erfahren; doch lässt sich nicht verkennen,
dass durch diese Unsitte eine Truppe von Pionieren geschaffen wird, welche
dem Fortschritt der Cultur die Bahn ebnet, ohne dass die Einzelnen selbst
die geringste Neigung dafür hätten; denn wo di e Cul tur f e s t e n F u s s
g e f a s s t hat , und g e o rd n e t e Ve r h ä l t n i s s e e in t r e t e n , w e i c h t der
T r e k - B o e r in die Wi l d n i s s aus.
Die englische Regierung der damaligen Zeit machte, geleitet durch
Personen, welche kein Verständniss für coloniale Verhältnisse hatten, selbst
sesshaften Colonisten die Wahl nicht schwer, sich für das Auswandern zu
entscheiden, doch gehört dies nicht eigentlich hier her und fällt auch zum
wesentlichen Theil in spätere Z e it; es genüge zu betonen, dass von nun an
der Strom der Auswändernden, welcher sonst meist östlich gezogen war,
in immer stärkeren und stärkeren Wogen nach Norden drängte, er gewann
aber seine grösste Kraft erst um das Jahr 1835, also einige Zeit nach der
gleich gerichteten Wanderung der Griqua, über welche im betreffenden
Kapitel bereits gehandelt wurde.
Unter der Herrschaft der Engländer kamen jetzt auch europäische
Soldaten in grösserer Ausdehnung gegen die Eingeborenen zur Verwendung,
und auch darin musste die neue Regierung di e' schlimmsten Erfahrungen
machen. Während die geringschätzig betrachteten Bürgermilizen der afrikanischen
Boeren unter leidlicher Führung selbst in bedeutender Minderzahl
sich wohl in Respect zu setzen wussten und mit Hülfe ihrer farbigen Untergebenen
den Feinden manchen harten Schlag beigebracht hatten und noch
beibringen sollten, machten die schwerfälligen,-bepackten englischen Soldaten
trotz aller Tapferkeit das glänzendste Fiasco in den Kämpfen mit
Kaffem und verhalfen den Letzteren so zu einem billigen Ruhme der
Kriegstüchtigkeit. Die Gränzgebiete und besonders die schwer zugänglichen
Dickichte am Sonntags- und Fisch-Fluss waren auch jetzt der Kriegsschauplatz,
auf welchem alle Partheien zu gleicher Zeit auftraten. Die
Boeren rebellirten gegen die Engländer, die Hottentotten gegen die Boeren,
die Kaffern mit den Hottentotten ebenfalls gegen die Boeren, andererseits
aber mit einem Theil der empörten Boeren gegen die Engländer. Aus
diesem grossartigen Durcheinander ergab sich als einziges vorstechendes
Resultat die Verwüstung der Gränzdistricte unter Verlust von vielen
Menschenleben und das Wegziehen der früheren Bewohner, welche nicht
mehr vermochten dem Sturm zu trotzen. Von den Kaffern waren es die
Ama-gqunukwebi unter Congo, welche entschlossen waren, die Districte,
welche man ihnen aus Indolenz belassen hatte, nicht ohne Kampf aufzugeben.
Der General Vandeleur hatte in einer Unterredung mit dem
Häuptling -das Versprechen erlangt, die Gegenden sollten geräumt werden
und war, da er nicht wusste, dass ein Kaffer nie etwas rund heraus
abschlägt, sehr überrascht, die Feinde nicht nur verbleiben zu sehen,
sondern es zu erleben , dass sie seinen Marsch in hellen Haufen überfielen
und nur durch Kartätschenfeuer zurückgetrieben werden konnten, später
aber sogar einen entschlossenen Angriff auf sein Lager am Buschmann-Fluss
machten. Ein Lieutenant von ihm, Chumney, würde mit einer kleinen
Abtheilung abgeschnitten und fiel mit dem grössten Theil seiner Leute,
worauf Vandeleur es für geeignet erachtete, sich nach der Bay zurückzuziehen
und die gefährdeten Gegenden preiszugeben. So war die Führung
der Angelegenheiten wieder in die Hände der Colonisten gegeben, welche
nach Verlust ihres tüchtigen Führers, Tjard van der Walt durch die
Kugel eines der insurgirten Hottentotten am Gamtoos - Fluss, sich zersplitterten
und nach Art der alten, grausamen Weise der Kriegführung
selbst Ruhe zu schaffen suchten, ohne in der Wahl der Mittel bedenklich
zu sein.
Als Führer der Hottentotten hatten sich in dieser Zeit besonders drei
Brüder Stuurman hervorgethan, wreiche die Erbschaft des Königs Ruyter
angetreten zu haben scheinen und als Sammelpunkt aller den Boeren feindlichen
Elemente von den letzteren ebenfalls feindlich betrachtet werden mussten.
Die Stuurman’s sind hauptsächlich, auf das Zeugniss von Missionären als Märtyrer
für die Sache ihres Volkes hingestellt worden, und man hat C o l :
C o l l i n ’s Berichte, welche im Allgemeinen durch den objectiven, höchst
unpartheiischen Standpunkt rühmlichst bekannt sind, angegriffen, obgleich
sich derselbe auch darin nur auf Thatsachen stützt. Es ist wahrscheinlich
ü b e r h a u p t , jedenfalls aber hi e r unthunlich zu untersuchen, ob
und wie weit darin Irrthum untergelaufen ist; soviel steht aber fest, dass
von einem friedlichen Leben unter dem milden Scepter der Stuurma?i’s
bei diesen Eingeborenen nicht die Rede gewesen sein kann, da die Kriegs-
furie die vielumkämpften Gebiete um die Algoa-Bay überhaupt in der
ganzen Zeit nicht verlassen hat, ausserdem aber ist notorisch, dass seit
1793 aufrührerische Hottentotten das Land von George bis hinein nach
Kafferland durchzogen, welche jedenfalls von den Stuurman’s nicht an den
Raubzügen gehindert, wahrscheinlich aber, wenn auch unabsichtlich, gefördert