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oben erwähnten albernen Gebilden ihrer Imagination ableilen. Sie nnternebmen
nichts, ohne vorher ihren Schutegeist oder Medecine, in ihrer Sprache Chöppenih,
(ch gutturaU auzurufen, der ihnen meistens durch Träume angezeigt wird. Wenn
sie sich ihre Medecine oder Schntzgeisl erwählen wollen, so fasten sie 3 — 4 und
mehre Tage, begehen sich au abgelegene Orte, thun Basse, opfern sogar wohl
Glieder ihrer Finger, welche einzeln beinahe allen fehlen, klagen, heulen und
sclireieu zum ilerni des Lebeus oder zum ersten Meusclien, damit ihnen diese ihren
Sclmtzgcist anzeigen sollen. Iu diesem fieberhaften Zustande träumen sie , und das
erste Thier oder irgend ein anderer im Traume verkommender Gegenstand, wird
zum Schutegeist (.Medecine) erwählt. Ein jeder von ihnen hat einen solchen, der
ihm heilig ist. Es befindet sich in der Prairie ein grösser Hiigel, auf welchen sie
sich mehre Tage lang unbeweglich hiustelleu, Hagen, heulen und fasten. Nicht
weil davon ist ein Loch, in welches' sie alsdann für die Nacht eiukriechen. Die
Medeciue-Erwählung und Vereinung soll ihnen der fremde Mann oder Geist gelehrt
haben, der vor vielen Jahren in ihreu Dörfern erschien, nachher aber uie
wieder kam, und dessen weiter oben unter der Beuennuiig des Ochkih-Häddä Erwähnung
geschah. Auch das Tattowireu soll er ihnen gelehrt haben, so wie er
ihre Medecine-Feste anordnete. In allen nicht gaiiz alltäglichen Naturerscheinungen
suchen sie Wunder uud Anzeigen böser oder günstiger Ereignisse. Sind die Sternschnuppen
zahlreich oder folgen diese eiuer gewissen Ricliluug, so bedeutet dies
Krieg oder grosses Sterben unter den Menschen. Sie liessen sich nicht gern ah-
zeichnen, weil sie bald zu sterbeu vorgaben, wenn ihr Bild iu anderer Hände sey ;
wenigstens suchten sie daun als Gegenmittel gewöhnlich das Bild des Zeichners zu
erhalten. Chäralä-Numäkschi rauchte nie aus einer steinernen Pfeife, sondern nur
aus einer hölzernen; Matö-Tope rauchte nie mit ändern Leuten Tabak, sondern immer
für sich allein, bei verschlossener Thüre u. s. w. Die Medeciues oder den Schutzapparat,
welcher gewöbnlich wohl eingewickelt in einem Beutel oder Bündel aufgehoben
wird, lassen sie nicht gern sehen, nnd sie werden nur hei hesoiideni
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wichtigen Gelegenheiten eröffnet. Sie haben besondere Medecine-Pfeifen, Ihink-
Chöppeiiili (ch gultnral) oder Medecine-Stems, wie die Engländer sie nennen,
welche sie nur bei feierlichen Gelegenheiten enthüllen und raucheu.
Viele machen sich solche Pfeifen nach ihrem eigenen Geschmacke und weihen
sie ein. So z. B. die Pfeife des D ip ä u c h (siehe Tab. XXI. Fig. 3 .) Ihr Kopf
halte beinahe die Gestalt einer türkischen Pfeife, und war aus braunrolliem Thone
gemachl; das ziemlich kurze, dicke hölzerne Bohr slellle den Herrn des L e hens
in menschlicher Gestalt vor, wozu viel Einbildungskraft gehörte»). Die Nation
hebt eine berühmte Pfeife dieser Art auf, welche als eia Heiligihum kein Fremder
zu sehen bekommt. Sie besitzen sie seit ürzeiten, und man forderte den
Werth von 1 0 0 Dollars, nm sie mir zu zeigen. Solche Pfeifen können die Indianer
nur mit bedeutenden Kosten erhallen und einweihen. Manche der dazu iiöthi-
geii Verzierungen giebt es nicht bei ihnen, z. B. die Oberschnäbel und die rollie
Kopfplatte eines gewissen Spechts (P icm pileatus L im . ) , eines nicht so weit aufwärts
am Missouri verbreiteten Vogels. Für einen solchen Spechtskopf, deu man
ihnen von St. Louis herauf brachte, gaben sie eine schöne grosse Bisourobe, 6 bis
8 Dollars an Werlli.
Besitzt ein Mann eine solche Pfeife, so bekommt er zuweilen die Idee, einen
Medecine-Sohn anzunehmen. Er sieht den jungen -Mann im Traume, den er enväh-
leii soll, der aber immer von einer guten Familie seyn, oder Coup gemacht haben muss.
Br benachrichtigt deiiselheii von seiner Absicht, und nachdem er zwei gleiche Mede-
ciiie-Pfeifen besorgt hat, fragt er den neuen Adoptivsohn, oh er bereit sey , sich
der Ceremoiiie der Pfeife zu unterziehen. Oft sagt dieser ja, und man setzt alsdann
den Zeitpunct fest; ist er noch nicht entschlossen, so wird die Ausführung
*) Diese Pfeife is t dem B e s iiz e r, w ie e r uns se lb st s a g te , e iee Scb u tz -M ed e cin e g eg en Pfeilscliiisse. E r
n e n n t sie „ d ie Pfeife des Schwan z es“ und s ie d ient ihm seine Pfeile ein zuwe ih en . In d e r G eslait
h a t s ie durchaus nichts vou eiuem .Manne, und doch behaiiplet d e r B e s itz e r, sie s te lle eine menschliche
Gestalt v o r ; d e r Kopf se y d e r des H errn des L eb e n s , die Hohlkehle v o r dem Ende des Kopfes sey die
teU e, wo d e r Magen lie g e , d e r V o rdertlieil des Hehres bedeute die Beine und F ü s s e , nnd dergl. F e -
Sinn wehr.