Süd-Afrika abgehalten werden, concurriren sie öfters als Jockey’s mit den
besten Reitern unter den Söhnen der .Colonisten.
Um in solchen Thätigkeiten; wie die erwähnten, glücklich sein zu
können, bedarf es verschiedener Talente, welche dem Hottentotten, in bedeutendem
Grade eigen sind: ausser Gewandtheit im Reiten und Sicherheit
in der Behandlung des Feuergewehrs, muss er Bekanntschaft haben mit den
Gewohnheiten des Wildes und den eigentümlichen Bodenverhältnissen des
Landes, es ist aber auch erforderlich, dass seine Sinne sich durch besondere.
Schärfe auszeichnen. In allen diesen Punkten übertreifen die Koi-koin die
A-bantu, in manchen, wie Schärfe des Sehvermögens und der darauf beruhenden
Fertigkeit im Spüren, auch die weissen Racen.
Andererseits aber tritt die bei den Kaffern betonte Ausdauer in körperlichen
Anstrengungen weniger hervor; solche Kraftstüeke wie das oben
erwähnte, für Stunden andauernde Wettlaufen mit trabenden Pferden werden
von ihnen nicht berichtet, obgleich sie gerade für kürzere Entfernungen
den Namen vorzüglicher Läufer haben. Die ersten Besucher des Cap
erwähnten dies unter den bemerkenswertesten Eigenschaften dieser Einge-§
borenen und hatten ihren grossen Aerger mit ihnen, weil sie im Vertrauen
auf ihre Schnellfüssigkeit den Europäern, welche zu verhandeln oder für
eine Unthat Rache zu nehmen wünschten, stets unter' den Händen entschlüpften.
Die fast gänzlich mangelnde Bekleidung und die Bekanntschaft
mit dem Terrain mochte dies Entlaufen gegenüber den unbehülflichen
Matrosen, mit schwerem Schuh werk bekleidet, wohl erleichtern; denn
übertriebene Vorstellungen darf man sich von den Leistungen der Eingeborenen
in diesem Punkte heutigen Tages auch nicht machen. Z. B.
gelang es mir selbst, der sich keineswegs schmeichelt ein besonderer Läufer
zu sein, in der Nähe von Bloemfontein 1864 einen Buschmann, welchen
wir beim Holzdiebstahl trafen, einzuholen, obgleich derselbe für sein Leben
lie f1) ; freilich war derselbe mit Fellschuhen bekleidet und trug ein Beil,
wodurch seine Schnelligkeit beeinflusst werden mochte; durchschnittlich
gelten aber die Buschmänner noch für schnellfüssiger als die übrigen
Koi-koin.
Auf die brutale Kraft verlässt sich der Hottentot nicht leicht, denn
er hat das Bewusstsein, dass List und Schlauheit ihn weiter bringen, während
er durch jene unterliegen würde. Aber auch edlere Eigenschaften, wie
Intelligenz und persönlicher Muth sind ihm in' höherem Grade zu Theil
geworden als dem Kaffem. Unter den farbigen Truppen, welche in den
späteren Kafferkriegen auf Seite der Colonisten kämpften, hat sieh kein
-1) Die Boeren machen wenig -Umstände , wenn sie einen Buschmann auf bösen Wegen
antreffen, und der Delinquent konnte nicht wissen, in wie weit wir die Handlungsweise
derselben nachahmen würden.
Corps so hervorgethan und den Gegnern so furchtbar gemacht, als das der
Cape mounted Rifles, welches zum grössten Theil aus Hottentotten und
Bastaarden bestand.
Persönlicher Muth ist vielleicht auch hier nicht immer der richtige
Ausdruck, indem es sich mehr um Unbesonnenheit und Tollkühnheit handelt,
als um kühle, überlegte Verachtung von Gefahren. Aber da Schiller
selbst seinen Helden sagen lässt: »Wär ich besonnen, hiess ich nicht der
T e il! « warum sollte man die gleiche Eigenschaft nicht einem Hottentotten
zu Gute halten ?
Nach den bisher angeführten körperlichen Eigenschaften müsste man
erwarten, in den Koi-koin Stämme von verhältnissmässig günstiger Begabung
zu finden, welche alle Aussichten gehabt hätten-, sich einzureihen in die
Zahl der civilisirten Völker, und doch lehrt die Geschichte das Gegentheil:
Während die dunkel pigmentirten Stämme dem zerstörenden Einfluss der
Civilisation eine wunderbare Zähigkeit entgegensetzen, sind die Koi-koin
als nationale Vereinigungen mit einer Schnelligkeit dem Untergange verfallen,
wie kaum jemals eine andere Eingeborenenbevölkerung, kragt man
nach dem Grunde dieser auffallenden Erscheinung, so liegt derselbe wesentlich
in dem Charakter und Temperament der in Rede stehenden Nation.
Ja, man kann nachweisen, dass manche Eigenthümlichkeit, welche für
sich betrachtet, gerade als ein Vorzug zu achten is t , • den Untergang dieser
Stämme nur beschleunigt hat.
Die Grausamkeit und Unterdrückungslust der Boeren ist fast sprichwörtlich
geworden, und es lässt sich nicht leugnen, dass die authentischen
Quellen schreckliche Beweise über die Art ihres Verfahrens gegen die Eingeborenen.
enthalten, worüber weiter unten mehr zu sagen is t , indessen
wird vielfach vergessen, -dass dieselben ebenfalls unter dem zwingenden
Einfluss der Verhältnisse standen, und auf der anderen Seite die besondere
Beschaffenheit der Eingeborenen zu ihrer Vernichtung selbst sehr Vieles
beitrug.
Es.geht durch den Charakter der Koi-koin ein Zug, welcher bestimmend
auf ihr ganzes Auftreten, und indirect auch auf ihr Schicksal eingewirkt
hat: es ist dies ein b o d e n lo s e r L e i c h t s in n , welcher von viel
■grösserer Tragweite ist, als die Leichtlebigkeit und Gedankenlosigkeit der
A-bantu. Ihr Temperament ist vorwiegend sanguinisch, und bei dem Leichtsinn
ihres Charakters ergiebt dies eine Unberechenbarkeit der Handlungsweise,
welche die mannigfachen guten Eigenschaften des Charakters vollständig
lahm legt. Dieser Hauptfehler ist der Ausgangspunkt für ihre meisten
anderen und im Erfolg am Untergang der Koi-koin ebenso viel schuldig als
die Unterdrüekungsgelüste der Boeren.
Der Leichtsinn machte sie zum Spielball in den Händen der phlegmatischen,
berechnenden Colonisten; er veranlasste sie, sich Angesichts der
eindringenden Europäer in kleinen Fehden gegenseitig zu schwächen,, ihr
F r i t s c h , Die Eingeborenen Süd-Afrika’s. 20