Ausser der legitimen Ehe giebt es auch ein Concubinat, worüber eben
falls rechtlicbe Bestimmungen existiren. Die Concubine flshjneshwe, im
Gegensatz zu TJ'mfazi, eine rechtmässige Frau) wird unter Zustimmung der
Verwandten in gleicherweise durch Zahlung eines bestimmten, nur niedrigeren
Preises Ikrbc], erworben, oder der Häuptling theilt sie.jungen Männern,
denen er sich für ihre Dienste in seinem Gefolge erkenntlich zeigen
will, aus eigner Machtvollkommenheit zu.
Es werden dazu nur Mädchen der niedrigeren Stände bestimmt, das
Verhältniss derselben zum Manne ist natürlich noch lockerer, als unter
einer wirklichen Ehe und wird häufig von vorn herein nur für eine bestimmte
Zeit eingegangen.
Aus allen den angeführten Verhältnissen.leuchtet es heraus, dass das
weibliche Geschlecht hei diesen Stämmen, wenn auch nicht moralisch, so doch
rechtlich wenig über dem Vieh steht, und in Folge dessen ist von Familienleben
in unserem Sinne gar nicht zu sprechen. Jede der Frauen, deren
vornehme Kaffern etwa 4 bis 8 , Häuptlinge aber gegen 100 haben, erhält
ihre besondere Flütte in der Nähe derjenigen ihres Mannes und arbeitet für
ihn mit ihren Gefährtinnen, indem ganz nach Laune des hohen Gebieters
bald die, bald jene sein Lager theilt; bei einer grösseren Anzahl von
Frauen aber kommen viele wohl über die Stellung von Arbeiterinnen überhaupt
nicht hinaus.
Eine Sitte, welche noch ein besonderes Hinderniss für die Entwickelung
irgend welchen Familienlebens, Selbst in weiteren Kreisen der Verwandtschaft
darstellt, wird TJhu-hlonipa genannt und besteht in einer abergläubischen
Scheu vor dem Verkehr mit den Schwiegerältern. Nach dieser
Sitte darf die Frau ihren Schwiegervater und seine männlichen Verwandten
in aufsteigender Linie weder ansehen noch mit ihnen Zusammensein, noch
auch selbst ihren Namen aussprechen, so dass sie gezwungen is t, neue
Wörter zu* bilden, um die Stammsilbe des gefürchteten.Namens zu vermeiden.
In ähnlicher IV eise fürchtet der Mann den Anblick seiner-Schwiegermutter,
geht ihr nach Möglichkeit aus dem Wege und vermeidet das
Aussprechen ihres .Namens, doch ist er hinsichtlich ihrer weiblichen Verwandten
in aufsteigender Linie nicht gebunden.
Es liegt dieser Sitte offenbar die Furcht zu Grunde, das Verbrechen
der Blutschande auf sich zu laden, lväre es auch nur in Gedanken. ■ Durch
solche Schuld glaubt man den besonderen Zorn der Imi-shologu auf sich
herab zu beschwören und hütet.sich schon aus diesem Grunde davor, ohne
dass grosse Strafen darauf gesetzt zu sein brauchten. Die besten Kenner
der Kaffernsitten, W a r n e r , dessen Autorität der Verfasser nach Möglichkeit
folgte, und B r o w n l e e widersprechen sich in diesem Punkt, indem Ersterer
die Furcht vor den Geistern als das einzige Hinderniss einer blutschänderischen
Ehe darstellt, Letzterer aber von strengen Strafen spricht, mit welchen
ein solches Vergehen gesühnt werden müsse.. Auch D u gm o r e ist
B r o w n l e e ’s Ansicht, der gelehrte Kaffer W. Kaye spricht in seinem Ma-
nuscript sogar davon, dass T s h iw o Blutschande mit dem Tode bestraft habe,
und Strafen scheinen daher in der That darauf gesetzt zu sein. Die Furcht
vor den Imi-shologu dürfte indessen mehr wirken wie alle Strafen und solche
daher überhaupt wenig in Anwendung kommen, wahrscheinlich ist auch ein
Stamm (W a r n e r war Agent der Am a -tem lu , B r o w n l e e der Ama - ngqilca)
peinlicher darin als ein anderer. Oollaterale Verwandtschaft gilt nicht als
Blutschande, so dass ein Mann zwei Schwestern zur gleichen Zeit heirathen
kann, dagegen ist nach B r o w n l e e Blutsverwandtschaft in aufsteigender
Linie auch im entferntesten Grade, wenn nachweisbar, ein Hinderungsgrund
der Ehe, was W a r n e r für die entfernteren Grade positiv leugnet.
Unter die Sitte des Hlonipa gehören auch die Beschränkungen, welche
den Frauen, die nicht zur Blutsverwandtschaft des Mannes zählen, auferlegt
werden hinsichtlich des Betretens der Viehkraale. Diese selbst, sowie
der Ort, wo das von der Weide zurückgekehrte Vieh zu ruhen pflegt, die
I nhmdhla, müssen von allen f r em d e n Frauenzimmern gemieden werden
und dieselben sind daher gezwungen, • sich besondere Wege um diese Plätze
herum anzulegen, damit sie die Sitte nicht verletzen.
Auch noch manche andere Beschränkungen legt der thörichte Aberglauben
der Kaffem den einzelnen Personen auf, welche nicht speciell
erwähnt zu werden verdienen; nur darauf soll noch hingewiesen werden,
dass, wie bei der monatlichen Reinigung, so auch nach der Niederkunft die
Frauen für unrein gelten, sich der Milchnahrung zu enthalten haben und
in ihrer Hütte bleiben, ungesehen von ihrem Mann, bis eine gewisse Zeit
(W a r n e r giebt an ein Monat) verstrichen ist. Nach Ablauf desselben wird
zur Feier des Tages ein Opferthier den Imi-shologu geschlachtet und ein
Fest abgehalten, bei welchem die Gäste der Wöchnerin kleine Geschenke
von Glasperlen und ähnlichen Dingen machen. Sie wird dann frisch mit
Ockererde geschmiert und gilt wieder für rein, doch theilt sie die Lagerstätte^
ihres Mannes nicht, solange sie noch säugt.
Die strenge Einhaltung dieser Sitte gilt wohl nicht allgemein, denn
wenn die Arbeit der Frauen erforderlich is t, so pflegen dieselben überhaupt
gar kein Wochenbett abzuhalten,. sondern machen sich häufig schon am
nächsten Tage wieder an die Arbeit. Das Unreinhalten der Wöchnerinnen
hat die traurige Folge, dass Niemand sich in dringenden Fällen um sie
kümmert; ein paar alte Weiber ihrer Bekanntschaft sind die einzigen Pflegerinnen,,
und eine Störung des Geburtsactes, welche allerdings selten vorkommt,
bringt sie alsbald an den Rand ihres Witzes. Da Männer sich
ihnen überhaupt nicht nähern dürfen, so werden auch die einheimischen
oqjoren ausgeschlossen eine eigentliche Geburtshülfe existirt somit bei
diesen Stämmen gar nicht.
Verstosse gegen die mannigfachen, zum Theil sehr verwickelten aber-
g aubischen Gebräuche kommen nicht selten vor, und man glaubt, dass die
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