so dürfen wir die Worte nur nehmen, wie sie liegen: darnach richtet
sich der Cultus der Hottentotten auf einen grqssen Capitain, der, wie so
häufig, von einer zufälligen Eigenthümlichkeit den gebräuchlichsten Namen
erhalten hatte. Als einen Solchen Häuptling früherer Zeiten sehen die
Korana noch heutigen Tages ihren Tsui-xoab an, was ich selbst in Erfahrung
gebracht habe, und auch W a n g e m a n n hat, wie ich in T h . H a h n V
Aufsatz mit Vergnügen las, die nämliche Bemerkung gemacht. Es liegt gar
kein Grund vor anzunehmen, dass die colonialen Hottentotten von ihren
Stammverwandten in diesem Punkte abgewichen seien; im Gegentheil macht
das wiederholte Auftauchen der Bezeichnung »Häuptling« in den alten
Autoren die Uebereinstimmung sehr wahrscheinlich. P e t e r K o l b e n ist
gerade in dem Kapitel der Religion von besonderer Gewissenhaftigkeit und
wenn auch seine A u s l e g u n g e n nicht zutreffen, so sind seine th a t s ä ch -
l i c h e n A n g a b e n doch recht wohl zu verwerthen, da sie uns einen Einblick
in die Grundanschauungen der Hottentotten geben. Von diesen
erscheinen keine wichtiger, als die über das Leben nach dem Tode. Was
er darüber sagt, stimmt fast ganz mit der Bemerkung von C a s a l is hinsichtlich
der entsprechenden Anschauungen bei den Ba-suto überein (vergl. 198).
K o l b e n meint, man könne nicht zweifeln, dass sie die Unsterblichkeit der
Seelen annehmen, »oder doch wenigstens dieses glauben, dassy- nach der
Au f l ö s u n g de s Le ib e s no ch e twa s übr ig b l e ib e , das der Würk-
l i c h k e i t g e n i e s s e « , wofür er wesentlich folgende Gründe anführt:
Erstens sie beten und dancken für die Frommen (?) und Verstorbenen unter
ihnen. Zweitens befürchten sie, die Todten möchten wieder kommen und
sie peinigen, weshalb die ganze Dorfschaft bei Todesfällen im Glauben,
dass der Geist des Verstorbenen den Ort unsicher mache, ihre Wohnung
verlässt und. wo anders wieder aufschlägt; nur wenn den Todten von ihren
Habseligkeiten etwas entfremdet worden wäre, sollten die Geister den Fortziehenden
folgen, um sie zu plagen. Drittens glauben sie auch, ihre Hexenmeister
vermöchten die Geister oder wieder kommenden Verstorbeiien zu
beschwören, um sie zu verhindern, die Ueberlebenden durch ihr Erscheinen
zu erschrecken. Dazu sei es erforderlich, dass die Beschwörer die Ursachen
aus den Wiederkommenden herausbrächten, welche sie zum Umgehen ver-
anlassten.
Ich halte dafür, dass diese Auseinandersetzungen K o l b e n ’s ebenso klar
als wahrscheinlich sind, und es ist besonders die grosse, Uebereinstimmung
bemerkenswerth, welche in jenen Vorstellungen mit den oben beschriebenen
analogen der A-bantu herrscht; um so sicherer wird es dadurch aber auch,
dass, wie bei den A-bantu im Cultus der Vorfahren Einer besonders bevorzugt
wird, der grosse Capitain Tsui-xoab, b e i d en H o t t e n t o t t e n e b e n f
a l l s n i c h t An d e r e s i s t a l s der mi t b e s o n d e r e r Macht a u s g e s
t a t t e t e G e i s t e in e s f r ü h e r e n Hä u p t l in g s .
Viele der Autoren bedauern schmerzlich die grosse Verstocktheit der
Eingeborenen, welche verhindere, dass man die zweifelhaften Punkte gehörig
ermitteln könnte, es scheint aber vielmehr Ungeschicklichkeit der Letzteren
zu sein, nach den Regeln der christlichen Philosophie Sachen aus sich heraus
fragen zu lassen, welche dem Geist des Gefragten durchaus fremd sind. Der
biedere K o l b e n ist in seinem anerkennenswerthen Fleiss, die gewünschte
Information zu erhalten, schliesslich dahin gekommen, vermuthlich weil sich
die entgegenstehenden Ansichten sonst gar nicht vereinigen Hessen, einen
Ticqoa und einen Touqoa. anzunehmen, zwei unheimlich- ähnliche Namen,
deren Träger sich unterscheiden sollten wie Gott und Teufel. Beim Mangel
anderweitiger Notizen über den Touqoa ist wohl anzunehmen, dass die
Unsicherheit und das Schwankende in den Angaben der Eingeborenen, von
welchen er Information einzuziehen suchte, ihn zur Aufstellung dieses Dualismus
veranlasste, -indem er alle guten.Eigenschaften bei dem einen, alle
schlechten bei dem ändern Wesen verzeichnete.
Die Furcht vor Schädigung ihres materiellen Wohlseins, ihres Besitzstandes
ist auch für die Koi-hoin die Hauptveranlassung übernatürliche
Einflüsse zu. respectiren und den gefürchteten Wesen wird öfter Berücksichtigung
zu Theil als dem guten,. Segen bringenden. Die Opfer, welche
von den Koi-hoin dargebracht werden , sind daher ebenfalls wohl in allen
Fällen Mittel, die übernatürlichen Mächte gegen die Darbringenden günstig
zu stimmen ; man erbittet ihren Segen bei allen möglichen Unternehmungen,
deren Ausgang zweifelhaft erscheint, aber. es liegt nicht im Charakter der
Eingeborenen für empfangene Wohlthaten zu danken; wirkliche Dankopfer
sind ihnen von den Europäern octroyirt.
Der Hauptunterschied in - den religiösen Anschauungen der Koi-hoin
von den A-bantu liegt darin, dass die Ge s ammt h e i t der Geister nirgends
ein Gegenstand des Cultus zu sein scheint, sondern stets der eine Tsui-xoab
für alle Uebrigen die Verehrung geniesst; vielleicht liegt darin der Grund,
dass gerade dies Wort zur Bezeichnung des alleinigen Gottes von so vielen
südafrikanischen Stämmen gewählt wurde.
Es wurde weiter oben (pag. 138) bemerkt, dass die Zurückführung
des Todes auf die Botschaft des TJ'nhulunhulu bei den Ama-zulu nicht als
hinreichender Grund betrachtet werden könne, demselben eine rein göttliche
Stellung zu verleihen; so sehen wir nun auch, dass die analoge Sage der
Koi-hoin, sich nicht den Tsui-xoab als Ausgangspunkt wählt, sondern den
MondJ:), welcher ebenfalls Gegenstand eines gewissën Cultus is t , wie
T h . H a h n hinsichtlich der Namaqua bekräftigt, wenn auch unerwiesen ist,
dass die Hottentotten ih n a l s - ihr en s i chtba r en Go t t verehren.
Die Anrufungen des Mondes, des stillen Beschauers ihrer nächtlichen
Tänze, und des .nur für einen Theil des Jahres erscheinenden SiebenJ)
oder auch noch ein anderes W esen, der Heitsi-JEibib. Vergl. im K a p .: Namaqua.
22*