Neigung zur animalischen Kost im Zusammenhang mit der Schwierigkeit
sich dieselbe andauernd auf rechtliche Weise zu verschaffen, ist nicht allein
für die Kaffern, sondern auch für die übrigen südafrikanischen Eingeborenen
das traurige Dilemma, welches wesentlich dazu beigetragen hat, die Stämme-
ihrem Untergang entgegenzuführen.
So lange die schwarzen Herren in Fleischnahrung schwelgen können,
sind sie in ihrer besten Laune und fühlen sich ebenso zufrieden wie glücklich,
müssen sie solche dagegen sehr lange entbehren, so werden die Stämme,
welche sich noch einer gewissen Kraft bewusst sind, schwierig und reizen
den Häuptling, in der Hoffnung auf Deute, zu einer kriegerischen Unternehmung.
Mit erbeutetem Vieh sind sie nicht so knauserig als mit dem
eigenen, und ein glücklich beendeter Kriegszug ist stets das Signal zu einer
grossartigen Schwelgerei in animalischer Kost, Dabei sind die Kaffem gar
nicht wählerisch, es wird Alles, was die Zähne bewältigen können, verarbeitet,
und vor allem auch die Gedärme als Leckerbissen verspeist, nachdem
dieselben, kaum etwas gereinigt, in der Asche oberflächlich geröstet
sind. .
Das Kafferkom dient den A - b a n tu -Stämmen nicht nur als Nahrungsmittel,
sie verstehen es auch, daraus ein berauschendes Getränk, eine Art
Bier (U’tyalwa) zu bereiten. Dies geschieht in ähnlicher Weise, wie bei
uns, indem man das Korn durch Ankeimen und nachheriges Dörren in
Malz verwandelt, welches zerquetscht und in grossen irdenen Gefässen
mehrfach aufgekocht und an einem kühlen Orte zur Gährung hingesetzt
wird. Wenn diese hinreichend gewirkt hat, wird das Getränk durch einen
von Gräsern geflochtenen Beutel in Form unserer Kaffeefilter geseiht und
das Bier ist fertig. Es. stellt dann eine trübe Flüssigkeit dar von der Farbe
dünner Milchchokolade und von säuerlichem, nicht unangenehmen Geschmack.
Der Alkoholgehalt ist wechselnd, je nach der Menge des verwendeten Malzes,
gewöhnlich aber nur gering; die starken Gebräue, wie sie die Häuptlinge
für ihren eigenen Gebrauch bereiten lassen, wirken sehr berauschend.
Die Anschaffung und Bereitung der einfachen Nahrungsmittel und Getränke,
sowie die anderweitigen genannten Beschäftigungen nehmen keineswegs
die Zeit des Kaffern vollständig in Anspruch, es bleibt eine ganze
Reihe von Mussestunden übrig, welche er, entsprechencAeinen geselligen
Neigungen, in Gemeinschaft mit guten Freunden zu verbringen pflegt.
Die Bowle, gefüllt mit Bier, ist dann ein beliebter Vereinigungspunkt, um
den die Leute herum hocken, zeitweise ihren Durst mittelst Calabassen aus
der gemeinsamen Bierquelle stillen, rauchen oder schnupfen, sich Neuigkeiten
abfragen, schwatzen und toben: Alles dies mit einer bewunderungswürdigen
Ausdauer und Genügsamkeit. Zur Nachtzeit oder bei kaltem,
unfreundlichen W etter bildet das Heerdfeuer in der Hütte' den Anziehungspunkt,
um welchen sich die Gesellschaft versammelt und viele Stunden
hindurch ihre harmlosen Unterhaltungen in einer Atmosphäre fortsetzt, welche
durch die Ausdünstung der compacten Masse von Menschen, dem Rauch
des Feuers und' Tabacjtes für einen Europäer kaum athmungsfähig erscheinen
dürfte. Ist die Versammlung gut aufgelegt, so werden auch wohl gemeinsame
Gesänge angestellt, wenn man anders ein ohrzerreis'sendes Getöse,
welches wenig mehr als den Takt mit der Musik gemein hat, so nennen
darf* durch Summen, Klappen der Hände oder Stampfen mit den Füssen
wird das Tongemälde verstärkt und ihm erst der rechte Nachdruck verliehen,
worauf es die Darsteller selbst wenigstens in eine unglaubliche Begeisterung
zu versetzen pflegt. Die Worte der Gesänge sind ziemlich gleichgültig und
kehren auch in kurzer Folge wieder , sich als Regel um die Macht und
Stärke des Häuptlings, seinen Reichthum an Vieh, oder um ihre schwärmerische
Zuneigung zu dem eigenen Vieh drehend. Die Uebersetzer solcher
Gesänge haben sich viel Mühe gegeben bei der Uebertragung aus dem Trivialen
herauszukommen, es ist ihnen dies aber nur stellenweise gelungen1).
Häufig verbinden sich mit dem Gesang auch Tänze, welche bei feierlichen
Gelegenheiten einen wichtigen Bestandtheil der Ceremonien. ausmachen
und daher vielfach beschrieben und abgebildet sind. Der Charakter
dieser Tänze bei den K a ffe rn , welche von den Männern ausgeführt werden,
ist hauptsächlich mimisch, indem man dadurch die Freuden des Krieges und
der Jagd ausdrückt, und die Gesticulation somit das Bemerkenswertheste
an denselben. Die Darsteller ordnen sich in Reihen oder Ringen und voll-„
führen, versehen mit kleinen Schilden und hölzernen Assegaien oder mit
den K iri’s bewaffnet, je nach dem sie Krieg oder Jagd verherrlichen wollen,
allerhand groteske Stellungen und Sprünge, welche bei den genannten Beschäftigungen
vorzukommen pflegen. Die Laune und der Geschmack des
gerade anwesenden Häuptlings oder der Leute selbst hat hierbei mannigfache
Besonderheiten eingeführt und die Autoren verbreiten sich darüber
mit viel Enthusiasmus, entzückt von der Lebendigkeit des Bildes. Sind
Frauen zugelassen, so pflegen diese den äussersten Kreis um die Tanzenden
oder eine geschlossene Gruppe zu bilden und durch Händeklatschen und
weimernde Gesänge den Takt anzugeben, wobei sie gleichsam ihre Bewunderung
an den Darstellungen der Männer ausdrücken. Der Zweck solcher
Vergnügungen ist offenbar die angenehme Aufregung, welche Krieg und Jagd
im Gemüth des Kaffem erzeugen, künstlich durch die Phantasie hervorzurufen
, und weil ihnen dies in der angegebenen Weise leicht gelingt, ist es
nicht wunderbar, das solche Tänze unter den in Rede stehenden Stämmen
so beliebt sind.
Da wir in diesem Abschnitt bei den allgemeinen geselligen Verhältnissen
der Kaffern sind, ist es erforderlich, alsbald auch einen XJeberblick
zu gewinnen über die Gesellschaft als politische Gemeinschaft, als Staat,
wenn dieser Ausdruck überhaupt angewendet werden darf.