In der Vorderansicht tritt die eigenthiimliche Rautenform des Gesichtes,
welche auf Seite 169 beschrieben wurde, wieder zu Tage, sie fällt nicht so
sehr auf, weil sich die schmale Stirn von den ausserdem perspectivisch verschmälerten
Scheitelhöckern wenig abhebt, ist indessen leicht nachzuweisen.
Da in dieser Projection gerade die schmälsten Theile nach vorn liegen,
so erscheinen die Schädel .auffallend hoch, zumal Nr. 7, obgleich in Wirklichkeit,
die Breite immer hoch überwiegt.
Auch bei diesen Stämmen ist die Interorbitalbreite beträchtlich und
zwar besonders mit Rücksicht auf die sehr unentwickelten Nasenbeine,
welche im Profil entweder gar nicht oder nur als schmaler Streifen bemerkbar
werden, da sie sich fast ganz flach zwischen die Processus nasales des
Oberkiefers einfügen; ihre Breite ist , wie die Figuren erkennen lassen, sehr
gering. Die Gestalt der Augenhöhlen wechselt, indem dieselben bald mehr
gerundet erscheinen, bald mehr in die Quere gezogen und sich alsdann bei
mässig entwickelten Augenbrauenbogen etwas dem viereckigen Umriss nähern;
der untere äussere Winkel pflegt in allen Fällen mehr oder weniger deutlich
abwärts gezogen zu sein, während der innere kaum angedeutet ist, so dass
auch die knöchernen Theile der Annahme einer schräg nach innen und
abwärts gerichteten Augenspalte widersprechen.
Die Jochbeine sind sehr markirt, indem die nach hinten zurückweichenden
Theile am Tuberculum jugulare in scharfer Krümmung in die
Gesichtsfläche übergehen, ohne dass sie besonders stark wären.
Die Apertura pyriformis ist schmal herzförmig, die obere Spitze quer
abgestumpft oder ausgeschnitten durch die in stumpfer Spitze endigenden
Nasenbeine; der vordere Nasenstachel ist stark entwickelt.
Die Kiefer zeigen eine mittelmässige Prognathie, ebenso wie die Zahnreihen,
welche den schon oben beschriebenen Charakter erkennen lassen.
Häufig stehen die kleinen, fein gebildeten Zähne locker wie in Figur 7,
wo der zweite obere Schneidezahn links und die Eckzähne nicht gewechselt
zu haben scheinen; zwei dieser schwachen, stark abgenutzten Milchzähne
sind verloren gegangen, der dritte (D. can. d.) ist vorhanden, füllt aber
seine Stelle nicht mehr aus, ein wirkliches Diatremma ist also nicht
nachzuweisen. Im Schädel Nr. 8 schliessen die Zähne des Oberkiefers
dicht zusammen, sie sind aber nicht so plump und massiv wie bei den
A-bantu; diejenigen des Unterkiefers drängen sich etwas und stehen daher
weniger regelmässig.
Das spitze Kinn macht sich in der Vorderansicht wegen der Projection
auf den Körper des Unterkiefers wenig bemerklich, und da die Winkel nur
schwach nach aussen vorragen, so rundet sich der Gesichtsschädel etwas ab.
Man würde nach der Betrachtung der Vorder- und Seitenansicht allein
nicht wohl im Stande sein, den charakteristischen Typus des Hottentotten
zu erkennen, wenn man nicht die Norma verticalis zu Hülfe nimmt. Diese
ist es gerade, welche am eigenthümlichen erscheint und die in Rede stelienden
Schädel von allen unterscheidnt, welche mir sonst unter die Augen
gekommen sind. Ein Blick auf die Taf. XXXIII wird die sonderbare Doli-
chocephalie. des Hottentottenschädels, welche an den pathologischen Typus
des Trigonocephalus erinnert, deutlich machen; soll man dieselbe mit Worten
bezeichnen, so muss man sagen, die Form ist lang, die grösste Breite
weit nach hinten in der Gegend der Tubera parietalia als Ecke vortretend;
die Seiten sind fast geradlinig und bilden mit der flachen Stirn einen deutlichen
Winkel. Man erkennt in dieser Ansicht auch die scharfe von den
Jochbeinen gebildete Ecke am Tuberculum jugulare und den geraden Verlauf
der Jochbögen. Die Nasengegend kommt nur im unteren Theil zur
Anschauung,, stärker aber der Oberkiefer mit den mässig schiefen Zahn-
reihen.H
inter den Tubera parietalia rundet sich das Hinterhaupt ziemlich
regelmässig,, der Umriss bildet einen Kreisabschnitt, dessen Sehne nicht
viel kleiner ist als der zugehörige Durchmesser.
Die Ansicht von hinten wechselt, doch prägt sich auch hier der eckige
Typus, des ganzen Baues aus;. . Der Umriss ist stets undeutlich fünfeckig,
bald rundet sich aber die, bald jene Ecke mehr ab.
Am charakteristischsten dürfte derjenige von Figur 9 sein, in welcher
der Apex stark abgerundet erscheint, die Seitenwinkel aber deutlich ausgeprägt
, die Seitenlinien fast gerade, die Basiswinkel wiederum deutlich durch
die mässig verengte, schwach gewölbte Basis; die Warzenfortsätze springen
nur wenig vor. Die nultliche Figur ist ähnlich und bildet zugleich den
Uebergang zu der oberen,- an welcher das Fünfeck wegen des ungewöhnlich
hohen, nicht typischen. Apex am unverkennbarsten hervortritt.
Wie weit die Formation des Schädels beim männlichen Geschlecht mit
der eben beschriebenen übereinstimmt, lässt sich nicht absolut sicher bestimmen,
doch ist man berechtigt anzunehmen, dass die Abweichung durchschnittlich
keine andere sein wird, als sie für gewöhnlich dem generellen
Charakter zukommt: massiverer Knochenbau und stärkere Entwickelung der
Muskelansätze, welche die Reinheit des Umrisses beeinflussen, stärkere'
Augenbrauenbögen und Warzenfortsätze, sowie etwas geringere Prognathie
und breiteren Unterkieferast. Die Berechtigung zu solcher Annahme ergiebt
sich, abgesehen von allgemeinen Vergleichungen, auch aus der Betrachtung
von Tafel X X X IV , auf welcher die beiden ersten einem verwandten Stamme,
den Korana, angehören, ‘ und männlich sind, während der dritte, wahrscheinlich
auch männliche, ein Hottentot der Colonie sein so ll, doch ist
die Herkunft nicht ganz sicher.
Da die Korana sich zuweilen mit Buschmannblut gemischt haben, so
repräsentiren sie den Typus der Hottentotten nicht so rein wie die colonialen,
welche sich durchschnittlich gesonderter hielten. Es entstehen dadurch eigen-
thümliche Mischformen, welche stark aus einander weichen, wie es sich
öfters ereignet, dass bei Kreuzungen die Descendenten nicht wirkliche